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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Autoren: Audrey Braun
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Lippen und für meine Augen.
    »Wir gehen nach oben«, ruft Jonathon. »Kommst du?«
    Das Taxi ist bereits wieder abgefahren.
    Langsam konzentriere ich mich wieder auf Jonathon. Er kämpft mit dem Gepäck, ein sanfter Wind fährt durch sein feines, dünner werdendes Haar.
    »Ja«, sage ich und trete einen Schritt auf ihn zu. Und dann noch einen, während sich das Leinen meiner Kleidung sanft im Wind bauscht.

2
    Das Einzige, was mir an dem Ferienapartment auffällt, ist der saubere, weiß geflieste Boden und die modernen Rattanmöbel. Ich suche also sofort meine Badesachen heraus und lasse alles andere in einem Haufen neben dem Gepäck auf dem Schlafzimmerboden liegen. Ich schlüpfe in den roten Bikini, den ich mir für die Reise gekauft habe, und streife die dünne, schokoladenbraune Strandjacke darüber. Ich gehe an Jonathon vorbei, der gerade in der Küche nachsieht, was sich in den Schränken befindet, und dann an Oliver, der im Wohnzimmer die Verkabelung des Fernsehers inspiziert, um herauszufinden, wie man ein Videospiel anschließen kann.
    Ich greife nach dem Türknauf und drehe mich um. »Bist du sicher, dass du keine Lust hast, eine Runde mit schwimmen zu kommen, Ollie?« Im gleichen Moment zucke ich zusammen. Warum hab ich ihn nur so genannt? Er hasst es, seit er zwölf ist.
    Oliver überrascht mich. Er lacht.
    »Ich weiß. Ich hatte es vergessen«, sage ich.
    »Kein Problem«, erwidert Oliver mit jenem Lächeln, bei dem man sein Grübchen so gut sieht, und mein Herz wird sowarm, dass es sich jeden Moment in Dampf auflösen müsste.
Kein Problem.
Er hätte genauso gut sagen können, dass er mich liebt.
    »Ich komme in einer Sekunde nach«, sagt Jonathon ohne aufzusehen und ich schließe die Tür hinter mir.
    Ich bin in Mexiko und klappere mit meinen Flipflops einen Weg aus Steinplatten entlang, der zum Pool führt. Es sind dreißig Grad. Die Sonne brennt. Es ist ein gutes Gefühl, mir das deutlich vor Augen zu halten. Langsam fange ich an, wieder frei durchzuatmen, nachdem ich monatelange die Luft in meine Lungen hineingesaugt habe, die sich angefühlt hatten, als seien sie voller Watte.
    Dann fällt mir wieder das BlackBerry ein und Jonathons Lächeln im Taxi. Neulich bin ich mal zufällig ins Schlafzimmer gekommen und da hat er gerade sein BlackBerry durch die Gegend geschleudert, was ich auch manchmal mache, aber für ihn ist das so untypisch. Eine Sekunde lang habe ich mich wirklich gefürchtet. Er hat sich die Schläfen gerieben und den gesenkten Kopf geschüttelt. Dann bemerkte er offensichtlich, dass ich dort stand und riss sich schnell zusammen. »Tut mir leid«, sagte er. »Bei dem Ding brechen immer wieder die Gespräche ab. Immerhin bin ich der Leiter einer Bank. Das kommt einfach nicht gut rüber.« Er hob das BlackBerry vom Boden auf. Das Gerät hatte eine Delle in der glänzenden weißen Holzdiele hinterlassen. »Diese Dinger kosten ein Vermögen. Es ist nicht entschuldbar, wenn sie nicht funktionieren.«
    Ich frage mich, ob er im Taxi wirklich der Bank eine SMS geschickt hat, oder ob das alles etwas mit einem seiner Investments zu tun hatte. Jonathon hat noch mehr Interessedaran, am Aktienmarkt zu spekulieren, als meine Mutter. Ich weiß immer genau, wenn er gerade mal wieder »gegen den Dow Jones spielt«, wie ich oft neckend sage, denn dann hat er kleine Schweißperlen auf der Oberlippe, während seine Finger wie vorsichtige Spinnen behutsam über die Tastatur seines Laptops kriechen. Mir kommt der Gedanke, dass er vielleicht eine Affäre hat. Ich stelle mir vor, wie ich seine Nachrichten durchsehe, während er duscht.
Zimmer 120. Kann es nicht erwarten, in dir zu sein. Die Warterei und all diese Heimlichtuerei bringen mich um.
Tief in meinem Innern vermute ich, dass ich wahrscheinlich nicht das Geringste finden würde und einen Augenblick lang bin ich mir nicht sicher, was mir mehr Sorgen macht.
    Der Pool ist ein lang gestrecktes Rechteck, dessen lapislazulifarbene Kacheln dem Wasser das künstliche Blau eines Toilettenreinigers verleihen, und doch wirkt er traumhaft schön und einladend. Eine ältere, birnenförmige Frau in einem schwarzen Einteiler mit weißen Tupfen liest Zeitung. Eine dunkle Sonnenbrille bedeckt fast ihr ganzes Gesicht. Ein Palapa, ein kleiner Pavillon mit einem Dach aus getrockneten Palmenblättern, spendet ihr den nötigen Schatten. Ein paar Stühle weiter sonnt sich ein tief brauner Mann mittleren Alters in einer blauen, ziemlich knappen Badehose, liest eine Ausgabe
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