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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser
Autoren: Wolfgang Schorlau
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mit seinem Wiener Schmäh.
    Nun herrscht gespannte Ruhe in der Halle. 3000 Aktionäre sehen aufmerksam zu ihm auf. Erst dann redet er. »Liebe Aktionärin«,
     sagt Crommschröder, »meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Frage der verehrten Fragestellerin wurde eine Feststellung
     transportiert, der ich widersprechen muss. Die Geschäftstätigkeit des Geschäftsbereichs Wasser ist sehr erfolgreich. Obwohl
     wir das jüngste Kind in der Reihe der Geschäftsbereiche des VED-Konzerns sind. Gleichwohl gebe ich zu, dass es hin und wieder
     Missverständnisse und Sorgen in einigen Regionen gibt, in denen die Bevölkerung von den lokalen Behörden nicht ausreichend
     über die Verbesserungen der Wasserversorgung unterrichtet wird, die nach der Übernahme der Geschäfte durch die VED regelmäßig
     erfolgen. Wir haben deshalb eigens eine Task Force ins Leben gerufen, deren Aufgabe in nichts anderem besteht, als unsere
     Neukunden zu informieren. Vertrauensverhältnisse herzustellen. Eine sehr erfolgreiche Truppe, die ..«
    Er sieht, wie sich am anderen Ende der Halle ihr Arm hebt. »Ja, bitte«, sagt er und kassiert den wütenden Blick von Landmann.
     Der gibt mit einer unwilligen Bewegung das Saalmikrophon frei.
    »Gilt das auch für Cochabamba?«, fragt sie. Und jeder in der Halle kann es hören.
    Crommschröder wird blass. Für eine Sekunde, nein, nur für den Bruchteil einer Sekunde verliert er die Fassung. Woher weiß
     sie von Cochabamba? Das Projekt hat die höchste Geheimhaltungsstufe im Konzern. Er sieht, dass Kieslow mit offenem Mund in
     die Kameras starrt, als habe er soeben einen debilen Anfall erlitten. Waldner lächelt still vor sich hin und spielt weiter
     mit seinem Kugelschreiber.
    Das zahl ich dir heim, Schwesterherz, das zahle ich dir heim, denkt Crommschröder und gewinnt seine Fassung zurück. »Das gilt
     selbstverständlich für den gesamtenGeschäftsbereich Wasserwirtschaft«, sagt er und verlässt das Rednerpult.
    Beifall brandet auf.
    »Die nächste Frage bitte«, hört er Dr. Landmann sagen, als
    er sich wieder setzt.
    Er muss mit ihr reden.

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    Antonius
    »Die alte Dame ist der festen Überzeugung, dass der Tod ihrer Enkelin keine natürliche Ursache hat«, sagte Georg Dengler.
    Am frühen Nachmittag saßen Georg und Olga im Basta. Er hatte sich einen doppelten Espresso bestellt, sie nippte an ihrem schwarzen
     Tee und hörte ihm aufmerksam zu.
    »Sie hat keinerlei Hinweise, die diese Überzeugung stützen – es ist nur eine Vermutung. Ihre Vermutung.«
    Der Tod der Bundestagsabgeordneten Angelika Schöllkopf im Plenum des Bundestags hatte für einen Tag die Schlagzeilen beherrscht.
     Der Spiegel veröffentlichte eine zweiteilige Artikelserie über die Arbeitsbelastung von Abgeordneten, eine Idee, die der Stern dann aufgriff. Einige Fernsehmagazine folgten mit Sendungen über den Herzinfarkt, von dem immer mehr Menschen betroffen seien.
     Das war's dann. Nun war der Tod von Angelika Schöllkopf kein Medienthema mehr.
    Olga runzelte die Stirn: »Eine Vermutung?«
    »Bestenfalls.«
    »Wo wohnt sie?«
    »In Berlin.«
    »Berlin? Wie kommt sie dann auf dich?«
    »Ich sei ihr empfohlen worden, hat sie gesagt. Sie hat hier in Stuttgart ein Zimmer genommen. Im Hotel Sauer.«
    »Georg, endlich hast du mal einen spannenden Fall«, sagte Martin Klein, der sich zu ihnen gesetzt hatte.
    »Vielleicht was für deinen Kriminalroman?«, fragte Olga etwas spöttisch.
    »Jedenfalls spannender als all der Erbschaftskram, als untreue Ehefrauen und diese langweiligen Mietsachen.«
    Georg Dengler betrachtete seinen Freund. Die weißgewordenen Schnurrbarthaare standen ab und schienen zu vibrieren. Klein wirkte angespannt und nervös. Seine Finger bewegten
     sich an der Tischkante entlang, als spielten sie auf einem unsichtbaren Flügel eine komplizierte Sonate.
    »Ich weiß noch nicht, ob ich den Fall annehmen werde«, sagte Dengler schließlich.
    Klein verdrehte die Augen.
    »Jetzt hast du mal einen interessanten Fall, und dann zögerst du?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Martin Klein, sein Freund und Nachbar, mit dem er Tür an Tür wohnte, schrieb Horoskope für Tageszeitungen und für Frauenzeitschriften.
     Aufmunternde, kleine Horoskope für die Tageszeitungen, die meist wöchentlich erscheinenden Frauenzeitschriften räumten ihm
     ein paar Zeilen mehr ein. Seltsam, dachte Dengler, ich habe Martin nie gefragt, ob er an Astrologie glaubt. Ohne dass die
     beiden Freunde je darüber gesprochen hatten,
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