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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel
Autoren: Stefan Wolf
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Zigarette aus dem Päckchen, mit dem Anzünden ließ er sich Zeit.
    »Legen wir erst mal ein paar
Fakten auf den Tisch, Clausen. Sie haben einen Sohn. Mario ist 22 Jahre alt und
gilt als eins der größten europäischen Fußballtalente. Zurzeit spielt er beim
AC Avanti, dem italienischen Vorzeigeverein.«
    Avanti war in der letzten
Saison der Gewinner der Champions League geworden, was man hauptsächlich Mario
Clausen zu verdanken hatte.
    »Zwar sagt man Ihrem Sohn
nach«, fuhr Wilson fort, »dass er ein bisschen nervenschwach ist — seelisch
empfindsam, verletzlich wie eine Mimose — , aber mit dem Ball kann er zaubern.
So weit, so schön.«
    »Und?«
    »Also, was mich betrifft, mir
ist Fußball so schietegal wie nur was. Doch Millionen, die ihren Hintern vor
der Glotze im Sessel breit drücken, laben sich an der Bolzerei, als hinge ihr
Seelenheil ab von Sieg oder Niederlage ihres Vereins. Und die Kicker, die
Stars, werden zu Halbgöttern. Egal wie dämlich sie oberhalb der Knie sind.
Richtig?«
    »Mein Sohn ist hochintelligent.
Und Fußball eins der interessantesten und anspruchsvollsten Spiele. Das wissen
Millionen Fans in aller Welt.«
    »Mag sein. Aber Mario ist
labil. Ein Charakter wie ein steuerloses Schiffchen in stürmischer See.«
    »Woher wollen Sie das wissen?
Kennen Sie ihn?«
    »Nicht persönlich. Aber ich
habe Informationen über ihn eingeholt. Oh ja!«
    »Was für Informationen? Und
weshalb?«
    »Den Grund erkläre ich später.
Die Infos waren leicht zu beschaffen. Ihre Familie ist ja in diesem Landstrich
bekannter als der höchste Berg. Wobei Ihnen der Sohnemann inzwischen den Rang
abläuft. Sie gelten als kaltherziger, bornierter Großkotz mit endlosem
Stammbaum. Ihr Sohn ist die Lichtgestalt auf dem grünen Rasen, schießt Tore am
laufenden Meter und wird entlohnt, als hätte er das Mittel gefunden gegen den
Hunger in der Welt, gegen die unheilbaren Krankheiten oder wenigstens einen
Weg, wie dieser Planet in naher Zukunft ohne Erdöl auskommt. Tja, auf Ihren
Sohn können Sie stolz sein, Clausen. Aber der gute Mario war nicht immer so ein
Vorbild.«
    Roberto schwieg. Das also war
es. Na schön! Mario hatte als Jugendlicher viel Ärger gemacht, hatte mit seinen
Kumpels Orgien gefeiert und bei verbotenen Straßenrennen mehr als einen Wagen
zu Klump gefahren — wobei es freilich niemals Verletzte gegeben hatte. Aber
massenhaft Zoff mit der Polizei. Roberto hatte immer wieder Geld und Einfluss
einsetzen müssen, um seinen halbwüchsigen Sohn vor schlimmen Folgen zu
bewahren.
    Das wusste hier jedermann. Die
einen ballten die Faust in der Tasche, die andern zuckten die Achseln, die dritten
vergaßen und huldigten dem Fußballidol. Eins war jedenfalls klar: kein Boden
für eine Erpressung. Wilson, für den das alles neu sein mochte, würde sich
lächerlich machen.
    »Mario war ein wildes Kind«,
sagte Roberto mit fast zärtlicher Stimme. »Ein Kind ohne Mutter. Und zu sehr
von mir verwöhnt. Aber er hat sich gefangen. Und heute bin ich in der Tat sehr
stolz auf ihn.«

    Wilsons Grinsen war zum
Reinhauen. »Ich dachte, Clausen, spätestens jetzt würden einige Bedenken bei
Ihnen wach werden. Nein? Haben Sie denn ganz vergessen, dass die Casa Corto«,
so wurde das alte Haus aus Natursteinen genannt, das Wilson erworben hatte,
»vor sechs — auch noch vor fünf Jahren Marios Hauptquartier war? Dort hat er
mit seinen Kumpels ausschweifende Feste gefeiert und schlimme Sachen
angestellt. Sie, Clausen, haben ihm diese Spielwiese überlassen und die Augen
fest zugemacht. Mario und seine Typen waren ja weit ab vom Schuss. Sie ahnungsloser
Papa! Wissen Sie wirklich nicht, was dort lief?«
    Roberto hatte sich im Griff.
Seine Miene blieb gelassen. Aber eine kalte Strömung schien sich breit zu
machen im Raubritterblut. War da was in der Casa Corto, wovon er keine Ahnung
hatte? Mario wusste gar nicht, dass dieses Anwesen verkauft war. Solche
Nichtigkeiten gehörten nicht zum Gesprächsstoff zwischen Vater und Sohn, zumal
Mario nur noch selten nach Hause kam. Er war unterwegs. Er machte seinen Job.
Momentan befand er sich in dieser deutschen Millionenstadt, wo seine Freundin
lebte. Dort im Stadion würde zu Beginn der neuen Saison das erste, Champions
League Spiel die Fans von den Sitzen reißen. Aber nun? Was führte der verdammte
Engländer im Schilde?
    Wilsons Grinsen wurde
genüsslich. »Wussten Sie, dass ich gärtnere? Ja, im Ernst. Ich grabe den Boden
um, pflanze und säe, setze Beerensträucher und
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