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Gerris Freunde als Detektive

Gerris Freunde als Detektive

Titel: Gerris Freunde als Detektive
Autoren: Tilde Michels
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geworden.
    „Also, was ist?“ drängte Radeck, und es war zu merken, daß er sich ohne Antwort nicht zufriedengeben würde.
    Da sagte Gerri wahrheitsgemäß: „Es war eine so schöne Mondnacht, und da konnte ich nicht schlafen, und da wollte ich ein bißchen Spazierengehen, und da...“
    „Und da gab es keinen anderen Weg als durchs Fenster“, ergänzte Radeck. Es klang schon nicht mehr so grimmig. Gerri stellte es erleichtert fest und nickte eifrig. „So war es.“
    „Und jetzt hast du genug und willst wieder ins Bett, was?“
    Darauf wußte Gerri keine rechte Antwort; denn eigentlich hatte er ja nicht vorgehabt, ins Bett zu gehen. Aber Herr Radeck erwartete gar keine Antwort. Er setzte seine Rede selbst fort, und was er sagte, klang wieder streng und für Gerri durchaus nicht angenehm.
    Er sagte: „Wieder ins Bett. Das sollst du auch. Aber nicht an der Fassade hoch, sondern schön durch die Haustür. Dafür ist sie ja da. Jetzt werde ich klingeln und dich bei deiner Mutter abliefern.“
    „Ach, du lieber Himmel“, jammerte Gerri, „muß das sein? Meine Mutter schläft doch schon, und sie erschreckt so leicht. Und wenn mich ein Wachmann nach Hause bringt, dann erschreckt sie erst recht.“ Das konnte ja was geben, wenn ihn die Mutter so sah. Vor der Haustür im Schlafanzug.
    Aber Herr Radeck ließ sich nicht erweichen. „Das hättest du dir vorher überlegen müssen.“ Und dann ging er zur Tür und drückte seinen dicken Daumen auf die Klingel.
    Eine Weile blieb alles still, dann ging in Martins Zimmer das Licht an, und Martin erschien am Fenster. „Wer ist da?“ rief er.
    „Hier bringe ich einen Ausreißer“, meldete Radeck.
    „Herr Radeck! Gerri! Ich komme sofort!“
    Gerri hörte seinen Bruder durchs Treppenhaus rennen. Ganz atemlos schloß Martin die Tür auf und schaute fragend zuerst auf den Wachmann und dann auf Gerri.
    „Ich habe ihn soeben von der Hauswand gepflückt“, sagte Radeck. „Nimm ihn mit, bind ihn am Bettpfosten an, den Fassadenkletterer! — Und dir rate ich: Laß dich nicht noch mal erwischen!“ Und er zeigte Gerri sein grimmigstes Gesicht. Dann legte er die Hand an die Mütze und ging mit festen Schritten davon.
    Martin zog Gerri ins Haus und schimpfte eine Weile mit gedämpfter Stimme auf ihn ein. „Dein Glück, daß Mutter und Lotte nicht aufgewacht sind“, sagte er zum Schluß. „Für diesmal bleibt es unter uns. — Und jetzt ab ins Bett, du Mondkalb!“

Es darf keiner wissen

    Gerri schlich in sein Zimmer und legte sich zum zweiten Mal an diesem Abend ins Bett.
    Jetzt bin ich gespannt, dachte er.
    Er zog sich seine Bettdecke über den Kopf, schloß die Augen und atmete langsam und ruhig, so wie sonst, wenn er einschlafen wollte — aber er schlief nicht ein. Seine Augen wurden nicht schwer, und seine Gedanken verwirrten sich nicht. Es kamen nicht die Nebelkreise wie früher und die Bilder, die von irgendwoher auftauchen und die man nicht festhalten kann.
    Gerri schlief nicht ein.
    Wozu soll ich hier liegen, dachte er, das hab’ ich doch gar nicht nötig. Vorsichtig, um keinen Lärm zu machen, kletterte er wieder aus dem Bett. Sollte er es wagen, noch einmal aus dem Fenster zu steigen? Zuerst mußte er herausbekommen, wann Herr Radeck immer seine Runden machte. Dem wollte er nicht wieder in die Hände fallen. Also verbrachte Gerri seine erste schlaflose Nacht am Fenster hinter der Gardine versteckt und spähte nach dem Wachmann aus. Zweimal ging er noch am Haus vorüber, einmal um halb drei und einmal um fünf in der Früh. — Dann wurde es langsam hell.
    Gerri war nie gerne früh aufgestanden, deshalb hatte er auch noch nie einen Sonnenaufgang erlebt. Jetzt sah er zum ersten Mal, wie sich die rote Sonne über die Dächer der Stadt hob, in einen Himmel von blassem Blau mit Schimmer und Streifen von Gold.
    Was man doch alles versäumt, wenn man schläft, dachte er. Er wollte Max und Bernhard danach fragen, ob die schon mal einen Sonnenaufgang erlebt hatten. Hatten die bestimmt nicht! Na, überhaupt, es würde noch vieles für ihn geben, was diese lahmen Enten nicht im Traum ahnten. Es fing ja erst an. Gerri war sehr zufrieden und sehr gespannt auf die Zukunft.
    An diesen Morgen kam er früher als sonst ins Wohnzimmer.
    „Guten Morgen, Gerri“, begrüßte ihn die Mutter. „Schon auf? Hast du gut geschlafen?“
    „Geschlafen!“ Gerri dehnte das Wort spöttisch. „Ich brauche nicht mehr zu schlafen, ich...“
    Aber die Mutter unterbrach ihn ärgerlich.
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