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Gefangen in der Schreckenskammer

Gefangen in der Schreckenskammer

Titel: Gefangen in der Schreckenskammer
Autoren: Stefan Wolf
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mit den Horror-Mönchen“,
meinte Klößchen, „ist doch nicht ernst zu nehmen.“
    „Weiß man’s?! Herr Glockner nimmt es
ernst. Tschüs!“ Tim fetzte los. Unten, am Portal des Haupthauses, prallte er
mit dem Vertrauensschüler Horst Obermeier zusammen.
    Auch so einer, der ihm nicht schmeckte.
Nicht riechen und nicht sehen konnte er den. Und nicht von ungefähr war Obermeier
mit Feindt befreundet. Daß man den 18jährigen aus der 12. Klasse zum
Vertrauensschüler gewählt hatte, konnte nur ein Versehen sein.
    Obermeier schloß gerade die Tür ab.
    „Mach noch mal auf“, sagte Tim. „Ich
muß weg.“
    „Du mußt weg? Hört, hört! Peter
Carsten, auch Tarzan geheißen, muß weg. Die Nacht bricht an, und da muß das
junge Gemüse in den Nachtklub, wie?“
    „Red nicht so blöd, Obermeier. Außerdem
heißt mich niemand mehr Tarzan. Ich bin Tim. Klar? Mach jetzt auf. Mein
Stadtgang ist bewilligt.“
    „Bewilligt? Von wem?“

    Obermeier war fast so groß wie Feindt,
aber dürr. Von seinem runden Bauernschädel standen die Ohren ab. Beim Sport
galt er als völlige Niete. Wenn über ihn gelacht wurde, konnte er
fuchsteufelswild werden. Er vertrug nicht den kleinsten Witz auf seine Kosten.
Am schlimmsten aber litt er unter seinen Mißerfolgen bei den Mädchen. Keine
mochte ihn. Karl, der Computer, hatte Obermeiers Bemühungen aufgelistet —
heimlich. 37 Mädchen hatte der Vertrauensschüler umworben, aber keine als
Freundin erobert.
    Klößchen vermutete, es liege an seinen
schlechten Zähnen und daran, daß er immer schweißige Hände habe.
    „Hartholz hat’s bewilligt. Los jetzt!“
sagte Tim.
    „Hast du das schriftlich, Tarzan?“
    „Ich heiße Tim.“ Er packte Obermeiers
Handgelenk und riß ihm den Schlüssel weg.
    Obermeier wollte sich wehren, unterließ
es aber rechtzeitig. Es wäre nicht gut für ihn ausgegangen.
    Tim schloß auf und stürmte hinaus.
    „Brich dir den Hals, Tarzan Carsten!“
rief Obermeier.
    Ein untadeliger Vertrauensschüler!
dachte Tim. Himmel, haben wir hier Typen!
    Er lief zum Fahrradkeller, wo
Hausmeister Mandl soeben abschließen wollte. Tim erklärte ihm, daß er seinen
rennmäßigen Drahtesel unbedingt brauche.
    Mandl lachte und fragte, ob Tim seine
Freundin Gaby besuchen wolle.
    „Also, Gaby betrifft es“, sagte Tim
ernst. „Insofern liegen Sie richtig. Gute Nacht!“
    Er brauste los. Schaurig empfing ihn
die Nacht. Ein schwarzer Himmel verbarg Sterne und Weltenraum. Seit Anbruch der
Dunkelheit war es noch kälter geworden. Der Matsch auf der Fahrbahn wurde
fester. Überfrierende Nässe hieß das im Wetterbericht, der zur Zeit vor allem
die Autofahrer warnte.
    Aber Tim hatte es noch schwerer. Bei
seinem Höllentempo flutschten die dünnen Rennradreifen wie über Öl. Zweimal
mußte er abspringen, sonst hätte er einen Sturz gebaut.
    Die Schneedecke auf den Feldern bestand
nur noch aus Löchern. Der schwarze Boden schimmerte durch. Nebel waberte, und
viel Nässe fiel aus den Wolken.
    Tim erreichte die Stadt, preschte durch
menschenleere Straßen und kam schließlich zum Kardinal-Reifl-Platz, wo die
Rollerbahn war und sechs Straßen abzweigten.
    Er stieg ab. Diese Gegend gehörte zur
Innenstadt und verödete nachts. Nur in der Eckkneipe drüben war noch Betrieb.
Männerstimmen johlten, und eben torkelte ein Betrunkener ins Freie. Er umarmte
eine Laterne und begann, in seinen Taschen zu wühlen. Vielleicht suchte er den
Autoschlüssel.
    Der Eingang zur Rollerbahn führte über
einen Hof. Dort konnten die Tretmühlen parken, und an einer Mauer waren zwei
oder drei Abfallkörbe angebracht.
    Es gab kein Tor, nur einen Durchgang.
Tim schob sein Rad. Hinter die Mauer reichte kein Laternenschein. Deshalb sah
er für einen Moment nichts. Aber er hörte tappende Schritte.
    Blech klapperte. Es klang, als werde
der Deckel einer Mülltonne geöffnet.
    Tim nahm seine kleine Taschenlampe aus
der Satteltasche.
    Die Schritte schlurften weiter.
    Er knipste die Lampe an und richtete
den Strahl in die Geräuschecke.
    „Heh!“ knurrte eine Stimme.
    Tim leuchtete einen großen Kerl an. Er
trug einen Mantel, an dem sich die Motten sattgefressen hatten. Zotteliges Haar
hing auf den Kragen, auf die Mantelaufschläge ein Vollbart. Im Gesicht
glitzerten unruhige Augen.

    Der Penner hatte eine Mülltonne
untersucht. Entweder konnte er im Dunkeln sehen wie ein Steinkauz, oder er
verließ sich nur auf seine Nase. Da er vermutlich nach Speiseresten suchte,
konnte sie hilfreich sein.
    „Was machen
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