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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Autoren: Audrey Braun
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scheint eine Sekunde zu brauchen, bevor er mich überhaupt erkennt, als wenn er mit seinen Gedanken meilenweit entfernt gewesen wäre und erst jetzt zurückkehrt.
    »Was ist los?«, will ich wissen.
    Er wirft einen Blick auf sein BlackBerry und hält es etwas von sich, um den Bildschirm ohne Brille entziffern zu können.
    »Was tust du?«, fahre ich ihn an. »Du hast nicht ein einziges Mal aus dem Fenster gesehen.«
    »Es gibt auch nichts zu sehen, Dad«, sagt Oliver, die Stirn immer noch gegen das Fenster gepresst, während er mit den Fingern an den Rändern des Sitzes zupft und das Vinyl unter uns zum Vibrieren bringt. Wie kann Oliver unser Gespräch überhaupt hören? Ich lege meine Hände auf seine. »Bitte.« Mit abfälliger Miene verdreht er die Augen, aber er hört auf.
    »Tut mir leid, Schatz«, sagt Jonathon. »Nur eine Kleinigkeit von der Arbeit, um die ich mich kümmern musste.« Er lächeltsein Lächeln. Das, mit dem er mich immer beruhigen will, doch in letzter Zeit führt es eher dazu, dass ich mich schlechter fühle. »Die Bank brauchte meine Zustimmung für einen Vorgang«, sagt er. »Es ist alles gut.« Er hält sein Gesicht in die grelle Sonne, um uns herum wird gehupt, Fußgänger wimmeln über die Straße. »Wir sind da. Wir haben es geschafft.« Er dreht sich in seinem Sitz herum.
    Wieder mal beschleicht mich ein Gefühl von Unsicherheit, so als würde ich ein mir vertrautes Zimmer betreten, müsste jedoch erkennen, dass irgendjemand alle Möbel umgestellt hat, ohne mir etwas davon zu sagen.
    Nachdem wir noch um ein paar weitere Ecken gefegt sind, sagt der Taxifahrer: »Da ist es!« Er dreht und bremst scharf, sodass ich gegen Oliver pralle. Oliver wirft mir einen peinlich berührten Blick zu, als würde ich mich absichtlich zum Narren machen. Der Wagen steht auf einem Hügel vor einem zweistöckigen Gebäude mit einem Dach aus Terrakottafliesen. Kokosnusspalmen erheben sich über einer satten grünen Rasenfläche. Ich steige aus dem Wagen und blicke an der Fassade empor. Große Balkone recken sich daraus hervor, mit freiem Blick bis zum Meer. Auf den meisten stehen kleine Tische und Stühle. Wenn ich mir vorstelle, dort oben zu frühstücken, mit dem blauen Ozean zu meinen Füßen, spüre ich plötzlich eine warme Zuneigung zu Jonathon.
    »Es ist wunderschön«, sage ich, während Jonathon Dollars in Pesos umrechnet. »Upsala«, sagt er. »Das stimmt gar nicht.« Upsala? Seit wann sagt Jonathon Upsala? Oliver hilft dem Fahrer, unser Gepäck auszuladen. Ein grüngelber Vogel fliegt über uns hinweg und landet auf dem Zweig eines Baums, dermit pinkfarbenen flauschigen Blüten bedeckt ist. In der Luft liegt dieser typische tropische Duft, den ich aus Florida und von den Bahamas kenne. Es riecht nach sattem, feuchtem Grün, gemischt mit Sand und Salz, und als der Wind etwas zunimmt, weht er auch noch den Geruch von Rauch, gegrilltem Fleisch und Knoblauch zu uns herüber.
    Es ist alles weit fesselnder, verlockender und friedlicher, als es auf dem Bild schien, das Jonathon mir im Computer gezeigt hat. Es ist leicht vorstellbar, dass sich an einem solchen Ort wie diesem jede nur denkbare Weltuntergangsstimmung einfach in Luft auflöst, um es mal mit den Worten von Joella Lundstrum zu sagen. Die Brise, die vom Ozean herüberweht, wird stärker und ich bin überrascht, als der Stoff meiner Kleidung, der über meine Haut streicht, mich an Sex denken lässt. Es ist kein Gefühl, bei dem ich mich nur noch einsamer fühle. Es ist eher von der gierigen Sorte, so wie ich es während meiner Affäre mit Seth Reilly erlebt habe. Jahrelang habe ich diese Zeit in den tiefsten Winkeln meines Hinterkopfes vergraben. Um meiner Ehe willen habe ich alle Erinnerungen verdrängt, die einfach zu schmerzhaft und zu gefährlich waren, um sie an die Oberfläche kommen zu lassen. Doch wenn ich an die Bilder denke – atemlose Jagden die Treppen hinauf zu seiner Wohnung über dem Buchladen, heiße Küsse in seiner Tür. Schuhe, Schal, Jeans, Bluse, BH – alles fällt nacheinander auf den Boden. Dann der Slip, der als Letztes über meine frisch rasierten Beine gleitet. Ich spüre buchstäblich noch, wie ich dort gestanden habe und die Buchrücken in seinem Regal gelesen habe, während er meinen nackten Körper betrachtet und sich die Spitzen meines langen Haars um die Finger gewickelt hat, während seine Lippen meinkaltes, regennasses Handgelenk wärmten.
Anna Karenina,
Die Elenden, Moby Dick, pures Aphrodisiakum für meine
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