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Gezähmt von sanfter Hand

Gezähmt von sanfter Hand

Titel: Gezähmt von sanfter Hand
Autoren: Stephanie Laurens
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des Keltyburn Arms zu verbringen, plötzlich zu einer geradezu verlockenden Aussicht gemacht.
    Außerdem wollte Richard das letzte Zuhause seiner Mutter bei Tageslicht in Augenschein nehmen, und es gab da noch eine gewisse Sache, die er hinter sich bringen wollte, bevor er Keltyburn wieder verließ.
    Er räusperte sich. »Ich werde mich in Kürze zurückziehen. Geht ruhig schon zu Bett – ich brauche Euch heute Abend nicht mehr.« Worboys zögerte, und Richard wusste, sein Kammerdiener zerbrach sich den Kopf darüber, wer sich um seinen Überrock und seine Stiefel kümmern würde. Richard seufzte. »Geht zu Bett, Worboys.«
    Worboys versteifte sich noch ein wenig mehr. »Sehr wohl, Sir – aber ich wünschte doch sehr, wir wären ohne Umwege zum McEnery House weitergereist. Dort hätte ich mich wenigstens auf die Stiefelknechte verlassen können.«
    »Seid einfach froh und dankbar, dass wir hier sind«, erwiderte Richard, »und nicht von der Straße abgekommen oder auf halbem Weg diesen verfluchten Berg hinauf in einer Schneeverwehung stecken geblieben sind.«
    Worboys rümpfte die Nase. Er war der offenkundigen Ansicht, dass in einer Schneewehe festzustecken, und noch dazu bei einem Sauwetter, das kalt genug war, um sich den Allerwertesten abzufrieren, immer noch besser war als schlecht gewichste Stiefel. Gehorsam bewegte er seinen rundlichen Körper aus dem Raum und walzte in die dunklen Tiefen des Gasthofs davon.
    Um Richards Lippen spielte ein leises Lächeln, während er seine langen Beine dem Feuer entgegenstreckte, das im Kamin prasselte. Egal, wie es um die Qualität der Schuhwichse im Keltyburn Arms bestellt sein mochte, der Wirt hatte jedenfalls keine Mühe gescheut, es ihnen behaglich zu machen. Andere Gäste hatte Richard nicht gesehen, doch in einem solch stillen, abgelegenen Provinznest war das schließlich nicht weiter verwunderlich.
    Die Flammen im Kamin loderten hoch auf; Richard starrte gebannt in das Feuer – und fragte sich nicht zum ersten Mal, ob seine Expedition ins Hochland, die das Resultat seiner Langeweile und einer bestimmten Furcht war, nicht vielleicht doch ein wenig überstürzt gewesen war. Aber die Vergnügungen Londons hatten allmählich einen schalen Beigeschmack bekommen; die parfümierten Körper, die sich ihm so bereitwillig – zu bereitwillig – anboten, hatten für ihn mittlerweile an Reiz verloren. Obwohl er nach wie vor eine starke sinnliche Begierde verspürte, war er noch wählerischer und anspruchsvoller geworden, als er es ohnehin schon gewesen war. Richard wollte mehr von einer Frau als nur ihren Körper und einige wenige Augenblicke irdischer Glückseligkeit.
    Er runzelte die Stirn und verlagerte sein Gewicht auf dem Stuhl – und lenkte seine Gedanken in andere Bahnen. Es war ein Brief, der ihn hierher geführt hatte, genauer gesagt, ein Brief des Testamentsvollstreckers von Seamus McEnery, dem Ehemann seiner schon vor langer Zeit verstorbenen Mutter, der kürzlich das Zeitliche gesegnet hatte. In dem knapp gefassten juristischen Schreiben war er, Richard, aufgefordert worden, sich zur Testamentsverlesung einzufinden, die übermorgen im McEnery House stattfinden sollte. Wenn er Anspruch auf ein Vermächtnis geltend machen wollte, das seine Mutter ihm überschrieben und das Seamus ihm anscheinend fast dreißig Jahre lang vorenthalten hatte, dann musste er persönlich erscheinen.
    Dem wenigen nach zu urteilen, was er über den Ehemann seiner verstorbenen Mutter erfahren hatte, schien das geradezu typisch für Seamus McEnery zu sein. Der Mann war ein Hitzkopf gewesen, unverfroren, rücksichtslos und energisch, ein harter, entschlossener, verschlagener Despot. Was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Grund dafür gewesen war, weshalb er, Richard, auf der Welt war. Seine Mutter hatte sehr darunter gelitten, mit einem solchen Mann verheiratet zu sein; sein Vater dagegen, Sebastian Cynster, Fünfter Herzog von St. Ives, der zum McEnery House geschickt worden war, um Seamus' politisches Feuer zu löschen, hatte Mitleid mit ihr empfunden und sich nach besten Kräften bemüht, sie zu trösten und ihr die Freuden zu bescheren, die ihr in ihrem Eheleben versagt blieben.
    Und das Resultat war Richard. Die Geschichte war mittlerweile so alt – dreißig Jahre, um ganz genau zu sein –, dass sie keinerlei Empfindungen mehr in ihm auslöste, abgesehen von einer vagen Trauer um die Mutter, die er nie gekannt hatte. Sie war nur wenige Monate nach seiner Geburt an
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