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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Junggesellentage
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gesehen habe. Wenn es jemanden gibt, den anzugreifen nur ein
Narr wagen würde, dann bist du es. Guter Gott! Wo wäre er denn, wenn du ihn
fallenließest? Streite nicht ab, daß er dich schon ein kleines Vermögen
gekostet hat – ich bin nicht blöd! Daß du nicht in Wut geraten bist und ihm
gesagt hast, er habe den letzten Groschen von dir bekommen, werde ich nie
verstehen!»
    «Das kann
ich dir sagen», erwiderte Waldo ruhig. «Ich bin nicht in Wut geraten, denn dann
hätte ich ihm genau das gesagt.»
    George war
so überrascht, daß er innehielt. «Du hättest, Waldo, du hättest ihm das
wirklich gesagt?»
    «Nein,
wahrscheinlich nicht. Aber der heutige Auftritt zeigt, daß Laurie glaubt, ich
könnte es sagen. Jetzt weißt du, warum ich nicht die leiseste Absicht hatte,
meine Ruhe zu verlieren. Wie lange willst du hier noch wie ein Stock stehen?
Die Leute schauen dich schon an! Erwache aus deiner Trance, George!»
    So ermahnt,
hielt Mr. Wingham wieder Schritt mit seinem großen Cousin und sagte ernst: «Ich
habe mich nie im Leben mehr gefreut! Gib nicht nach! Verdammt will ich sein,
wenn ich nicht lieber zusehe, wie du dein Geld an die Rotznasen verschwendest,
statt an diese halbe Portion.»
    «Oh,
George!» rief Sir Waldo, «du übertreibst!»
    «Nein, das
tu ich nicht!» sagte George trotzig. «Wenn ich an die Dinge denke, die er heute
gesagt hat, und an die Dankbarkeit, die er dir schuldet ...»
    «Er
schuldet mir nichts!»
    «Was?» keuchte George und blieb wieder
stehen. Die Hand seines Cousins faßte seinen Arm und trieb ihn vorwärts.
    «Bitte,
George, fang nicht wieder damit an!» sagte Sir Waldo streng. «Ich habe mich
sehr schlecht gegen Laurie benommen. Wenn du es auch nicht weißt, ich weiß es.»
    «Nun, ich
weiß es wirklich nicht. Seit er in Harrow war, hast du Geld an ihn
verschwendet! Du hast lange nicht so viel für Julian getan!»
    «Oh, ich
habe für Julian nichts getan, als ihm heimlich eine Guinea wöchentlich zu
schicken, solange er ein Schuljunge war», sagte Sir Waldo lachend.
    «Das weiß
ich. Natürlich kannst du sagen, er hätte nichts gebraucht, aber ...»
    «Ich werde
nichts dergleichen sagen. Ich hätte nicht mehr für ihn getan, wie immer seine
Verhältnisse gewesen wären. Als er nach Harrow ging, war ich nicht mehr ein
solcher Angeber wie zur Zeit, da Laurie ein Junge war.» Er hielt inne, runzelte
ein wenig die Stirn und sagte abrupt: «Weißt du, George, als mein Vater starb,
war ich zu jung für die Erbschaft.»
    «Nun, ich
muß gestehen, wir alle dachten so – meinten, du wirst es mit Mädchen
durchbringen – aber das hast du nie getan und ...»
    «Ich habe
Schlimmeres getan, ich habe Laurie ruiniert!»
    «Jetzt hör
auf, Waldo», protestierte George, und nach einem Moment des Besinnens: «Du
meinst, du hast ihn ermutigt, sich auf dich zu verlassen. Ich glaube, das hast
du wirklich getan – und der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, warum – du
hast ihn doch nie gemocht?»
    «Nein! Aber
als ich – wie hat er es doch genannt – < in Geld geschwommen bin > , und
mein Onkel hatte nicht viel mehr als sein Auskommen – übrigens war er derselbe
Geizhals wie unser Cousin Joseph und hielt Laurie verteufelt knapp –, schien es
mir hartherzig, Laurence nicht zu helfen.»
    «Ich
verstehe», sagte George gedehnt. «Und da du einmal begonnen hast, ihm unter die
Arme zu greifen, konntest du nicht mehr aufhören.»
    «Ich hätte
es tun können, aber ich habe es nicht getan. Schließlich und endlich – was hat
es für mich bedeutet?! Als ich vernünftig genug war, zu verstehen, was es für
ihn bedeutet hat, war das Unglück schon geschehen.»
    George
dachte angestrengt nach. «Ja, wahrscheinlich. Ich kann nur sagen: Wenn du
glaubst, einen Fehler gemacht zu haben, sähe es dir nicht ähnlich, jetzt zu
sagen: Schwimm oder geh unter! Außerdem glaube ich nicht, daß du das tätest.»
    «Nein, ich
fürchtete, er würde es auch nicht glauben. Er scheint es aber doch geglaubt zu
haben, was mich hoffen läßt, daß das Unglück noch gutgemacht werden kann.»
    George
konnte nur skeptisch lachen. «Er wird schon, ehe die Woche um ist, in
irgendeiner Klemme sitzen. Dann erzähl mir nicht, daß du ihn herausgezogen
hast! Er ist kein solcher Dummkopf, daß er nicht wüßte, du wirst dich nicht
rächen.»
    «Nein, aber
ich zahlte seine Spielschulden nur gegen das Versprechen, daß es nicht mehr
vorkommen werde.»
    «Sein
Versprechen! Guter Gott! Waldo, du verläßt dich doch nicht
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