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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens
Autoren: Heinrich August Winkler
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sich die Annexion eines «Grenzstreifens» vor, zu dem auch polnische Teile des oberschlesischen Industriegebiets gehören sollten. Offen blieb die Zukunft zweier anderer von deutschen Truppen besetzter Gebiete: Litauens und Kurlands. Auf eine Angliederung des Baltikums an das Deutsche Reich drängten außer den Alldeutschen vor allem die deutschbaltische Oberschicht und viele der in Deutschland lebenden und wirkenden Deutschbalten.
    Im Westen gab es 1915/16 auf beiden Seiten immer wieder Versuche, aus dem Stellungskrieg auszubrechen. Ende April 1915 setzten dabei deutsche Truppen bei Ypern erstmals Giftgas ein. Ende Februar 1916 begann Generalstabschef von Falkenhayn eine Offensive mit dem Ziel, die Festung Verdun einzunehmen. In erbitterten Kämpfen verloren bis zum Juni Deutsche und Franzosen jeweils weit über 200.000 Mann. Mitte Juli brach Falkenhayn die Schlacht ab, um die britische Offensive an der Somme abwehren zu können. Zusammen hatten hier Briten, Deutsche und Franzosen bis zum November Verluste von über 1 Million Mann. Das sachliche Ergebnis waren geringfügige Geländegewinne der Alliierten. Falkenhayn bezahlte den Mißerfolg mit seiner Ablösung als Generalstabschef. Im August 1916 wurde die Dritte Oberste Heeresleitung (OHL) mit Hindenburg als Generalstabschef und Ludendorff als Generalquartiermeister berufen.
    Ludendorff war fortan der «starke Mann» des deutschen Militärs, Hindenburg aber die populäre Galionsfigur: Er wurde, entgegen den historischen Tatsachen, von den Propagandisten des Heeres zum «Sieger von Tannenberg» stilisiert und diente bald, da Wilhelm II. als Kriegsheld denkbar ungeeignet war und seit dem August 1914 nur noch wenig in Erscheinung trat, als eine Art «Ersatzkaiser». An der Westfront eine Wende zum Besseren herbeizuführen gelang den beiden Feldherren freilich nicht: Zwischen Oktober und Dezember 1916 eroberten die Franzosen jene Festungswerke bei Verdun zurück, die ihnen zuvor von den Deutschen abgenommen worden waren.
    Auch zur See bewegte sich in den ersten zwei Kriegsjahren zwischen Deutschland und den beiden Westmächten nur wenig.Großbritannien hatte auf Betreiben von Marineminister Winston Churchill eine Fernblockade in der Nordsee von den Shetland-Inseln bis zum südlichen Norwegen verhängt, durch die Deutschland von Rohstoff- und Lebensmitteleinfuhren abgeschnitten wurde und keine Güter mehr nach Übersee exportieren konnte. Die deutsche Antwort war zunächst der Einsatz von Untersee- und Minenbooten, während die Hochseeflotte nach dem Willen des Staatssekretärs im Reichsmarineamt, des Großadmirals von Tirpitz, auf ihre große Stunde noch warten sollte.
    Im März 1915 ordnete die OHL den uneingeschränkten U-Boot-Krieg an, was die Vollmacht in sich schloß, auch neutrale Schiffe, und zwar ohne vorherige Warnung, anzugreifen. Die erste fatale Folge dieser neuen Strategie war die Versenkung des britischen Passagierdampfers «Lusitania», der auch Munition geladen hatte, im Mai 1915. Zu den 1200 Opfern gehörten auch über 120 amerikanische Bürger. Die Regierung in Washington antwortete mit ultimativen Protesten, die im September 1915 zur Einschränkung des deutschen U-Boot-Krieges führten. Zum ersten größeren Einsatz der Hochseeflotte kam es Ende Mai 1916 im Skagerrak. Die Briten erlitten zwar schwerere Verluste als die Deutschen, konnten aber eine Durchbrechung ihrer Blockade verhindern. Die Seekriegsleitung verlangte daraufhin die Rückkehr zum uneingeschränkten U-Boot-Krieg, konnte sich damit aber bei Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg vorerst nicht durchsetzen. Tirpitz quittierte seine Niederlage mit dem Rücktritt vom Amt des Staatssekretärs des Reichsmarineamtes.
    Verglichen mit Frankreich und Rußland waren Südosteuropa und der Mittelmeerraum Nebenschauplätze des Ersten Weltkrieges. Bis Ende 1914 konnten die Mittelmächte ganz Serbien erobern; im Januar 1915 kapitulierte auch Montenegro; im Herbst 1916 fiel der größte Teil Rumäniens in die Hände der Deutschen und Österreicher. Schwerer als diese Erfolge wog jedoch der Kriegseintritt Italiens an der Seite der Entente im Mai 1915. Vorausgegangen waren Verhandlungen, in denen Italien von Österreich-Ungarn als Kompensation für dessen Herrschaftsansprüche auf dem Balkan die Abtretung des Trentino, von Görz, Gradisca und Istrien mit Triest sowie mehreren dalmatinischen Inseln verlangt hatte: Forderungen, auf die Wien unter dem Druck Berlins
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