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Gefangen in der Schreckenskammer

Gefangen in der Schreckenskammer

Titel: Gefangen in der Schreckenskammer
Autoren: Stefan Wolf
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nicht.
    Langsam fuhr Margot die Straße entlang —
in die Richtung, aus der sie jedesmal kam, wenn sie Gaby vom Hallenbad abholte.
    Sie sah einen Penner, der in
Papierkörben stöberte, einen alten Mann mit Gehstock, und zwei Jogger, die zum
Stadtpark trabten. Keine Spur von Gaby.
    Margots Unruhe wuchs.
    War Gaby doch mit dem Bus gefahren?
Dann mußte sie inzwischen zu Hause sein.
    Als Margot in der hübschen
Altstadtwohnung ankam, in der Glockners wohnten, brannten zwar in ihrem
Geschäft - im Erdgeschoß — noch die Lichter, aber oben in der Wohnung waren
alle Fenster dunkel.
    Oskar, das vierbeinige
Familienmitglied, schlief. Und Margots Ehemann, der Kommissar, würde heute
nicht heimkommen. Er hatte Nachtdienst im Polizeipräsidium.
    Vielleicht, dachte Margot, ist sie im
Bad.
    Aber ihr war schon ganz flau vor lauter
Sorge.
    Als sie die Wohnungstür aufschloß,
umgab die Stille sie wie eine Bedrohung.
    Oskar hatte in seinem Körbchen
geschnarcht. Jetzt tappten vier Hundepfoten eilig heran. Der Cocker Spaniel
fiepte freudig und sprang an seinem Frauchen hoch, was er eigentlich nicht
durfte, aber sicherlich niemals lernen würde.
    „Oskar!“ Sie tätschelte ihn. „War Gaby
hier? Nein, du kannst mir nichts sagen. Leider nicht.“
    Sie hatte Licht gemacht, sah ins Bad.
Hing Gabys Schwimmanzug über der Wanne? Nein. Auch das Handtuch nicht.
    Margot zögerte nur noch einen Moment,
dann rief sie ihren Mann an.
    Emil Glockner war in seinem Büro.
Margot bemühte sich, ihre Aufregung zu unterdrücken, während sie erzählte.
    „Es ist richtig, Schatz, daß du mich
verständigst“, sagte er. „Bestimmt klärt es sich als harmlos auf. Unser
Liebling ist bei einer Freundin, oder die Jungs haben sie abgeholt. Oder
irgendwas Sensationelles ist ihr so auf den Geist geschlagen, daß sie deinen
Abholdienst vergessen hat. Jedenfalls... also, ruf du bei ihren Klassenkameradinnen
an. Und bei den Mädchen aus dem Schwimmclub. Ich übernehme Tim, Karl und
Klößchen.“
    Um Margot nicht zusätzlich zu
beunruhigen, ließ er unerwähnt, daß er sofort sämtliche Streifenwagen in der
Stadt anweisen würde, nach Gaby Ausschau zu halten.

2. Schreckensnachricht
     
    In der Internatsschule, weit draußen
vor der Stadt, bereitete man sich auf die Nacht vor.
    Es war zwar noch nicht mal halb neun,
aber für die jüngeren Schüler bedeutete das: Der Tag ist zu Ende. Und wehe,
irgendwer liest noch heimlich im Bett!
    Im ADLERNEST zeigte das
Zimmerthermometer 29 Grad. Klößchen hatte die Heizung voll aufgedreht. Seit dem
Abendessen lag er auf dem Bett, weil er keine bequemere Haltung kannte. Er
futterte Schokolade, starrte zur Zimmerdecke und bewegte ab und zu die große
Zehe, die linke.
    Tim kam herein. Er hatte in der
Turnhalle trainiert, dann geduscht, war jetzt im Bademantel und rubbelte sich
die dunklen Locken mit dem Handtuch. Die Dusche — kalt, natürlich — hatte ihn
enorm erfrischt. Auf Nachtruhe stand ihm überhaupt nicht der Sinn.
    Hitze wallte ihm entgegen.
    „Mensch, Willi! Was ist denn hier los?
Wir wohnen im Adlernest, nicht im Backofen. Willst du Speck abschmelzen statt
ihn wegzutrainieren? Oder mußt du tiefgefrorene Schokolade auftauen?“

    „Gefrorene Schokolade? Um Gottes
willen!“ Klößchen wurde blaß. „Das wäre ja Sünde!“
    „Weshalb ist es dann so heiß hier?“
    „Ich bevorzuge Gemütlichkeit. Dabei
kann ich besser nachdenken.“
    „Deine Gedanken werden anbrennen“,
meinte Tim und regulierte (in Ordnung bringen) die Heizung. „Woran
denkst du?“
    „An ein Mädchen.“
    „Aha!“
    „Gar nicht aha! Ich umkreise sie mit
meinen Gedanken, weil sie mir leid tut. Daß sie außerdem hübsch ist, dafür kann
ich nichts.“
    Tim stieg in seinen Pyjama und hängte
den Bademantel an die Tür.
    „Du meinst Natascha Senf?“
    Klößchen nickte. „Sie ist psychologisch
völlig von der Rolle, und...“
    „Du meinst, sie ist psychisch von der
Rolle. Psychisch heißt seelisch — betrifft also den inneren Menschen.
Psychologisch heißt seelenkundlich. Aber Natascha ist ja nicht als
Seelenkundige eine taube Nuß, sondern ihr innerer Mensch hängt über dem
Abgrund. Stimmt! Daß sie sich seit Tagen wie eine Fuhre Schwermut benimmt, ist
mir aufgefallen. Sie lacht nicht mal mehr im Keller. Selbst als du neulich im
Hallenbad beinahe die Badehose verloren hast, fand sie das gar nicht komisch.“
    „Ich auch nicht. Das verdammte
Gummiband war gerissen.“
    „Weil du zuviel Schokolade im Bauch
hast. Das hält kein
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