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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel
Autoren: Stefan Wolf
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Ein Wort
von uns — und sein Leben ist zerstört. Er könnte nach Verbüßung der Strafe
nicht mal mehr privaten Nachhilfeunterricht geben. Weil alle Eltern von
Töchtern befürchten würden, dass er die Mädchen verführt.«
    »Wenn ich mal eine Tochter
habe«, sagte Gaby durch die Zähne,» kriegt sie bei so einem keine Nachhilfe.«
    »Da sind wir uns einig«, nickte
Tim.
    Gabys Blick streifte ihn.
»Außerdem braucht un... meine Tochter keine Nachhilfe.«
    Tim zuckte mit den Schultern.
»Das kann auch bei Begabten nötig sein. Jeder ist mal von der Rolle.«
    »Heh!«, rief Karl. »Verliert
euch nicht in Familienplanung. Wir müssen eine Entscheidung treffen. Was ist zu
tun?«
    Jeder blickte in eine andere
Richtung. Klößchen schloss die Augen, als würde er im Halbschlaf eine Lösung
finden. Gaby wickelte eine Haarsträhne um den Zeigefinger. Tim klopfte mit dem
Daumennagel gegen die Zähne, bis er merkte, dass der Daumen nach Gras
schmeckte.
    TKKG waren ratlos.

3. Kein
Vertrauen zwischen Vater und Sohn
     
    Das Herrenhaus — von den
Einheimischen »Villa Clausen« genannt — war 240 Jahre alt und hatte im Innern
mehrere Modernisierungen durchgemacht, beginnend mit Wasserklosett und
Elektrizität bis zur heutigen Fußbodenheizung und der ausgeklügelten
Alarmanlage. Die äußere Gestalt — Fassade und Mauern — war noch dieselbe wie
einst: trutzig, fast wehrhaft, ein bisschen Burg, ein bisschen Schloss, schmale
hohe Fenster, Türme, zwei Obergeschosse. Die Villa hatte 32, Räume. Roberto
benutzte nur vier.
    Die anderen wurden zwar
regelmäßig gelüftet, trotzdem rochen sie muffig. Die Haushälterin und ihre
beiden Hausmädchen kamen mit dem Staubwischen nicht nach. Sogar Marios Zimmer
im ersten Stock wirkte unbewohnt — trotz der chaotischen Unordnung, die
Robertos einziger Sohn immer hinterließ. Das Chaos war festgeschrieben. Hier
durfte niemand was anrühren. Seit drei Jahren war Mario nur noch selten zu
Hause.
    Das Haus stand am Osthang des
Tals, reichlich tausend Meter von den schroffen Felswänden des Geyerkopfes
entfernt, der hier mit 2867 Metern einer der kleineren Bergriesen ist. Etwa die
gleiche Distanz und 200 Meter Höhenunterschied trennten die Villa vom See.
    Roberto stand auf der Terrasse
und blickte hinunter. Unter ihm die Dächer des Dorfes, Weinberge, schmale
Straßen, die schaurige Schwärze des Sees. Er war besprenkelt mit Ruderbooten
und ein paar Jollen mit weißem Segel. Motorboote waren nicht zugelassen. Die
Qualität des Wassers sollte erhalten bleiben.
    Roberto besaß zwar zwei Handys,
aber er mochte sie nicht, hielt es durchaus für möglich, dass die Strahlung im
Gehirn Schäden verursacht. Die Handys hatte man ihm geschenkt. Jetzt stellte er
das altmodische Telefon auf einen der Terrassentische. Ein Festanschluss mit 20
Meter langer Schnur, die so verdreht und in sich verwickelt war, dass sie kaum
halb so weit reichte — es sei denn, man zog sie straff mit Gewalt.
    Die Haushälterin war im Ort.
Einkaufen. Die Mädchen kamen nur vormittags. Es gab auch keinen lauschenden
Nachbarn, denn die Villa war umgeben von 5000 Quadratmetern Park. Roberto
konnte ungeniert reden.
    Er hatte gewählt, wobei er die
Lippen aufeinander presste, strichdünn.
    Mario meldete sich.
    »Ich bin's. Hallo, Mario!«
    »Hallo, Vater!« Mario besaß
eine helle, fast mädchenhafte Stimme. Er klang überrascht.
    »Wie geht’s?«, fragte Roberto.
    »Super!«
    »Na, prima.«
    »Ich wollte dich ohnehin
anrufen, Vater.«
    »Ja?«
    »Es hat sich überraschend
ergeben. Der Trainer verlegt unser Höhentraining ins Lamia-Tal. Höhentraining
im Tal, haha! Aber er wird uns die Berge hochjagen und außerdem... Wie hoch
liegt Valturto eigentlich?«
    Das war der Ort am südlichen
Talende, vier Kilometer von hier.
    »Ungefähr 1200 Meter«, sagte
Roberto.
    »Na, also. Für die Spieler aus
dem Flachland ist das schon was.«
    »Wo bist du jetzt?«
    »Na, hier im Hotel. Du rufst
mich doch hier an.« Es war ein Hotel in der deutschen Millionenstadt, in der
auch TKKG leben.
    »Bist du allein?«
    »Klar. Aber Evelyn kommt in
einer halben Stunde.«
    »Deine Freundin.«
    »Ja. Meine Freundin. Aber sag’s
noch niemandem, Vater. Es könnte ein falscher Eindruck entstehen.«
    »Ja, ich weiß.«
    Beide schwiegen für einen
Moment.
    »Ist was?«, fragte Mario dann.
    Roberto hätte sich gern
geräuspert. Aber er ließ es. »Erinnerst du dich an Nancy Drake?«

    Stille. Mario zögerte. Er
zögerte zu lange, als dass seine Gegenfrage
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