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Gefuehlschaos inklusive

Gefuehlschaos inklusive

Titel: Gefuehlschaos inklusive
Autoren: Sabine Richling
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Telefonnummer oder wenigstens deinen Namen, irgendetwas. Mein Gott, er kann doch nicht einfach so gehen! Er geht. Schlagartig vergeht mir die Lust und ich will auch aufbrechen. Ich rutsche vom Hocker herunter und greife nach meiner Jacke.
    „Hör mal, Sandra, ich möchte jetzt gerne gehen.“
    „Was, jetzt schon? Kommt nicht infrage, du bleibst!“
    Sie zerrt mich am Arm zurück und hält mich fest.
    „Du brauchst noch ein paar Gläser Wein, um etwas lockerer zu werden.“
    Sie winkt den Barkeaper heran und gibt die Bestellung auf.
     
    Am nächsten Morgen habe ich einen Kopf, der sich anfühlt, als wäre ich von einer Dampfwalze überrollt worden. Ich suche die ganze Wohnung nach Sandra ab, aber sie ist nicht da. Auf dem Küchentisch finde ich einen Zettel neben zwei Aspirintabletten liegen.
     
    Guten Morgen, du Schnapsleiche. Du hast gestern Abend schmutzige Lieder gesungen. Stefan war begeistert von dir. Falls du mich vermissen solltest, ich bin bei Henry. Du weißt ja, wo alles steht. Gruß Sandra.
     
    Bei Henry? Wer ist das? Und wer ist Stefan? Unglücklicherweise kann ich mich an nichts mehr erinnern. Hoffentlich bin ich nicht unangenehm aufgefallen. Ich fülle mir ein Glas mit etwas Wasser und löse die Aspirintabletten darin auf. Das war also der Beginn meines Singlelebens. Es kann nur besser werden.

 
Ich glaub mich laust der Affe
     
    Am nächsten Morgen sitze ich im Büro, als wäre nichts gewesen. Im Grunde ist auch nichts gewesen, außer einer unruhigen Nacht, der Trennung von Ullrich und Dutzender Aspirin-Tabletten, die meinen donnernden Kopfschmerz im Zaum halten sollten. Leider haben die Tabletten mir nur zu einer heftigen Übelkeit verholfen und zu einem längeren Verweilen auf der Toilettenschüssel. Jetzt brüte ich über meiner Arbeit und bringe nichts Sinnvolles zustande. Herr Ruhland, mein Chef, ist an diesem Morgen auffallend lästig. Er schüttet mich mit Arbeit zu und stolziert alle Viertelstunde in mein Büro. Das macht es außerordentlich schwer, in Ruhe vor mich hinzusinnieren. Dieser Tag verspricht Überstunden, soviel ist klar.
    Gegen neunzehn Uhr haben meine Kollegen schon längst den Feierabend eingeläutet. Nur Herr Ruhland und ich verweilen noch im Büro. Ich bin ja auch selbst schuld. Schließlich bin ich krank, äußerst liebeskrank. Ich habe mal gelesen, dass mit Liebeskummer nicht zu spaßen ist und dass man sich unbedingt eine kurze Auszeit gönnen sollte, wenn man sich in diesem schwermütigen Zustand befindet. Eine halbe Stunde später entschließe ich mich endlich zu dieser kleinen Auszeit und packe meine Sachen zusammen. Doch Herr Ruhland tritt in meinen Raum, als hätte er geahnt, dass ich aufbrechen möchte.
    „Wollen Sie schon gehen, Frau Sander?“
    Schon? Der hat wohl die Zeit aus den Augen verloren .
    „Es ist fast halb acht“, bemerke ich leicht angepiekt. „Ich denke, ich habe meinen Feierabend verdient.“
    „Ist denn der Petersen-Fall bereits erledigt?“
    „Ja, Herr Ruhland, der liegt längst auf Ihrem Tisch.“
    „Und die Kahrmann-Akte?“
    „Ebenfalls.“
    „Gute Arbeit, Frau Sander. Dann machen Sie mal Feierabend. Ich brauche Sie aber morgen schon wieder früh im Büro. Hoffentlich können Sie das einrichten.“
    Was bildet der sich eigentlich ein, so über meine Zeit zu verfügen?
    „Haben Sie schon gegessen?“, fragt er mich plötzlich. „Vielleicht hätten Sie Lust, mit mir beim Italiener um die Ecke zu speisen?“
    Er sieht mich erwartungsvoll an und mir bleibt die Spucke weg.
    Ich hab mich wohl verhört? Also gut, Herr Ruhland sieht nicht schlecht aus, ist eine gute Partie so um die vierzig, Single und hat Augen, in denen man versinken kann. Aber er ist mein Chef. Und damit ist ja wohl alles geklärt. Auf keinen Fall werde ich mit ihm essen gehen.
    „Ich sehe, Sie sind etwas irritiert. Wenn ich Sie mit meiner Frage aus der Fassung gebracht habe, bedauere ich das außerordentlich. Ich betrachte dies als Geschäftsessen. Wir hätten das Nützliche mit dem Praktischen verbinden und beim Essen nochmals ein paar Akten durchsprechen können.“
    „Vielen Dank für Ihr freundliches Angebot, aber ich habe heute Abend noch etwas vor“, antworte ich kühl. „Der Astro-Verein, dessen Mitglied ich bin, plant ein verlängertes Wochenende in den Bergen. Wir treffen uns heute zur Besprechung wichtiger Details.“
    „Ich sehe ein, dass dies nicht verschoben werden kann. Dann vielleicht ein andermal.“
    „Ja, vielen Dank, sehr gerne.“
    Schnell
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