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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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dachte er, ohne sich zu rühren. Er saß da, abgebrochene Maisstängel und Erdklumpen zwickten ihn, seine Muskeln zuckten und seine Lunge hatte sich noch immer nicht beruhigt. Aber irgendwie war es fast so tröstlich, als lehne er sich an die Stute Jenny und ließe sie ihre warmen Nüstern in seine Achselhöhle schieben.
    Ich bin frei, dachte er. Ich habe meine Wahl getroffen.
    Seine Beine begannen sich angenehm taub anzufühlen und seine Atmung beruhigte sich allmählich. Doch plötzlich meldete sich ein beängstigender Gedanke: Ich könnte erfrieren.
    Eiskristalle glitzerten auf der Erde um ihn herum und ein frostiger Dunst hing in der Luft. Das Wetter schlug um. Vorsichtig rappelte Luke sich auf und sofort wich die Taubheit stechenden Schmerzen. Er stand, schwankte ein wenig und sah sich um. Das Feld war auf allen Seiten von Bäumen umgeben; in der einen Richtung ging es zurück zum Dorf, in der anderen zur Straße und in der dritten schien ein weiteres Feld zu liegen. Luke drehte sich um und begann schnurgerade in die einzige Richtung zu laufen, in der die Bäume ganz dicht beieinander standen.
    Wie der Wald zu Hause, dachte er und musste wieder ein Schluchzen unterdrücken, das ihm in der Kehle saß. Den größten Teil seines Lebens hatte Lukes Familie ein großes Waldgrundstück besessen, das unmittelbar an ihren Garten grenzte. Luke hatte diesen Wald nie betreten dürfen, aber er war sein Schutzschild gegen die Außenwelt gewesen und hatte ihn abgeschirmt, so dass er draußen spielen und arbeiten konnte, statt sich den ganzen Tag im Haus zu verstecken. Erst als die Regierung Lukes Familie zum Verkauf des Waldes zwang, hatte Luke gemerkt, wie eingesperrt er eigentlich war. Erst da hatte er angefangen, sich nach Freiheit zu sehnen.
    Und erst von Jen habe ich gelernt, dass Freiheit möglich ist, dachte Luke und spürte einen Stich in seinem Innern.
    Er erreichte den Waldrand und kämpfte sich durch Brombeersträucher und Dornen. Er hatte die vage Vorstellung, sich einen Unterschlupf zu bauen, etwas, wo er bleiben konnte, bis er darüber nachgedacht hatte, was zu tun war. Wo er bleiben konnte, bis er nicht mehr jedes Mal die alte Frau vor sich sah, sobald er die Augen schloss, und ihn nicht mehr jeder x-beliebige Gedanke in Panik versetzte. Doch die meisten Bäume um ihn herum waren turmhoch und hatten riesige Stämme, die viel zu dick waren, um mit irgendetwas anderem als einer Axt oder einer Kettensäge gefällt zu werden. Die kleineren Bäume und das Unterholz waren nutzlos und kaum geeignet, auch nur eine Maus oder ein Eichhörnchen zu verstecken.
    Dann hörte der Wald auf und eine Felswand ragte vor ihm auf. Luke musste einfach stehen bleiben und staunen. Er war flaches Ackerland gewöhnt oder bestenfalls sanft ansteigende Hügel. Doch das hier erinnerte ihn an die Berge, die er bisher nur aus Büchern kannte; sie gehörten zu jenen Dingen, die zu kennen er hatte vortäuschen müssen, als er unter falschem Namen die Schule besuchte.
    Ein Wunder, dass mich nicht jeder sofort durchschaut und gemerkt hat, wie ahnungslos ich eigentlich war, dachte Luke. Ich hatte keinen Schimmer, dass Berge so aussehen.
    Ehrfürchtig strich er mit der Hand über die Felswand und folgte den Rissen mit den Fingern. Er entdeckte unterschiedlich gefärbte Gesteinsschichten, von denen einige ganz leicht zerbröselten, andere dagegen fest zusammenhielten, selbst wenn er mit einem Stock dagegen klopfte. Eines dieser Gesteinsbänder zog sich in spitzem Winkel an der Felswand entlang, und als Luke ihm folgte, entdeckte er eine Öffnung, die tief in den Berg hineinzuführen schien.
    Eine Höhle, dachte er und kramte in seiner Erinnerung nach Definitionen und Erklärungen, die er für Klassenarbeiten auswendig gelernt hatte, auch wenn er nie davon ausgegangen war, sie im wirklichen Leben einmal gebrauchen zu können. In Höhlen herrscht immer die gleiche Temperatur, Sommer wie Winter. Sie wurden früher von Menschen bewohnt.
    Luke hatte seinen Unterschlupf gefunden.
    Er kroch hinein und hielt den Kopf gebeugt, denn die Höhlendecke war nur knapp anderthalb Meter hoch. Und je weiter er sich vom Eingang entfernte, desto wärmer wurde es. Er rutschte hinein, so weit es ging, ohne dass es völlig dunkel wurde, und kauerte sich an eine Wand. So sicher hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er zur Bevölkerungspolizei gegangen war, vielleicht sogar seit jener Zeit, als die Regierung den Wald hinter seinem Elternhaus gerodet hatte.
    Er war gerade
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