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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis
Autoren: Chiara Strazzulla
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ihn zu kamen, trotzdem recht eilig ab. Er war müde, die Reise von der Front nach Dardamen war lang gewesen und er hatte in den letzten Monaten zu viel Blutvergießen erlebt. Seit fünf Monaten hatte er seine Frau nicht mehr gesehen. Nun wollte er einfach nur so schnell wie möglich nach Hause, zu Sasha, zu Lyannen und zu seinen Töchtern. Er wollte den Schein-Frieden Dardamens genießen, bis ihn die Pflicht wieder aus der Weißen Hauptstadt abberufen würde.
    Vandriyans Heim lag ein wenig außerhalb der Stadt und grenzte direkt an den Wald. Es war ein großes weißes Haus, das von einem blühenden Garten umgeben war. Lanyan pfiff fröhlich vor sich hin, als er es in der Ferne auftauchen sah, und alle vier beschleunigten instinktiv ihre Schritte. Die Hecken rund um den Garten standen in voller Blüte, und die Sonne schien auf die Veranda, auf der eine Frauengestalt mit einem Buch auf den Knien saß. Ihre blonden Locken fielen offen über ihr türkisfarbenes Seidenkleid. Als die Männer näher kamen, tauchte eine
zweite Frau hinter der Hecke auf, die große weiße Blumen pflückte und zu einem üppigen Strauß sammelte.
    Vandriyan legte seine Hand an den Mund und rief laut: »Sasha!«
    Die Frau im Garten hob den Kopf, dann glitten ihr die Blumen aus der Hand. Barfuß rannte sie über das Gras auf die Männer zu und fiel dem Hauptmann um den Hals.
    »Vandriyan!«
    Sie küssten sich lange, während Vandriyans Söhne ihnen grinsend zusahen. Schließlich befreite sich Sasha aus Vandriyans Armen - und umarmte stattdessen ihre Söhne, einen nach dem anderen. Sashas blonde Locken tanzten um ihr Gesicht; sie sah aus wie die Fröhlichkeit in Person. »Ich hätte nicht gedacht, dass ihr so schnell zurück seid«, sagte sie leise an Vandriyan gewandt. »Wirklich nicht. Der Brief, der eure Rückkehr ankündigte, ist erst vor zwei Tagen eingetroffen. Aber Post von der Front trifft ja immer mit Verspätung ein; wieso habe ich das gar nicht bedacht? Nicht einmal eure Zimmer habe ich vorbereitet! Jetzt kommt erst einmal herein. Ihr seid ja so müde, dass ihr euch nicht mehr auf den Beinen halten könnt.« Sie wandte sich wieder dem Haus zu und rief: »Lenya! Lenya, komm her, dein Vater ist zurück!«
    Doch die junge Frau, die sie zuvor auf der Veranda hatten lesen sehen, hatte ihr Buch bereits im selben Moment hingelegt, als sie den Aufschrei ihrer Mutter gehört hatte. Jetzt stand sie vor den Männern, begierig, sie endlich auch begrüßen zu dürfen. »Ich sehe es«, sagte sie und umarmte ihren Vater fest. »Und ich sehe auch, dass es gegen alle Wahrscheinlichkeit noch jemand geschafft hat, heil und ganz von der Front heimzukehren«, fügte sie mit einem ironischen Seitenblick auf ihre Brüder an. »Du weißt schon, über wen wir gerade sprechen, nicht wahr,Tyhanar?«
    »Ich habe mich auf jeden Fall keinem Troll in den Rachen geworfen, wenn du darauf anspielen solltest, Lenya«, gab der mit beleidigter Miene zurück, doch dann musste er lachen. »Es ist
schön, dich zu sehen, Schwesterchen. Du wirst dich bestimmt tödlich gelangweilt haben ohne uns.«
    »Oh, so unentbehrlich bist du auch wieder nicht«, meinte Lenya und hakte sich bei ihm unter. »Aber ich werde deine Rückkehr als ein unvermeidliches Übel hinnehmen. Immer noch besser, als mir vorzustellen, dass du durch die Betten der Lazarettschwestern ziehst.«
    Sie gingen auf ihr Haus zu,Vandriyan und Sasha voraus, dahinter Tyhanar und Lenya und zuletzt Lanyan und Hilsir, die hinter dem Rücken ihres Bruders halblaut ihre Scherze machten. Die anderen Schwestern waren an Tür und Fenster geeilt und winkten ihnen zur Begrüßung zu.Vandriyan sog den Blumenduft tief in seine Lungen ein.Wie schön war es doch, wieder zu Hause zu sein; wie schön war es, wieder ein Heim zu haben, nach allem, was er gesehen und erlebt hatte, nach der langen Zeit, die er fort gewesen war.
    Vandriyan und Tyhanar setzten sich zusammen mit Lenya ins Wohnzimmer, während Sasha im Nachbarzimmer verschwand, um ihnen etwas zu trinken zu holen. Draußen alberten Hilsir und Lanyan mit ihren Schwestern herum und brüsteten sich mit ihren Heldentaten. Höchstwahrscheinlich würden sie damit erst aufhören, wenn sie wieder aufbrechen mussten, prophezeite Vandriyan, und bei jeder Wiederholung würde jedes ihrer Erlebnisse ein Stück abenteuerlicher werden. Aus einem kleinen Scharmützel mit zwei Goblins würde schließlich ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod mit einem ganzen Bataillon von Mörderdämonen
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