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Gefangene deiner Dunkelheit

Titel: Gefangene deiner Dunkelheit
Autoren: Christine Feehan
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schloss, befand er sich in einer Grube, umgeben von Schatten und roten Augen, die ihn hungrig anstarrten.
    Vielleicht war es nur eine Illusion. Alles. Wo er war. Die leuchtenden Farben. Die Schatten. Vielleicht war sein Wunsch nach einer Gefährtin des Lebens so stark, dass er sich in seiner Fantasie eine erschaffen hatte. Oder schlimmer noch – ein Vampir hatte eine für ihn erschaffen.
    Manolito. Du bist zu früh aufgewacht. Du solltest noch ein paar Wochen länger in der Erde ruhen. Gregory sagte, wir sollten dafür sorgen, dass du dich nicht zu früh erhebst.
    Manolito riss die Augen auf und sah sich misstrauisch um. Die Stimme hatte den gleichen Klang wie die seines jüngsten Bruders Riordan, war aber verzerrt und langsam und jedes Wort so stark gedehnt, dass sie, statt ihm vertraut zu erscheinen, geradezu dämonisch klang. Manolito schüttelte den Kopf und versuchte aufzustehen. Aber sein sonst so geschmeidiger und kräftiger Körper fühlte sich ganz eigenartig ungelenk und fremd an, als er auf die Knie zurückfiel, weil er nicht die Kraft hatte zu stehen. Sein Magen zog sich zusammen, und Übelkeit stieg wieder in ihm auf. Das Brennen verbreitete sich in seinem Kreislauf.
    Riordan. Ich weiß nicht, was mit mir geschieht. Er benutzte den Kommunikationsweg, auf dem nur er und sein jüngster Bruder sich verständigten. Und er war sehr sorgfältig darauf bedacht, nichts von seiner Energie von diesem Pfad abweichen zu lassen. Denn sollte dies hier eine raffinierte Falle sein, wollte er Riordan nicht mit hineinziehen. Dazu liebte er seinen Bruder viel zu sehr.
    Bei dem Gedanken stockte ihm das Herz.
    Liebe.
    Er empfand Liebe für seine Brüder! Und eine so überwältigende, reale und intensive Liebe, dass es ihm den Atem raubte, als hätte sich das Gefühl im Laufe der Jahrhunderte hinter einer stabilen Barriere, wo er es nicht erreichen konnte, angesammelt und immer mehr gefestigt. Es gab nur einen Menschen auf der Welt, der wieder Gefühle in ihm wecken konnte. Die Frau, auf die er Jahrhunderte gewartet hatte.
    Seine Gefährtin des Lebens.
    Er presste seine Hand ganz fest auf seine Brust. Jetzt konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass sie real war. Die Fähigkeit, Farben zu sehen, Gefühle zu verspüren: All die Sinne, die er in den ersten zweihundert Jahren seines Lebens verloren hatte, waren ihm zurückgegeben worden. Von ihr.
    Aber warum konnte er sich dann nicht an die wichtigste Frau in seinem Leben erinnern? Warum konnte er sie sich nicht vorstellen? Und warum waren sie getrennt? Wo war sie?
    Du musst wieder unter die Erde, Manolito. Du kannst noch nicht zurück. Du hast einen langen Weg vom Baum der Seelen hinter dir. Aber deine Reise ist noch nicht beendet. Du musst dir noch mehr Zeit lassen.
    Manolito zog sich augenblicklich aus der Reichweite seines Bruders zurück. Es war der richtige Verständigungsweg, und auch die Stimme wäre dieselbe, wenn sie nicht so langsam wäre. Aber die Worte... die Erklärung war völlig falsch gewesen. Es musste so sein. Man konnte nicht zum Baum der Seelen gehen, solange man nicht tot war. Und er war nicht tot. Sein Herz pochte laut – zu laut. Und auch der Schmerz in seinem Körper war real. Er war vergiftet worden. Das Brennen verriet ihm, dass sich das Gift noch immer in seinem Kreislaufbefand. Doch wie konnte das sein, wenn er richtig behandelt worden war? Gregori war der größte Heiler, den das karpatianische Volk je gekannt hatte. Er hätte nicht zugelassen, dass Gift in Manolitos Körper zurückblieb, egal, wie viel er selbst dabei riskierte.
    Manolito zog sein Hemd hoch und starrte auf die Narben an seiner Brust. Karpatianer behielten fast nie Narben zurück. Die Wunde befand sich über seinem Herzen und war von einer hässlichen, ausgezackten Narbe bedeckt, die Bände sprach. Es war ein tödlicher Messerstich gewesen.
    Konnte das wahr sein? War er gestorben und in die Welt der Lebenden zurückgeholt worden ? Von einer solchen Leistung hatte er noch nie gehört. Gerüchte über solche Dinge gab es natürlich viele, aber er hatte nicht gewusst, dass es tatsächlich möglich war. Und was war mit seiner Gefährtin? Sie würde ihn doch begleitet haben auf der Reise. Panik vermischte sich mit seiner Verwirrung und dem Kummer, der ihm so schwer zu schaffen machte.
    Manolito.
    Riordans Stimme klang jetzt fordernder, war jedoch nach wie vor verzerrt und langsam.
    Manolito riss den Kopf hoch und begann zu zittern. Die Schatten fingen wieder an, sich zu bewegen, und
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