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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller
Autoren: Bastei Lübbe
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hörte Alpha, wie sich die Sicherheitsriegel der Eingangstür öffneten. Dann pochten Sir Roberts Absätze auf dem Marmorfußboden.
    Alpha nahm die Nachtsichtbrille ab und zog den Ganzkörperanzug aus. Beides war im Moment nur hinderlich. Außerdem sollte Russell nicht auf Anhieb Verdacht schöpfen, denn an seinem Haustürschlüssel befand sich ein Notrufknopf, mit dem er den Alarm auslösen konnte.
    Sir Robert betrat die Küche und fuhr heftig zusammen. »Himmel! Du hättest mich beinahe zu Tode erschreckt!«, stieß er hervor.
    »Hallo, Robbie. Wie wär's mit einem Drink?«
    Sir Robert gefror das Lächeln auf den Lippen. »Kannst du mir mal verraten, wie du hier hereingekommen bist?«
    Er hatte den Satz kaum beendet, als Alpha ihm die Wodkaflasche auf den Kopf schmetterte. Sir Robert fiel auf die Knie. Der Schlüssel glitt ihm aus den Händen. Der Schlag setzte ihn außer Gefecht, raubte ihm aber nicht das Bewusstsein. Doch bevor er einen Laut von sich geben konnte, schlang Alpha ihm den Arm um den Hals, packte sein Kinn mit der einen Hand, griff ihm mit der anderen ins Haar und riss den Kopf des Mannes mit aller Kraft nach links.
    Sir Roberts Genick brach wie ein morscher Ast. Schlaff glitt er zu Boden.
    Unter Aufbietung aller Kräfte zerrte Alpha den leblosen Körper durchs Wohnzimmer und auf den Balkon, wuchtete ihn über die Brüstung und warf ihn über das Geländer.
    Alpha wartete nicht ab, bis Lord Robert Tavistock Russell dreißig Meter tiefer auf den Granitstufen aufschlug.

2.
 
    Flug 99 aus Nairobi, Kenia, landete um 6.11 Uhr auf dem Londoner Flughafen Heathrow. Laut Passagierliste befanden sich zweihundertachtzig Fluggäste und sechzehn Besatzungsmitglieder an Bord des Airbus A340. Tatsächlich waren es jedoch mehr als dreihundert Passagiere, da noch etwa ein Dutzend Kleinkinder auf dem Schoß ihrer Mütter hockten und einige weitere Passagiere Platz auf den aufklappbaren Sitzen gefunden hatten, die eigentlich für die Stewardessen reserviert waren.
    Auf seinem Platz in Reihe 43 warf Jonathan Ransom einen besorgten Blick auf die Uhr. Der Flug hatte genau neun Stunden gedauert, eine halbe Stunde weniger als geplant. Die meisten Passagiere freuten sich über die verkürzte Flugzeit, denn so konnten sie dem morgendlichen Berufsverkehr in der Stadt ausweichen oder zeitig mit ihrer Sightseeing-Tour beginnen. Doch Jonathan gehörte nicht zu ihnen. Die ganze letzte Woche hatten sich die Flüge vom Jomo Kenyatta International Airport wegen eines Streiks der kenianischen Flugsicherung erheblich verspätet. Heute endlich war die Maschine pünktlich gestartet und sogar früher gelandet.
    Jonathan wusste nicht, ob es bloß Zufall war oder ob etwas anderes dahintersteckte. Etwas, an das er lieber nicht denken wollte.
    Ich hätte mich niemals auf diese Sache einlassen sollen, überlegte er. In Kenia war ich in Sicherheit. Wäre ich klug gewesen, hätte ich mich nicht von der Stelle gerührt.
    Doch es war nie Jonathans Art gewesen, sich vor einer Herausforderung zu drücken. Und wenn sie ihn wirklich hätten aufspüren wollen, wäre er an keinem Ort der Welt sicher gewesen.
    Mit seinen knapp eins neunzig Körpergröße und seiner lässigen Kleidung - Jeans, Hemd und Outdoor-Stiefel - war Jonathan eine sportliche Erscheinung. Sein Gesicht war tief gebräunt vom monatelangen Einsatz unter der Äquatorsonne, und auf dem Rücken seiner markanten Nase schälte sich die Haut ab. Seine Haare mit den grauen Strähnen trug er kurz. Mit seinen dunklen Augen und dem Zweitagebart wirkte er wie ein Südländer oder ein Südamerikaner mit europäischen Wurzeln. Doch Jonathan Ransom war Amerikaner, vor achtunddreißig Jahren in Annapolis, Maryland, geboren, und stammte aus einer alten, vornehmen Südstaatenfamilie.
    Bedächtig sammelte Jonathan die Zeitschriften und Zeitungsausschnitte mit den Fachartikeln und Kommentaren ein, mit denen er sich auf den Ärztekongress vorbereitet hatte, und verstaute alles in seiner Tasche. Die meisten Artikel behandelten Themen wie »Tropenkrankheit: Diagnose und Vorbeugung« oder »Hepatitis C in Schwarzafrika: Eine klinische Studie« und waren von namhaften Ärzten verfasst worden. In dem letzten Artikel, der sich mit der Behandlung parasitärer Krankheitsbilder bei Kindern befasste, stand: »Jonathan Ransom, MD, Ärzte ohne Grenzen.« Statt einer Krankenhausadresse hatte er seinen letzten Arbeitsplatz angegeben: »UN-Flüchtlingslager 18, Lake Turkana, Kenia.«
    Seit acht Jahren arbeitete
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