Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Lord Sherry
Vom Netzwerk:
genügend bewiesen hätte, machte zwei Schritte auf sie zu und versuchte,
sie in die Arme zu schließen. Er erhielt aber nur eine Ohrfeige, die ihm die
Tränen in die Augen trieb, und befand sich einen Augenblick in Gefahr, zu
vergessen, daß er nicht mehr ein Schuljunge war, der einem lästigen kleinen
Mädchen gegenüberstand.
    Miss Milborne,
die in seinen Augen Rachegelüste aufblitzen sah, unternahm einen strategischen
Rückzug hinter ein kleines Tischchen und rief in theatralischem Ton: «Gehen
Sie!»
    Der
Viscount sah sie von oben bis unten prüfend an. «Bei Gott, Bella, wenn ich dir
jetzt eine Tracht Prügel geben könnte, würde ich ...» Er brach ab, da sein
erzürnter Blick durch ihre unleugbare Schönheit gefesselt wurde. Sein
Gesichtsausdruck besänftigte sich. «Nein, ich täte es doch nicht», sagte er.
«Könnte dir nicht ein Haar krümmen! Also, Bella, willst du nicht doch ...»
    «Nein!»
schrie Miss Milborne beinahe. «Und ich möchte, daß du mich nicht Bella nennst.»
    «Also gut,
dann Isabella», sagte Seine Lordschaft, zu Konzessionen bereit. «Aber
willst du nicht ...»
    «Nein!» wiederholte Miss Milborne. «Geh! Ich
hasse dich!»
    «Nein, das
tust du nicht», sagte Seine Lordschaft. «Wenigstens hast du es bisher nicht
getan, und ich will verdammt sein, wenn ich verstehe, warum du deine Meinung so
plötzlich geändert haben solltest.»
    «Doch, ich
hasse dich! Du bist ein Spieler und ein Wüstling und ein ...»
    «Wenn du
noch ein Wort sagst, dann bekommst du eine Ohrfeige!» rief der Viscount wütend.
«Wüstling, verflucht noch einmal! Du solltest dich schämen, Bella!»
    Miss
Milborne, die erkannte, daß sie sich zu einem wenig mädchenhaften Benehmen
hatte hinreißen lassen, brach in Tränen aus. Doch ehe der in hohem Maße aus der
Fassung gebrachte Viscount etwas Zweckmäßiges unternehmen konnte, öffnete sich
die Tür und Mrs. Milborne betrat das Zimmer.
    Mrs.
Milborne durchschaute die Situation mit einem Blick und verlor keine Zeit, den
fassungslosen jungen Mann aus dem Haus zu drängen. Seine Beteuerungen fanden
taube Ohren. Sie sagte: «Ja, ja, Anthony, aber Sie müssen jetzt gehen, Sie
müssen wirklich gehen. Isabella ist nicht wohl genug, um Besuche zu empfangen.
Ich kann mir gar nicht denken, wer Sie überhaupt ins Haus eingelassen hat. Es
war sehr freundlich von Ihnen, daß Sie uns aufgesucht haben, und bitte
empfehlen Sie mich Ihrer lieben Mama, aber derzeit empfangen wir keine
Besuche.»
    Sie steckte
ihm Hut und Handschuhe in die Hand und schob ihn unerbittlich aus der Haustür.
Als sie in den Salon zurückkehrte, hatte Isabella die Tränen getrocknet und
ihre Haltung wiedergefunden. Ihre Mutter sah sie mit emporgezogenen Augenbrauen
an. «Hat er um dich angehalten, mein Liebling?»
    «Ja»,
erwiderte Isabella und schnüffelte in ihr Taschentuch.
    «Nun, es
liegt kein Grund vor, deshalb zu weinen», sagte Mrs. Milborne energisch. «Du
solltest daran denken, meine Liebe, daß das Vergießen von Tränen die höchst
unangenehme Wirkung hat, weibliche Augen zu röten. Ich nehme an, daß du ihm
einen Korb gegeben hast?»
    Ihre
Tochter nickte und schnüffelte noch krampfhafter. «Ja, Mama, natürlich. Und ich
sagte, daß ich jemanden mit so wenig gefestigten G-Grundsätzen nie heiraten
würde, oder ...»
    «Völlig
überflüssig», sagte Mrs. Milborne. «Ich staune, Isabella, daß du so wenig
Feingefühl bewiesen hast, dich auf jene Seiten im Leben eines Gentleman zu
beziehen, von denen ein wohlerzogenes Mädchen nichts wissen sollte.»
    «Ganz
recht, Mama, ich weiß nur nicht, wie jemand es verhindern könnte etwas über die
Exzesse von Sherry zu erfahren, wenn die ganze Stadt darüber spricht.»
    «Unsinn!
Jedenfalls besteht nicht der geringste Grund für dich, derartige Dinge zu
erwähnen. Ich verarge dir nicht, daß du Sherry einen Korb gegeben hast, obwohl
ich zugeben muß, daß er in gewisser Beziehung eine ideale Partie gewesen wäre,
denn er ist außerordentlich reich, und wir
waren stets besondere Freunde von – Aber wenn Severn dir einen Antrag macht,
dann kann man die beiden natürlich nicht miteinander vergleichen!»
    Miss
Milborne errötete. «Mama! Wie kannst du nur so sprechen! Ich bin nicht so
berechnend. Es ist eben nur, daß ich Sherry nicht liebe, und weil ich außerdem
überzeugt bin, daß auch er mich nicht liebt, trotz all seiner Beteuerungen.»
    «Ach was,
ich glaube, eine Enttäuschung wird ihm nicht schaden», erwiderte Mrs. Milborne
behaglich. «Zehn zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher