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Freiheit fuer Mama

Freiheit fuer Mama

Titel: Freiheit fuer Mama
Autoren: Anette Sabersky
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Welt gebracht hat. Vor mir im Spiegel aber steht ein Gespenst. Das Gesicht totenblass, die Wangen eingefallen und blutleer. Im linken Auge ist eine Ader geplatzt, blutrot funkelt sie mir entgegen. Ich sehe aus wie eine Geisel nach 30 Tagen Gefangenschaft mit Wasser und Brot in irgendeinem Kerker.
    Alles ganz easy
    Mir ist immer noch ganz flau im Bauch. Ich brauche dringend etwas zu essen. Da wir ein modernes Krankenhaus gewählt haben, gibt es hier Frühstück vom Büfett. Auf dem Rückweg von der Toilette ins Zimmer wanke ich, auf den Arm der Schwester gestützt, an zwei Frauen vorbei. Sie tragen voll beladene Tabletts und reden laut miteinander. Die eine guckt kurz zu mir rüber und sagt dann zu der anderen: »Beim ersten Kind war ich nach der Geburt auch drei Monate wie tot. Aber diesmal lief alles ganz easy. Wir gehen gleich nach Hause.« Mein Magen zieht sich zusammen. Der Hunger wird immer schlimmer. Und langsam werde ich auch sauer. Ich will etwas zu essen. Nur, wie soll ich ans Büfett gelangen? Hinlaufen werde ich nicht, dafür bin ich einfach zu schlapp. Und im Wägelchen werde ich auch nicht vorfahren, da komme ich mir blöd vor. Also muss Ben los.
    Im Familienzimmer herrscht eine ausgelassene Stimmung. Ben lässt seinen Sohn gerade auf dem Arm fliegen. Mir ist jetzt richtig schlecht. Ich beordere den Kindsvater ans Büfett, um Nahrung zu holen für die Familie. Ich bin jetzt nur noch zu rund 85 Prozent entspannt. Paul beginnt zu wimmern, als Ben ihn in seinen Puppenwagen legt. Ich mach Schh-schh, und als das nichts nützt, gebe ich ihm meinen Zeigefinger zum Nuckeln. Immer noch besser als ein Schnuller, denke ich. Wir haben uns dagegen entschieden, weil Schnuller zu viel Plastik enthalten und damit Weichmacher in sich haben, die Jungen zeugungsunfähig machen sollen. Und der Gaumen wird durch den Saugnapf auch unschön verformt. Außerdem muss ein Kind lernen, sich selbst zu beruhigen, finden wir. Vielleicht hat er schon wieder Hunger?
    Die Dammnaht tut jetzt höllisch weh. Ich fühle mich überhaupt total ramponiert. Die Betäubung vom Nähen hat längst nachgelassen. Durch das Pinkeln ist dort ein Feuer entfacht worden. Außerdem drückt irgendwas von oben auf den Beckenboden. Am Hintern ist auch noch etwas, das drückt. Sitzen kann ich jedenfalls überhaupt nicht, und Liegen geht nur auf der Seite. Doch der Arm, auf den ich mich stütze, wird sofort taub. Mein Blick bleibt an einem Besucherstuhl hängen. Ich ziehe ihn vom Bett aus heran, hieve mich hoch und stütze mich mit einer Hand auf die Stuhllehne. Das entlastet den Unterleib. Paul saugt währenddessen an meinem Finger. Tolle Stellung!
    Ben bringt das Frühstück. Vollkornbrot, Käse, Tomaten und Orangensaft. Das kann doch alles nicht wahr sein! Der Mann muss doch wissen, dass Vollkorn Blähungen macht und Orangensaft und Tomate den Babypo wund. Das hatte uns die Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs erklärt. Dass er das nicht mehr weiß! Ein wimmerndes Kind mit roter Rückseite, das ist wirklich das Letzte, was ich jetzt brauchen kann. Ich schicke ihn noch mal los, und während ich warte, merke ich, wie meine Gelassenheit mit jeder Sekunde schwindet. Ich habe Hunger und Schmerzen, und der Kerl quatscht sicher mit anderen Müttern. Er lässt sich als Papa feiern, statt mir ein schlichtes Brötchen zu bringen. Merde.
    Endlich kommt er zurück. »Wird ja auch Zeit«, sage ich ungehalten. Dann lasse ich mir das Frühstück – Brötchen mit Butter und Fencheltee – in meine rechtwinklige Schonhaltung reichen. Das Teetrinken geht nicht so gut. Und auch die Brötchenhappen fallen mir immer wieder aus dem Mund. Aber wenigstens merke ich in meiner abgeknickten Position vom Damm und Beckenboden nichts.
    Ganz weit drinnen in mir glimmt ein Gedanke auf. Vielleicht ist ja doch nicht alles so easy, wie ich dachte? Aber dann verscheuche ich ihn. In meiner rechtwinkligen Position mümmle ich weiter an meinem Brötchen. Den Kinderwagen werde ich in dieser Haltung jedenfalls gut schieben können.

2
    Hilfe! Wir reden nur noch über Kinder – oder gar nicht
    Wir sitzen gemütlich auf der Terrasse. Das Windlicht auf dem Gartentisch ist angezündet, es dämmert draußen schon. Auf dem Tisch stehen zwei Gläser, eine Flasche Wein und ein halber Liter Wasser. Ich kann jetzt gut einen Schluck gebrauchen. Der Tag war anstrengend. Wir waren fast zwei Stunden beim Kinderarzt, Paul und ich. Er hatte plötzlich hohes Fieber, fast 40 Grad, und ich bin spontan hingefahren,
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