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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz
Autoren: Ake Edwardson
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lachen konnte.
    »Und so willst du also weitermachen?«
    »Es ist ein Einsatz. Wie die Amerikaner von der Drogenbekämpfung sagen: Das ist ein Krieg, den du nicht gewinnen kannst, aber kämpfen musst du.«
    Diesmal lachte sie nicht, er hatte jedoch den Eindruck, dass sie lächelte.
    »Wie viele solcher Frieden stiftenden Einsätze hast du im letzten halben Jahr geleistet? Na, lassen wir das. Du hast gesagt, du hast über deine berufliche Zukunft nachgedacht.«
    »Ja.«
    »Ja?«
    Wie sollte er es aussprechen. Es klang so merkwürdig, fast noch sonderbarer als das, womit er sich jetzt beschäftigte.
    »Ich kriege vielleicht einen Job in der Stadt.«
    »Ja?«
    »Beim NK.«
    »Dem Kaufhaus? Erzähle! Muss ich dir denn jedes Wort aus der Nase ziehen?«
    Wide holte Luft durch die Nase und stieß sie aus.
    »Sie brauchen mehr Sicherheit. Ein alter Kollege von mir hat mir den Tipp gegeben und letzte Woche hat einer der leitenden Manager angerufen. Wir haben ein Gespräch vereinbart.«
    »Mehr Sicherheit? Was soll das bedeuten?«
    »Sie haben Probleme mit Ladendiebstählen. Es besteht sogar der Verdacht, jemand vom Personal könnte dafür verantwortlich sein. Außerdem geht es um Fluchtwege im Falle eines Brandes und so was. Mehr weiß ich noch nicht.«
    »Hast du NK gesagt?«
    »Ja, auf der Östra Hamn …«
    »Schon gut, also das NK. Wird das anständig bezahlt?«
    Er wusste, dass die Frage früh kommen würde. Sie hatte Recht. Es war eine Frage, die früh gestellt werden musste.
    »Das weiß ich nicht, so weit sind wir noch nicht. Es ist ja noch nichts entschieden. Sie brauchen einen Sicherheitsberater, wie sie es nennen – eine Art Sicherheitschef, würde ich das vielleicht nennen.«
    »Und sie wollen dich?«
    »Scheint so. Frag mich nicht, warum.«
    »Du musst eine Weile nüchtern gewesen sein.«
    »Wundert dich das?«
    »Ja. Nein. Entschuldige, Jonathan. Aber das klingt wirklich großartig.«
    Er hörte den Zweifel in ihrer Stimme: Das würde er ja doch nicht schaffen. Oder wurde sie plötzlich unsicher angesichts einer Veränderung in seinem und ihrer beider Leben? Brauchte sie ihn als Buhmann, um daraus Kraft zu ziehen?
    »Ich weiß nicht, ob es wirklich das Richtige für mich ist. Ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen.«
    »Aber du bekommst den Job, wenn du ihn willst?«
    »Wir müssen noch über Arbeitszeit und Bezahlung verhandeln. Und andere Details.«
    »Geregelte Arbeitszeiten.«
    »Ja, was immer damit gemeint sein mag.«
    »Schneidige Uniform.«
    »Ha, ha.«
    »Flottes Käppi.«
    »Ha, ha.«
    »Ein netter kleiner Posten am Eingang, neben der Parfümabteilung.«
    »Noch mal ha, ha.«
    Plötzlich spürte er, dass sie ihm ein wenig Wärme entgegenbrachte, zum ersten Mal seit der Trennung.
    »Mach das. Nimm den Job an. Genau so was brauchst du.«
    »Mal sehen. Jedenfalls hab ich mir einen neuen Anzug gekauft.«
    »Lehn das nicht ab. Und ruf mich an. Tschüs.«
    Er saß da mit dem Hörer in der Hand, legte ihn vorsichtig auf die altmodische Gabel und brachte dann die Leisten an der Decke in Elsas Zimmer an.
     
    Himmel, was hatte er getan. In der Straßenbahn fühlte er die Blicke: Sie wussten es, sie sahen es ihm an, sie sahen den Beutel, den er bei sich trug, ganz bestimmt wussten sie es. Beim Dom stieg er aus, um sich etwas zu beruhigen, ging über Kungshöjd zum Järntorget und wartete auf die nächste Bahn. Er wartete auch auf die Reaktionen seines Körpers. Jetzt. Er spürte, dass sich in seinem Innern etwas tat.
    Jetzt war er ruhig. Er war froh, nein, das war nicht der richtige Ausdruck: Er fühlte sich heiter und gelassen, so war es. Plötzlich war er ganz entspannt.
    Während des letzten Teils der Fahrt schaute er aus dem Fenster, sah nichts Besonderes, sah nur Dunkel und Licht vorbeisausen.
    Er betrat seine Wohnung. In den letzten Minuten hatte er sie vermisst. Nie hätte er geglaubt, dass er einmal so empfinden würde. Im vergangenen Jahr war er unaufhörlich durch die Stadt, durch die Parks gewandert. Im Palmenhaus konnte er verweilen. Nur zehn Minuten von zu Hause entfernt. Und immer kam er hier ins Grübeln. Einmal ertappte er sich dabei, dass er laut mit sich selbst redete. Das war ein erschreckendes Erlebnis. Es war ihm peinlich gewesen und er hatte sich schnell umgesehen, aber niemand schien ihn gehört zu haben.
    Dass es so leicht sein würde. Mitten in der Stadt. Fast war er enttäuscht, aber er wusste, dass es so leicht gewesen war, weil er es so gut vorbereitet, so genau
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