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Gespenster Kuesst Man Nicht

Gespenster Kuesst Man Nicht

Titel: Gespenster Kuesst Man Nicht
Autoren: Victoria Laurie
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blauäugig, gigantische Oberweite. Er gab ihr den Spitznamen TKO für »totaler Knock-out«, und der entwickelte sich mit der Zeit zu Teeko.
    »Hi, M. J.«, sagte sie, als sie uns sah. »Hallo, Dr. Sable.«
    Mir fiel sofort auf, dass Karen ziemlich mitgenommen wirkte, und ich war bestürzt, denn in all den Jahren hatte ich sie immer nur als die Ruhe selbst erlebt. Ich stand auf. »Hi, Teek. Was ist passiert?«
    Karen lächelte steif. »Ist es so offensichtlich?«
    Steven schob ihr einen Stuhl hin und setzte sich ebenfalls.
    »Ich brauche eure Hilfe«, erklärte sie ohne Umschweife.
    »Jederzeit«, sagte ich. »Egal was. Erzähl, und ich tue, was ich kann.«
    Sie rang die Hände. »Es geht um meine Nichte.« Also um die vierzehnjährige Evie O’Neal. »Sie ist überfallen worden.«
    »Oh Gott!«, stieß ich aus. »Teeko, wie schrecklich! Das tut mir furchtbar leid.«
    Karen nickte. Sie hatte sichtlich Mühe, ihre Emotionen im Zaum zu halten. »In der Schule«, sagte sie heiser, den Blick auf ihre Hände gerichtet. »Sie kann kaum darüber reden.«
    »Ist sie verletzt?«
    Karen sah auf. In ihren Augen spiegelten sich Qualen. »Bei Gott, ich hoffe nicht, M. J.«
    »Haben sie den Kerl gekriegt?«
    Karen schüttelte den Kopf. »Genau deswegen brauche ich eure Hilfe. Man konnte aus Evie nichts weiter herausbekommen, als dass ein Mann mit einer Axt sie gegen Ende der ersten Stunde, so um acht hemm, durch den Schulkorridor verfolgt hat. In einem alten, unbenutzten Klassenraum hat er sie in die Enge getrieben, und als er auf sie zukam, hat sie die Augen zugekniffen und geschrien. Dann hat sie gehört, wie neben ihr etwas gegen die Tafel prallte; aber als sie die Augen aufmachte, war niemand da.«
    Ich legte den Kopf schief. »Wie lange hat sie gewartet, bis sie die Augen aufmachte?«
    »Eine Sekunde höchstens. Sie sagte, sie habe die Augen aufgerissen, als sie das Geräusch hörte.«
    »War die Tafel beschädigt?«
    »Das weiß ich nicht. Mein Bruder wurde in die Schule gerufen, um Evie abzuholen. Sie ist völlig aufgelöst. Sie behauptet stur, den Mann gesehen zu haben, aber …« Karen verstummte.
    »Aber was, Karen?«, fragte ich sanft.
    Sie seufzte. »Anfang des Schuljahres sind in allen Klassenzimmern und Gängen Überwachungskameras installiert worden. Die Aufnahmen wurden nach dem Vorfall natürlich angeschaut. Mein Bruder sagt, man sehe deutlich, wie Evie den Korridor entlangrannt, als ob sie verfolgt würde, und dann starrt sie in dem Klassenraum etwas an, was ihr offenbar Entsetzen einjagt. Aber auf keiner Aufnahme ist ein Mann mit einer Axt zu sehen. Oder überhaupt irgendein Mann. Sie ist vollkommen allein.«
    Meine Neugier war geweckt. »Hast du das Band gesehen?«
    »Nein, noch nicht. Evie hat mich gerade vom Auto aus angerufen, und da hat sie so geweint, dass ich kaum verstehen konnte, was sie sagte. Weil ich sie nicht beruhigen konnte, habe ich sie gebeten, mir Kevin zu geben.« Karen seufzte. »Der ist mit seiner Geduld am Ende. Nicht, dass er jemals viel davon hatte.«
    Ich behielt meine Meinung über Karens Bruder für mich, auch wenn es mich juckte, einen ähnlichen Kommentar abzugeben. »Was will er jetzt tun?«, fragte ich mit einem unguten Gefühl im Magen.
    Karen warf verärgert die Hände in die Luft. »Ach, mein Idiot von Bruder! Er ist überzeugt, dass Evie eine Art Psychose hat und halluziniert, und überlegt schon, sie zum Psychiater zu schleppen!«
    Ich runzelte die Stirn. Ich wusste, dass Karen und ihre Nichte sich sehr nahestanden, und auch, wie skeptisch Karens Bruder allem gegenüber war, was sich nicht mit wissenschaftlichen Methoden präzise messen ließ. Er glaubte weder an Geister noch an Hellseher oder irgendetwas Spirituelles. Ich hatte ihn erst einmal getroffen und sofort eine Abneigung gegen ihn gefasst. »Ich werde dir helfen, so gut ich kann«, wiederholte ich. »Sag mir einfach, was ich tun soll.«
    »Ich will dich anheuern.« Sie griff in die Handtasche nach ihrem Scheckbuch. »Ich will, dass du diesen Dämon aufspürst, oder was immer es war, und dann sollst du ihn zur Hölle schicken, wenn das irgend geht.«
    Steven und ich tauschten einen Blick. Er zuckte kaum merklich die Schultern, wie um zu sagen: Warum nicht?
    »Du musst mich nicht anheuern«, sagte ich. »Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.«
    Steven hustete laut und starrte mich mit geweiteten Augen an. Karen lächelte. »Sei nicht bescheuert. Du brauchst das Geld, und ich brauche deine professionellen Dienste
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