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Geloescht

Geloescht

Titel: Geloescht
Autoren: Teri Terry
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Amy.
    Das Abendessen und keine Dusche, sondern ein richtiges Bad – eine volle, heiße Wanne, in die man eintauchen kann – haben dafür gesorgt, dass mein Wert vor dem Schlafengehen fast auf 7 geklettert ist.
    Doch Mum hält mich für seltsam. Ich muss darauf achten, sie nicht so oft anzustarren.
    Der Schlaf legt sich über mich wie eine Decke, doch ihre Worte gehen mir nicht aus dem Kopf.
    Letzte Chance …
    Hatte ich je irgendwelche anderen Chancen?
    Letzte Chance …
    Ich renne.
    Wellen krallen sich in den Sand unter meinen Füßen, während ich ein Bein vor das andere zwinge, wieder und wieder. Mein Atem geht keuchend ein und aus, bis meine Lungen fast platzen, und ich renne immer noch. Goldener Sand, so weit das Auge reicht. Er gibt unter mir nach und immer wieder rutsche ich aus, rapple mich auf und renne weiter.
    Das Grauen schnappt nach meinen Fersen.
    Es kommt näher.
    Ich könnte mich umdrehen und mich ihm stellen. Sehen, was es ist.
    Ich renne.
    Â»Schhhhh. Ich hab dich.«
    Ich kämpfe verzweifelt, bis ich merke, dass es Amys Arme sind, die mich halten.
    Die Tür geht auf und Licht fällt vom Flur herein.
    Â»Was ist los?«, will Mum wissen.
    Amy antwortet: »Nur ein böser Traum, aber jetzt ist alles wieder in Ordnung. Oder, Kyla?«
    Mein Herzschlag wird langsamer, mein Blick klarer. Ich schiebe sie weg.
    Â»Ja, alles okay.«
    Ich sage die Worte, aber ein Teil von mir rennt immer noch.

Ich schlendere zwischen den Bäumen umher, drehe mich um, lege mich aufs Gras und zwischen Gänseblümchen, ich ganz allein. Ich starre die Wolken an, die am Himmel treiben und halb bekannte Formen und Gesichter bilden. Namen schweben davon, wenn ich sie greifen will, also lasse ich sie ziehen: Ich will einfach nur daliegen und ich sein.
    Es ist Zeit. Wie Nebel löse ich mich auf, bis ich verschwunden bin. Die Bäume und der Himmel werden von der Dunkelheit hinter meinen geschlossenen Augen ersetzt, das kitzelnde Gras von einem festen Bett.
    Stille. Warum ist es so still? Mein Körper weiß, dass es später als fünf Uhr morgens ist, aber kein Wecker hat geklingelt, keine Frühstückswagen klappern die Flure herunter.
    Ich liege ganz ruhig da, halte den Atem an und lausche.
    Sanftes, gleichmäßiges Atmen, nahe bei mir. Bin ich letzte Nacht ohnmächtig geworden, ist da ein Wachmann in meinem Zimmer? Falls ja, klingt es so, als ob er schläft, anstatt aufzupassen.
    Aus der anderen Richtung kommen leise, fröhliche Geräusche, mal lauter, mal leiser, wie Musik. Vögel?
    Etwas Warmes an meinen Füßen.
    Ich bin nicht in meinem Zimmer im Krankenhaus. Meine Augen springen auf, als es mir wieder einfällt.
    Kein Wachmann auf der anderen Seite des Raumes. Nur Amy, die gleichmäßig atmet und tief schläft, genau wie Sebastian an meinen Füßen. Vielleicht wachen sie nur auf eine andere Art über mich.
    Ich schleiche leise zum Fenster und ziehe den Vorhang auf.
    Dämmerung.
    Rote Streifen sind am Himmel zu sehen, rosafarbene Wolkenflecken, durch die das Licht auf Gras und feuchtes Laub fällt. Die Welt ist in Orange, Gold, Rot und alle Schattierungen dazwischen getaucht.
    Es ist wunderschön.
    Mein Krankenhauszimmer zeigte nach Westen. Sonnenuntergänge habe ich häufig gesehen, zwar meist verstellt von Gebäuden, aber noch nie einen Sonnenaufgang.
    Der leise Gesang wird lauter, als andere Vögel mit einfallen. Ich mache das Fenster weit auf, lehne mich hinaus und atme . Die Luft ist frisch, ohne eine Spur von Metall oder Desinfektionsgeruch. Ich sehe nichts als das feuchte Grün des Gartens unter mir und die Felder jenseits davon, die im frühen Licht schimmern.
    Und irgendwie weiß ich es: Ich gehörte nie in die Stadt. Ich war – bin – ein Mädchen vom Land. Ich weiß es so sicher, wie ich atme, dass dieser Ort viel mehr wie ein Zuhause ist.
    Nicht wie ein Zuhause, es ist zuhause: gestern, heute, und wie viele Tage noch kommen, weiß ich nicht.
    Aber es war schon so, bevor ich die geworden bin, die ich jetzt bin. Dr. Lysander sagt, dass ich Dinge aus meinem Unterbewusstsein ziehe und es keinen Weg gibt, um herauszufinden, ob sie wahr sind oder nicht. Ich versuche lediglich, dem Unbekannten eine Bedeutung zu geben, um es zu ordnen, genau wie ich Diagramme und Karten zeichne. Und Gesichter.
    Unter mir zieht mich das schimmernde Gras wie magisch an. Das Laub mit seinen Mustern voller
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