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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen
Autoren: Emily Giffin
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ich wollte in den Zwanzigern eine Braut sein. Aber ich habe gelernt, dass man sich nicht einfach seinen eigenen Fahrplan basteln und erwarten kann, dass er wahr wird. So stehe ich jetzt an der Schwelle eines neuen Jahrzehnts und erkenne, dass das Alleinsein die Dreißig beängstigend aussehen lässt und dass ich mich mit dreißig desto mehr allein fühle.
    Die Situation wird dadurch noch trostloser, dass meine älteste und beste Freundin einen glamourösen PR-Job hat und frisch verlobt ist. Darcy ist immer noch ein Glückspilz. Ich sehe jetzt zu, wie sie einigen von uns, unter anderem ihrem Verlobten, eine Geschichte erzählt. Dex und Darcy sind ein erlesenes Paar, schlank und groß, mit dem gleichen dunklen Haar und grünen Augen. Sie gehören zu den Schönen New Yorks. Ein gepflegtes Paar, das im siebten Stock von Bloomingdale’s eine Hochzeitsliste mit feinem Porzellan und Kristall anlegen lässt. Ihre Selbstgefälligkeit ist dir zuwider, aber du musst sie unwillkürlich anstarren, während du im selben Stockwerk ein nicht allzu teures Geschenk für die x-te Hochzeit aussuchst,
zu der du ohne Freund eingeladen bist. Du reckst den Hals, um einen Blick auf ihren Ring zu werfen, und sofort bereust du es. Sie merkt es nämlich und mustert dich geringschätzig von oben bis unten, und du wünschst dir plötzlich, du wärst nicht mit Turnschuhen zu Bloomingdale’s gegangen. Wahrscheinlich denkt sie, dass die Schuhe womöglich ein Teil deines Problems sind. Du kaufst dein Waterford-Väschen und machst, dass du rauskommst.
    « Und daraus lernen wir Folgendes: Wenn man sich die Haare mit Wachs für Bikini-Mode der brasilianischen Art zupfen lassen will, muss man sich unbedingt klar ausdrücken. Man muss ihnen sagen, dass sie eine Landebahn lassen sollen, denn sonst ist man haarlos wie eine Zehnjährige!»Darcy ist mit ihrer unanständigen Geschichte fertig, und alle lachen. Nur Dex nicht – der schüttelt den Kopf, als wolle er sagen:«Was hab ich doch für eine unglaubliche Verlobte.»
    « Okay. Ich bin gleich wieder da», sagt Darcy plötzlich.« Tequila für alle.»
    Als sie sich von der Gruppe entfernt und zur Bar geht, denke ich an all die Geburtstage, die wir zusammen gefeiert haben, an die Wegmarken, die wir zusammen erreicht haben, Wegmarken, die ich immer als Erste erreicht habe. Ich hatte vor ihr meinen Führerschein, ich durfte vor ihr Alkohol trinken. Älter zu sein – wenn auch nur ein paar Monate –, war bislang immer gut. Aber jetzt hat das Blatt sich gewendet. Darcy hat noch einen Extrasommer in ihren Zwanzigern – ein Vorteil, wenn man im Herbst geboren ist. Nicht, dass es für sie so wichtig wäre. Für Verlobte oder Verheiratete ist Dreißigwerden einfach etwas anderes.
    Darcy lehnt sich jetzt über die Bar und flirtet mit dem Möchtegern-Schauspieler/Bartender, einem Twentysomething,
auf den sie«total abfahren»würde, wenn sie solo wäre; das hat sie mir schon erzählt. Als ob Darcy je solo wäre. Auf der High School hat sie mal gesagt:«Ich mache nicht Schluss, ich wechsle nur aus.»Da hat sie Wort gehalten, und sie war immer diejenige, die das Auswechseln übernommen hat. In unseren Teenagerjahren, auf dem College und die ganze Zeit in den Zwanzigern war sie immer mit jemandem zusammen. Und oft hat sie mehr als einen Typen, der ihr nachläuft und sich Hoffnungen macht.
    Mir kommt der Gedanke, dass ich was mit dem Bartender anfangen könnte. Ich bin völlig ungebunden – habe seit zwei Monaten nicht mal mehr ein Date gehabt. Aber irgendwie ist es nicht das, was man mit dreißig machen sollte. One-Night-Stands sind was für Mädels in den Zwanzigern. Nicht, dass ich da persönliche Erfahrungen vorweisen könnte. Ich bin ordentlich und wohlerzogen meinen Weg gegangen, ohne irgendwelche Abweichungen vom ursprünglichen Plan. Ich habe erstklassige High-School-Zeugnisse bekommen, bin aufs College gegangen, habe meinen Abschluss mit Auszeichnung gemacht, bin ohne weiteres zum Studium zugelassen worden und gleich nach dem Jura-Examen in einer großen Anwaltsfirma untergekommen. Nicht mit dem Rucksack durch Europa, keine verrückten Geschichten, keine ungesunden, lustvollen Beziehungen. Keine Geheimnisse. Keine Intrigen. Und jetzt ist es anscheinend zu spät für all das. Weil dieser Kram mich nur weiter davon abhalten würde, einen Ehemann zu finden, mich niederzulassen, Kinder zu kriegen und ein glückliches Heim mit Rasen, Garage und einem Toaster, der vier Scheiben auf einmal toasten kann.
    Und
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