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Gefaehrliche Ueberraschung

Gefaehrliche Ueberraschung

Titel: Gefaehrliche Ueberraschung
Autoren: Mary Higgins Clark
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von Baum nach Hause kommst?«
    »Das ist aber nicht sehr nett«, beschwerte sich Luke.
    »Nein, aber es stimmt«, beendete Nora das Thema. »Du siehst erschöpft aus, Luke. Wie wäre es, wenn du Goodloes Bestattung Austin überlässt? Er kann sich doch um alles kümmern.«
    Austin Grady war Lukes rechte Hand bei der Führung des flo-rierenden Bestattungsunternehmens. Im Laufe der Jahre hatte er Hunderte von Trauerfeiern durchgeführt, aber die heutige war ein bisschen heikel. Der dahingeschiedene Cuthbert Boniface Goodloe hatte den Löwenanteil seines Vermögens dem Blumen-und-Blüten-Verein von New Jersey hinterlassen. Sein Neffe und Fast-Namensvetter Cuthbert Boniface Dingle, bekannt als C. B., war über sein mageres Erbe offensichtlich verbittert. Nach der Verab-schiedung von dem teuren Verblichenen gestern Nachmittag war C. B. klammheimlich zum Sarg zurückgekehrt, wo ihn Luke dabei ertappte, wie er vergammelte Blätter und Stiele von Zimmer-pflanzen in die Ärmel des Nadelstreifenanzugs schob, den der anspruchsvolle Goodloe als seine letzte Hülle gewählt hatte.
    »Du liebst also Pflanzen?«, hörte Luke C. B. flüstern. »Hier hast du dein Grünzeug, du vertrottelter, alter Heuchler. Atme den Duft gut ein! Genieße ihn bis zum Jüngsten Tag!«
    Unbemerkt von C. B., der weiterhin vor der Leiche seines Onkels wütete, hatte sich Luke wieder entfernt. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass Trauernde Verstorbenen ihre Meinung sagten, aber erstmals unter der Benutzung von faulenden Pflanzen. Später hatte Luke das Grünzeug diskret wieder entfernt.
    Heute wollte er C. B. ganz genau im Auge behalten. Abgesehen davon, hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, mit Austin über den Zwischenfall zu sprechen.
    Luke fragte sich, ob er Nora vom grotesken Verhalten des Neffen erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. »Goodloe 9

    hat seine Trauerfeier drei Jahre lang auf das Genaueste vorbereitet«, sagte er stattdessen. »Wenn ich mich nicht zeige, wird er mich in meinen Träumen heimsuchen.«
    »Wenn das so ist, musst du natürlich dabei sein.« Noras Stimme klang schläfrig, sie schien kaum noch die Augen offen halten zu können. »Soll Dad dich nicht im Apartment absetzen, Regan? Die letzten Schmerztabletten, die sie mir gegeben haben, scheinen Schlafpillen gewesen zu sein.«
    »Ich würde lieber bleiben, bis deine Privatschwester hier ist«, entgegnete Regan. »Ich möchte mich überzeugen, dass gut für dich gesorgt wird.«
    »Na gut. Aber dann fährst du in die Wohnung und machst dich lang. Ich weiß doch, dass du im Flugzeug keine Sekunde schlafen kannst.«
    Regan, die als Privatdetektivin in Los Angeles lebte, hatte gerade ihre Sachen für den Flug nach Hawaii gepackt, als sie der Anruf ihres Vaters erreichte.
    »Deiner Mutter geht es gut«, begann er. »Aber sie hatte einen Unfall. Sie hat sich das Bein gebrochen.«
    »Sie hat sich das Bein gebrochen?«, wiederholte Regan fas-sungslos.
    »Ja. Wir wollten zu einem Schickimicki-Treffen im Plaza. Sie war schon ein bisschen spät dran, und ich ließ schon mal den Fahrstuhl kommen…«
    Dad und seine unsensiblen Taktiken, Mom zur Eile anzutrei-ben, dachte Regan.
    »Der Lift kam, aber nicht deine Mutter. Ich ging ins Apartment zurück und fand sie mit sonderbar verdrehtem Bein auf dem Boden liegend vor. Aber du kennst ja deine Mutter. Als Erstes wollte sie wissen, ob sie sich das Kleid zerrissen hat.«
    Typisch Mom, dachte Regan lächelnd.
    »Sie war die bestgekleidete Notfall-Patientin in der gesamten 10

    Geschichte des Krankenhauses«, kommentierte Luke.
    Regan nahm die leichten Sachen aus dem Koffer und ersetzte sie durch Winterkleidung, die für die Ostküste besser geeignet war. Buchstäblich außer Atem, schaffte sie den letzten Flug von Los Angeles nach New York City und machte auf ihrem Weg zum Krankenhaus einen kurzen Stopp in der Wohnung ihrer Eltern am Central Park South, um ihr Gepäck abzustellen.
    An der Tür des Krankenzimmers drehte sich Luke noch einmal um und lächelte die beiden Frauen an, die sich mit ihren blauen Augen und dem hellen Teint ungemein ähnlich sahen, aber andererseits sehr verschieden waren. Regan hatte das ra-benschwarze Haar der irischen Reillys, ein Erbteil der Spanier, die sich nach dem Sieg der Briten über die Armada in Irland niedergelassen hatten. Nora war blond und mit einssiebenund-fünfzig zehn Zentimeter kleiner als ihre Tochter. Mit einsfünfundachtzig überragte Luke beide. Sein ehemals schwarzes Haar war inzwischen
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