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Geloescht

Geloescht

Titel: Geloescht
Autoren: Teri Terry
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mir.
    Aber London ist anders. Eine ganze Stadt. Ich müsste jede einzelne Straße entlanggehen, um das Bild zu vervollständigen. Doch wir scheinen den direkten Weg nach Hause zu nehmen, in ein Dorf, eine Stunde westlich von London.
    Natürlich habe ich in der Krankenhausschule Landkarten und Fotos gesehen. Stundenlang haben sie uns jeden Tag mit so viel Allgemeinwissen gefüttert, wie unsere leeren Gehirne aufnehmen konnten, um uns auf unsere Entlassung vorzubereiten.
    Wie anders das doch war. Ich habe mich auf jede Information gestürzt und sie mir eingeprägt und gezeichnet, mir alles in meinem Notizbuch aufgeschrieben, damit ich nichts vergessen würde. Doch die meisten anderen waren weniger aufnahmebereit. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, alles und jeden breit und dämlich anzugrinsen. Denn als wir geslated wurden, haben sie die Ausschüttung unserer Glückshormone manipuliert und erhöht.
    Wenn sie also auch mein Hormonlevel verändert haben, muss ich vorher bei null gewesen sein.

Dad nimmt meine Tasche aus dem Kofferraum und geht pfeifend und mit den Schlüsseln in der Hand zum Haus. Mum und Amy steigen aus dem Auto und drehen sich dann um, weil ich nicht nachkomme.
    Â»Los, Kyla.« Mums Stimme klingt ungeduldig.
    Ich drücke gegen die Tür, fest und dann fester, aber nichts geschieht. Ich sehe zu Mum auf und mein Magen verkrampft sich, weil sich ihre Miene langsam, aber sicher ihrem Ton anpasst.
    Schließlich öffnet Amy die Tür von außen. »Du ziehst an diesem Hebel an der Innenseite und drückst die Tür dann auf. Okay?«
    Sie schließt die Tür wieder, und ich greife nach dem Hebel und mache es so, wie sie gesagt hat. Die Tür schwingt auf, und ich steige aus dem Wagen, froh darüber, meine Beine ausstrecken und nach so langer Zeit im Auto aufstehen zu können. Aus einer Stunde Fahrt sind wegen Stau und Umleitungen drei geworden und Mum konnte ihre Ungeduld kaum mehr zügeln.
    Jetzt nimmt sie mein Handgelenk. »Seht euch das an: 4,4 – nur weil sie eine Autotür nicht aufbekommt. Mein Gott, das wird harte Arbeit.«
    Ich will widersprechen und antworten, dass das unfair ist und dass mein Level nichts mit der Tür zu tun hat, sondern mit der Art, wie sie mit mir umgeht. Aber ich bin unsicher, was ich sagen oder lieber nicht sagen soll. Also halte ich den Mund und beiße mir stattdessen die Innenseite meiner Wange blutig. Amy legt einen Arm um meine Schultern, als Mum hinter Dad ins Haus geht. »Das meint sie nicht so. Sie ist nur sauer, weil unser erstes Abendessen verspätet beginnt. Aber du bist noch nie in einem Auto gefahren, oder? Wie sollst du dann wissen, wie die Tür aufgeht?«
    Amy verstummt, und ich weiß wieder nicht, was ich sagen soll, aber diesmal, weil sie so nett zu mir ist. Also versuche ich ein Lächeln, ein kleines nur, aber ein echtes.
    Amy lächelt zurück. »Lass uns doch eine Runde ums Haus drehen, ehe wir reingehen, ja?«, schlägt sie vor.
    Dort, wo der Wagen vor dem Haus parkt, ist alles voller kleiner Steinchen, die beim Gehen unter unseren Schuhen knirschen. Der Vorgarten ist ein Rechteck aus grünem Gras mit einem großen Baum auf der linken Seite – eine Eiche? Die Blätter sind eine Mischung aus Gelb, Orange und Rot und buntes Laub liegt unordentlich neben dem dicken Stamm. Blätter fallen im Herbst, erinnere ich mich. Welches Datum haben wir heute? Den 13. September. Links und rechts vor der Eingangstür wuchern ein paar rote und pinkfarbene Blumen, deren verwelkte Blütenblätter auf dem Boden liegen. Und überall um mich herum ist so viel Platz. Alles kommt mir nach dem Krankenhaus und der Fahrt durch London sehr still vor. Ich stehe auf der Wiese und atme die kühle Luft tief ein. Sie schmeckt feucht und nach Leben und dem Ende des Lebens, wie diese Blätter auf dem Boden.
    Â»Kommst du mit rein?«, fragt Amy und ich folge ihr durch die Eingangstür ins Haus. Davon zweigt ein Raum mit Sofas, Lampen und Tischen ab. Ein großer Flachbildschirm beherrscht die Wand. Ein Fernseher? Er ist viel größer als die Geräte, die wir im Freizeitraum im Krankenhaus hatten – nicht, dass sie mich da nach dem ersten Mal je wieder reingelassen hätten, als klar war, dass Fernsehen meine Albträume nur verschlimmerte.
    Durch dieses Zimmer gelangt man in einen anderen Raum mit langen Arbeitsflächen und vielen Schränken. Außerdem
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