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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel
Autoren: Stefan Wolf
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Seite. Ihr Gesicht glänzte.
    Sie ist ja auch gerannt wie der
Teufel, dachte Tim.
    »Zu Herzen hat sie es sich
nicht genommen«, sagte Klößchen und leckte Schokokrümel aus seinen Mundwinkeln.
    »Was meinst du?«, fragte Gaby.
    »Tatjana. Wenn Erik streng zu
ihr war, hat sie das schnell weggesteckt. Jedenfalls hat sie gestrahlt wie bei
’nem Heiratsantrag ihres Traumprinzen, als sie eben zur Baracke ging. Hab’s
zufällig gesehen. Nach ’nem Anschiss war das, finde ich, eine erstaunliche
Reaktion.«
    Gaby hob die Schultern. »Vielleicht
ist sie trotzig. Ist ja auch egal, ich gehe jetzt duschen.«
    Duschen und Umkleideräume
befanden sich in der so genannten Baracke, einem lang gestreckten Gebäude
hinter dem Spielfeld.
    »Auch gut!«, feixte Klößchen.
»Wir machen inzwischen ein Schachturnier.«
    Gaby stemmte die schlanken
Fäuste in die Taille. »Soll das heißen, ich trödele?! Soll das heißen, Mädchen
brauchen ewig lange zum Frischmachen und vor allem länger als beispielsweise
du?! Letzteres stimmt natürlich. Denn wenn du in der Dusche stehst, ist da kein
Platz mehr für Wasserstrahlen. Und du bist gleich wieder draußen.«
    Klößchen hob in gespielter
Ängstlichkeit die Hände vors Gesicht. »Nein, nein! So meine ich das nicht. Lass
dir nur Zeit.«
    Gaby schob ab, nicht humpelnd,
sondern hüpfend. Tim sah ihr nach und spürte die Wärme der Nachmittagssonne
tief innen im Herzen.
    Seine Freundin blieb dann doch
ziemlich lange weg. Fast eine halbe Stunde verging.
    Karl hatte ein Buch aus dem
Rucksack genommen und las. Klößchen knisterte mit Schokoladenpapier. Tim lief
im Handstand an der Außenlinie entlang und schaffte die gesamte Spielfeldlänge,
in diesem Fall — sie befanden sich im Stadion Vorstadt-Süd — 90 Meter. Außer
Atem und mit gerötetem Gesicht ließ er sich wieder ins Gras fallen.
    »Beifall klatsche ich erst«,
sagte Klößchen, »wenn du die Strecke einarmig schaffst — in kleinen Hüpfern.«
    »Rechter oder linker Arm?«,
grinste Tim und stand auf.
    »Um Himmels willen! Bleib
liegen!«, rief Klößchen.
    In diesem Moment kam Gaby
zurück, frisch wie eine Lilie bei Sonnenaufgang. Tims Freundin trug hellblaue
Jeans, Sandalen und ein weißes T-Shirt. Und in der Hand die Sporttasche mit den
Fußballklamotten. Auf dem Gesicht lag ein sanftes Glühen, obwohl sie nach der
Reinigung zum Abschluss garantiert sehr kalt geduscht hatte. Tim sah sofort:
Gaby stand unter Strom.
    Zwischen den Jungs, die im
Dreieck lagerten, sank sie in die Hocke. Die Tasche fiel auf Klößchens Beine.
    »Ich glaub’s einfach nicht«,
flüsterte Gaby. »Ich würde es nicht glauben, wenn’s mir jemand erzählt. Aber
nun habe ich es selbst gesehen. Mit eigenen Augen, logischerweise. Und es war
keine Halluzination, keine Sinnestäuschung. Wenn einer von euch sagt, dass ich
vielleicht einen Ball zu viel geköpft habe — dann kriegt er eine rein.« Sie hob
drohend die schmale Hand, was aber niemanden erschreckte.
    »Nicht mal wenn du 42 Grad
Fieber hättest«, sagte Tim, »würde ich deine Wahrnehmung anzweifeln, Pfote.
Aber jetzt stehst du ja neben dir wie ein geklonter Zwilling.«
    Aus großen blauen Augen sah
Gaby ihn an. »Sie haben was miteinander. Und wie! Unfasslich!«
    »Wer?«
    »Tatjana und Erik.« Gaby
flüsterte.
    »Welcher Erik?«, fragte
Klößchen, denn Erik Salk, der Lehrer, konnte unmöglich gemeint sein.
    »Wie viele Eriks kennst du?!«,
fuhr Gaby ihn an.
    »Äh... eigentlich nur...
unseren.«
    »Na also!«
    »Moment mal«, sagte Tim,
richtete sich auf die Knie auf und legte Gaby die Hände rechts und links an die
Schultern. »Willst du damit sagen, dass unser hochverehrter Trainer mit Tatjana
Fender... was hat?«
    Gaby nickte heftig. »Ich habe
mir die Haare noch gewaschen und geföhnt. Deshalb dachte ich, ich wäre wohl die
Letzte. Tatjana und Erik Salk haben offenbar gedacht, sie wären die
Letzten. Als ich am Umkleideraum der Mädchen vorbeiging, war die Tür spaltweit
offen. Ich hörte ein Geräusch. Also habe ich reingeguckt. Dass ich dabei
mäuschenleise war, ist ohne Absicht gewesen. Aber bemerkt hätten sie mich wohl
in keinem Falle. Ich hätte auch singen können.« Gaby seufzte schwer.
    »Ich wage gar nicht zu fragen,
was du gesehen hast«, sagte Tim.
    »Sie haben sich umschlungen,
Häuptling. Wäre es ein Ringkampf gewesen, hätte sich der Schiedsrichter
eingemischt. Sie haben sich geküsst! Nein, geknutscht! Mit Hingabe. Ich dachte,
mir fallen die Augen raus.«
    Niemand grinst,
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