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Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)

Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)

Titel: Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
Autoren: Marty Tolstoy
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gestritten, das kam in der Zeit häufiger vor als sonst.
    Es war eigentlich nur um Kleinigkeiten gegangen, aber ich war so wütend auf sie gewesen, dass ich mich aus Protest in meinem Zimmer eingeschlossen hatte und nur rausgekommen war, wenn die Blase gedrückt hatte. Vorräte für Trinken und Essen, die ich gesammelt hatte – zum Beispiel dieser weiße Puffreis oder Bifi –, hätten mich über Monate da drin am Leben erhalten, aber da Andrea am nächsten Tag arbeiten musste, konnte ich morgens schon wieder raus. Sobald diese gemeine und verständnislose Frau endlich aus dem Haus war, beendete ich diese grausame Nacht, in der ich nicht ein Auge zu gekriegt hatte, damit, dass ich mit dem Kopf gegen die Badezimmertür lief. Im leicht dösigen Zustand hatte ich angenommen, sie wäre offen.
    Mit kräftigen, nicht enden wollenden Kopfschme rzen legte ich mich auf die Couch, kuschelte mich in eine Wolldecke und ärgerte mich über das miserable Programm im Fernsehen. Irgendwie musste ich dann wohl doch eingeschlafen sein, denn auf einmal weckte Andrea mich, indem sie mir die Decke wegzog und schimpfte, dass ich gefälligst in meinem Bett schlafen solle, wenn ich schon so faul sei und den ganzen Tag schlafen müsse.
    Ich lag gerade so richtig perfekt in einer Falte der D ecke und das Kissen hatte sich genau meinem Kopf angepasst. Alles war total gemütlich und kuschelig und warm und dann weckte die mich einfach und war so schrecklich laut. Mann, war ich sauer!
    Auch am Abend war unsere unbändige Wut aufe inander noch nicht abgeklungen, deswegen verdrückte ich mich lieber aus dem Haus und ging ein wenig in der lauwarmen Abendluft um den Block und genoss den Duft vom Frühling, der in der Luft lag. Zunehmend gingen sogar die Kopfschmerzen weg, was sicherlich nicht zuletzt an der Packung Paracetamol lag, die ich in mich reingeschaufelt hatte. Am Ende meiner Siedlung bog ich in eine Straße, die ca. zwei Kilometer geradeaus in die Innenstadt führt.
    Wir haben in unserem Ort keine große Innenstadt, aber man kann immerhin alles bekommen, was man so braucht. Es gibt mehrere Supermärkte, eine Post, ein Schwimmbad, Klamottenläden, etliche Resta urants und ein paar Bars. Eine davon ‘nennt sich Knock’Out. In Discos oder Bars gehe ich eigentlich nicht gerne, aber in dieser trifft sich meinesgleichen und irgendwie ist die Stimmung da anders. Es geht nicht darum, wer am besten angezogen oder geschminkt ist und wie viele Kerle beziehungsweise Frauen mich anglotzen und bei wem ich eine Chance hätte. Nein, hier ist quasi jeder der nette Nachbar von nebenan und zu guter, angenehm lauter Musik kann man was trinken oder tanzen. Oder beides. Hier stört es auch niemanden, wie man angezogen ist, und geschminkt sind hier nicht nur die Frauen.
    In diesen Club führte mich auch an diesem Abend mein Weg. Eher unbeabsichtigt, ich ging einfach i mmer weiter, bis auf einmal die Tür des Lokals neben mir war und ich mir dachte, ach, mal schauen, wer heute so da ist ... Nein, das war gelogen. Ich weiß gar nicht, warum ich reingegangen bin. Irgendwie war mir einfach danach, irgendeine unbegründete Neugier, die mir das Gefühl gab, da bin ich jetzt gut aufgehoben.
    Mit einem gewissen Erwartungsdruck ging ich also hinein, schaute mich flüchtig um und stellte fest, dass ich mich doch i rgendwie fehl am Platz fühlte. Sofort stellte ich mich an die Theke, damit niemand sah, dass ich eigentlich gar nicht wusste, was ich dort sollte. Ich bestellte mir ein Glas eiskalte Cola – wirklich sehr kalt! – und lauschte der Musik. Am liebsten hätte ich meinen Frust weggesoffen, doch ohne meinen Personalausweis, der es sich derweil in meinem Bett gemütlich machte, bekam ich in diesem Club leider nichts. Ich war zwar schon fast 25, aber aus einem unerfindlichen Grund hielt mich jeder für minderjährig, sogar noch bevor ich den Mund aufgemacht hatte! Gemeinheit! Jedenfalls waren Cola mit jeder Menge Eiswürfel und Wasser ohne Eiswürfel das, mit dem ich mich für den Moment zufrieden geben musste.
    Nach einer Weile spielten sie das Lied „She“ von Groove Coverage, zu dem plötzlich alle wie die Verrückten in die Mitte des Raumes auf die Tanzfläche stürmten und lostanzten. Mich steckte das an und ich machte es ihnen nach. Das Lied trieb mich in gute Laune und ich schloss mich der Tanzkette an, die sich in den ersten Sekunden des Liedes gebildet hatte. Die Stimmung war unbeschreiblich, jeder schien einem außerirdischen Rausch erlegen zu
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