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Gerris Freunde als Detektive

Gerris Freunde als Detektive

Titel: Gerris Freunde als Detektive
Autoren: Tilde Michels
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„Jetzt fängst du am frühen Morgen schon wieder mit diesem Gerede an. Geh lieber die Frühstückssemmeln holen!“
    Gerri nahm die Einkaufstasche und stieg langsam die Treppe hinunter.
    So was Dummes! Jetzt war er diesen lästigen Schlaf los, aber die Mutter wollte nichts davon hören. Konnte er es ihr denn überhaupt sagen? Konnte er einfach sagen: Ich habe meinen Schlaf verkauft, und jetzt gehe ich nicht mehr ins Bett? Nein, das ging nicht. Aber was hatte das Ganze für einen Sinn, wenn’s keiner wissen durfte, wenn er trotz allem ins Bett geschickt wurde?
    Tief in Gedanken betrat er den Bäckerladen, kaufte acht Semmeln, und beinahe hätte er vergessen, sich für den Kaugummi zu bedanken, den ihm die Bäckersfrau schenkte.
    Auf dem Heimweg trat er in eine Toreinfahrt. Er schob den Ärmel seines Pullovers hoch und betrachtete seine neue Uhr. Davon hatte er natürlich auch noch nichts gesagt. Vorläufig mußte er sie wohl oder übel verstecken, und er hätte sie doch so gerne Martin unter die Nase gehalten. Das war doch das wichtigste, daß die andern die Uhr sahen.
    Als Gerri mit den Frühstückssemmeln zurückkam, war er ein bißchen einsilbig geworden. Aber als er dann seinen Kakao trank und eine Honigsemmel in den Mund schob, räumte er all diese Gedanken wieder beiseite. Es war doch klar, daß er ein Supergeschäft gemacht hatte.
    Erwartungsvoll ging er in die Schule. Ob ihm wohl jemand etwas anmerkte?
    Zuerst ging alles gut. Sie hatten Turnen, und darin war Gerri der Beste. Er hangelte die schrägen Stangen hinauf bis ganz unter die Decke, er schwang an den Ringen mit gebeugten Armen, und als er in tadelloser Haltung am Reck turnte, sah er, daß Max bewundernd seinen Kopf auf die Seite legte und der Turnlehrer ihm anerkennend zunickte.
    Alles schien zu sein wie sonst, aber in Wirklichkeit war Gerri sehr mit sich selbst beschäftigt. Er mußte immerzu an den Uhrenhändler denken. Sein Geheimnis schlich sich in alles ein, was er tat.
    Er gab sich große Mühe, um im Unterricht bei der Sache zu sein, aber trotzdem passierte ihm in der Rechenstunde etwas Unglaubliches. Ausgerechnet bei Lehrer Schmalz. Herr Schmalz war ein sonderbarer Mensch. Man wußte nie genau, woran man mit ihm war. Sein Name und seine riesigen abstehenden Ohren hatten ihm den Spitznamen Ohrenschmalz eingetragen. Unter den Lehrern war er der einzige, der von den Schülern nie geärgert wurde. Wenn sie ihm einen Streich spielten, errötete er bis hinter seine großen Ohren, blickte schweigend in die Klasse, putzte umständlich seine Brille und setzte dann den Unterricht fort, ohne ein Wort zu verlieren. Niemals versuchte er, die Schuldigen zu ermitteln und zu bestrafen. Es machte keinen Spaß, den Ohrenschmalz zu ärgern. Man hatte hinterher immer so ein komisches Gefühl.
    Ja, und nun passierte Gerri die Sache mit dem Winkel. Er wurde an die Tafel gerufen und sollte einen Winkel zeichnen. Er nahm Lineal und Kreide, aber als er fertig war, sahen alle, daß er zwei Uhrzeiger an die große Tafel gezeichnet hatte.

    Die Klasse war starr. Der Gerri machte aus einem Winkel ganz einfach Uhrzeiger — und das beim Ohrenschmalz! Der Rechenlehrer blickte erstaunt an die Tafel, und dann errötete er bis hinter seine großen Ohren.
    Gerri war dem Weinen nahe. „Ich... ich weiß selbst nicht, wie das gekommen ist“, stotterte er.
    Ohrenschmalz nickte, sah schweigend in die Klasse, und nach einer Weile fragte er, ohne sich weiter um Gerri zu kümmern: „Wie nennt man einen Winkel von neunzig Grad? — Hofmeister!“
    „Einen Winkel von neunzig Grad nennt man einen rechten Winkel.“
    Der Unterricht ging weiter. Gerri schlich beschämt auf seinen Platz und nahm sich vor, seine Gedanken ganz fest zusammenzuhalten. Aber es war wie verhext. Alles narrte ihn, alles schien mit seinem Geheimnis verknüpft zu sein, und seine Gedanken schweiften immer wieder ab.
    Nach der Pause betrat der Religionslehrer das Klassenzimmer. Gerri sah ihn ein dickes Buch aufschlagen, er hörte die tiefe Stimme des Lehrers, aber er erfaßte kein Wort von dem, was er vorlas. Plötzlich, wie aus weiter Ferne verstand er den Satz: „...Solche Dinge darf man natürlich nicht verkaufen. — Und was hat er verkauft? Na, Lohmann?“
    Gerri zuckte zusammen. Der Religionslehrer wußte es! Ganz bestimmt. Der wußte immer alles ganz genau. „Ich“, stammelte Gerri, „ich habe...“
    Sein Nachbar flüsterte etwas, aber er war viel zu aufgeregt, um es zu verstehen. „Ich“, wiederholte
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