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Gefaehrliche Ueberraschung

Gefaehrliche Ueberraschung

Titel: Gefaehrliche Ueberraschung
Autoren: Mary Higgins Clark
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silbergrau.
    »Gegen sieben treffen wir uns hier wieder, Regan«, sagte er.
    »Nachdem wir deine Mutter ein bisschen aufgemuntert haben, gehen wir irgendwo gut essen.«
    Er grinste über Noras Gesichtsausdruck. »Du schwelgst geradezu in Mordlust, Schatz. Das betonen deine Rezensenten immer wieder.« Er winkte ihnen zu. »Bis heute Abend, Mädels.«
    Das war ein Versprechen, an dessen Einhaltung Luke gehindert werden sollte.

    Im Apartment 16B am Central Park South Nummer 211
    wurden die Räume für Weihnachten festlich geschmückt.
    »Deck the halls with boughs of holly«, sang Alvirah Meehan 11

    nicht ganz tongetreu, als sie einen kleinen Kranz um das Foto wand, das Willy und sie bei der Entgegennahme des Lotteriegewinns von vierzig Millionen Dollar zeigte, der ihr Leben für immer verändert hatte.
    Das Foto erinnerte sie lebhaft an den sagenhaften Abend vor drei Jahren, an dem sie in ihrem winzigen Wohnzimmer in Flus-hing, Queens, saß, während Willy in seinem alten Clubsessel döste. Nach einem Tag harter Arbeit in Mrs. O’Keefes Haus hatte Alvirah ihre Füße gerade in einen Eimer mit warmem Wasser gesteckt, als Willy ähnlich fix und fertig nach Hause kam.
    Er hatte einen Rohrbruch in der Reinigung ein paar Häuser weiter repariert, nachdem sich rostbraunes Wasser über die frisch gereinigten Kleidungsstücke ergossen hatte. Und dann wurden im Fernsehen die Gewinnzahlen der Lotterie verlesen.
    Ich sehe total verändert aus, dachte Alvirah und betrachtete das Foto kopfschüttelnd. Ihre Haare, die sie sich jahrelang im Waschbecken des Badezimmers kupferrot gefärbt hatte, zeigten – dank Madame Judith – nun ein warmes Tizianrot, dezent aufgehellt durch goldene Strähnchen. Die lilafarbenen Polyester-Hosenanzüge waren längst von ihrer eleganten Freundin Baroness Min von Schreiber verbannt worden. Geblieben war natürlich ihr leicht vorstehender Unterkiefer, so hatte Gott sie nun einmal ge-schaffen, aber es war ihr gelungen, sich von einer Sechsundvier-zig auf eine Vierzig herunterzuhungern. Keine Frage: Sie sah zehn Jahre jünger und tausendmal besser aus als früher.
    Damals war ich sechzig und wirkte wie knapp siebzig. Jetzt bin ich dreiundsechzig und sehe keinen Tag älter aus als neun-undfünfzig, sagte sie sich höchst zufrieden. Willy hat allerdings auch damals schon proper und gut ausgesehen, fast elegant in seinem blauen Anzug aus dem Secondhandladen. Mit seinen blitzenden, blauen Augen und der schneeweißen Haarmähne erinnerte Willy jedermann an Tipp O’Neill, den legendären Sprecher des Repräsentantenhauses.
    12

    Alvirah seufzte. Der arme Willy. Zu dumm, dass es ihm so schlecht geht. Weihnachten sollte sich niemand mit Zahnschmer-zen herumschlagen müssen. Aber Dr. Jay wird ihn schon hinbe-kommen. Es war ein Riesenfehler, uns einen neuen Zahnarzt zu suchen, als Dr. Jay nach New Jersey zog, dachte Alvirah. Er hat Willy zu Kieferimplantaten überredet, obwohl das schon beim letzten Mal schief gegangen war. Aber es gibt schließlich Schlimmeres. Da brauchte man nur an Nora Regan Reilly zu denken.
    Im Radio hatte Alvirah gehört, dass sich ihre Lieblingsautorin in ihrem Apartment im Nebenhaus am Abend zuvor ein Bein gebrochen hatte, als sie mit dem Absatz in den Fransen eines Teppichs hängen blieb. Genau das ist Großmutter auch passiert, erinnerte sich Alvirah. Aber Großmutter trug keine hohen Ab-sätze. Sie war auf der Straße in Kaugummi getreten, und als der bei der Heimkehr an den Teppichfransen festklebte, fiel sie der Länge lang hin.
    »Hi, Schatz.« Willy trat aus dem Schlafzimmer in die Diele.
    Seine rechte Gesichtshälfte war geschwollen und seine Miene verriet, welche Qualen ihm das Implantat bereitete.
    Alvirah wusste, wie sie ihn aufheitern konnte. »Weißt du, was mich froh stimmt, Willy?«
    »Keine Ahnung, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen.«
    »Dass Doktor Jay dich von dem verdammten Implantat erlö-
    sen wird und es dir heute Abend schon wieder gut geht. Findest du nicht, dass es dir damit sehr viel besser geht als der armen Nora Regan Reilly, die wochenlang auf Krücken herumhumpeln muss?«
    Kopfschüttelnd bemühte sich Willy um ein klägliches Lä-
    cheln. »Ich frage mich wirklich, ob ich irgendwann irgendwelche Schmerzen haben kann, ohne dass du mir erklärst, wie glücklich ich mich schätzen muss. Selbst wenn ich Beulenpest bekäme, würdest du versuchen, mir Mitleid mit anderen Menschen einzureden.«
    13

    »Ja, mit mir«, lachte Alvirah.
    »Hast du bei der
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