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Gefangene des Meeres

Gefangene des Meeres

Titel: Gefangene des Meeres
Autoren: James White
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auf die Rücken schlagen, Witze erzählen, singen …
    Er versuchte nicht an Dickson und Radford und den Kapitänleutnant und die beiden Mädchen zu denken, deren Namen niemand wußte.
    Die Hauptsache, so erklärte er dem zähneklappernden Funker grimmig, sei, bis zur letzten möglichen Minute am Leben zu bleiben.
     

2
     
    Das Schiff hing, einer kleinen metallenen Blase gleich, scheinbar ohne Bewegung in einem schwarzen und unendlichen Meer, ganz allein und hilflos, wie es schien. Aber das Schiff war weder ohne Bewegung noch allein; es war nur so, daß seine Geschwindigkeit in Beziehung auf die nächsten Sterne zu gering war, um ohne weiteres erkennbar zu sein, und daß die Menge seiner Schwesterschiffe zu weit im Raum verstreut war, um das eine oder das andere zu sehen. Und innerhalb dieser einsamen metallenen Blase zählte man die Jahre und Tage nach einem historischen Ereignis, das nichts mit der Erde zu tun hatte.
    Seniorkapitän Deslann – Senior, weil er warm, wach und theoretisch im vollen Besitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte war, während alles das auf den anderen Kapitän nicht zutraf – blickte in der Kommandozentrale umher und versuchte sein noch nicht ganz aufgetautes Gehirn zur Hervorbringung einer Bemerkung zu veranlassen, die zugleich angenehm, autoritätsbewußt und nicht allzu dumm klingen sollte. Bis auf Gerrol war der Raum leer, denn die anderen hatten ihn taktvoll verlassen, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen, während er sich zu besinnen versuchte. Astrogator Gerrol schwebte respektvoll in der Mitte des Raumes, sagte nichts und wartete.
    »Wüßte ich es nicht besser«, sagte Deslann zuletzt, »würde ich sagen, wir hätten uns verirrt.«
    Eine angenehme Bemerkung, dachte er, aber dumm; unsäglich dumm…
    »Wir haben uns nicht verirrt«, antwortete Gerrol. »Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß in zehn Jahren große Kursabweichungen vorkommen können.«
    »Damit hatte ich gerechnet«, sagte Deslann, etwas weniger freundlich. »Wie ist die allgemeine Lage? Und welche Abweichungen haben Sie festgestellt?«
    Von der Flotte, die im Laufe von drei Jahren mit insgesamt 861 Schiffen von ihrer Heimatwelt gestartet war, erläuterte Gerrol, schien der größte Teil, nämlich über sechshundert Schiffe, auf dem richtigen Kurs und in richtiger Position zu liegen – eine Tatsache, die den Technikern des Leitsystems zu großem Ruhm gereichte. Er nannte Details über die Nachzügler, ihre Zahl, den Grad ihrer Abweichung und die geschätzten gegenwärtigen Positionen. Er erwähnte die beiden Schiffe, deren Antriebsaggregate ausgefallen waren, und die fünf anderen, die so weit vom Kurs abgewichen waren, daß die Treibstoffreserven für eine Kurskorrektur nicht mehr ausreichten, aber bei diesen verzichtete Gerrol auf Einzelheiten. Sie wußten beide, wie viele Leute jedes dieser Schiffe an Bord gehabt hatte.
    »Nach meiner Ansicht hätten wir im Zentrum der Flotte stationiert werden müssen«, fuhr Gerrol fort, »statt in der Mitte der ersten Welle. Es hätte unsere Arbeit bedeutend erleichtert. Schließlich navigieren wir für die gesamte Flotte …«
    »Sie navigieren für die Flotte«, unterbrach Deslann freundlich.
    »Sie haben die alleinige Verantwortung, also ist es nicht nötig, daß Sie die Ehre und das Verdienst mit anderen teilen. Und was unsere Position in der Vorausabteilung angeht, so mag der Grund dafür sein, daß man von Ihnen größere Anstrengungen bei Ihrer Navigation erwartete, wenn Sie als erster unter einem Fehler zu leiden haben. Unsere Psychologen haben manchmal komische Einfälle.«
    »Das haben sie in der Tat«, sagte Gerrol mit Gefühl.
    Zum Beispiel das Verbot aller persönlichen Kontakte zwischen den zwei Kapitänen bemannter Schiffe. Während Kapitän Deslann noch erwärmt wurde, hatte man Kapitän Gunt bereits gekühlt, weil die Psychologen der Ansicht waren, ein Kapitän müsse auf seinem Schiff die einzige Autorität sein. Sie behaupteten, daß Disziplin und Moral ernsthaft gefährdet würden, wenn ein Schiff auch nur für kurze Zeit zwei leitende und gleichberechtigte Persönlichkeiten besäße. Abgesehen von den Auswirkungen auf die Mannschaft bestand auch die Möglichkeit, daß die beiden höchsten Autoritäten über die Lösung eines Problems verschiedene Meinungen haben und diese auf gewaltsame Weise vertreten könnten. Genauso und um entgegengesetzten Eventualitäten vorzubeugen, war es den zwei Kapitänen verboten, schriftliche oder auf Band
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