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Freiheit fuer Mama

Freiheit fuer Mama

Titel: Freiheit fuer Mama
Autoren: Anette Sabersky
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genüsslich umdrehen und weiterschlafen. Schließlich muss ein kleines Kind nicht bei jedem Schrei an die Brust, sondern nur alle paar Stunden gestillt werden. Oft wollen die Kleinen nur Nähe. Und die kann ein Vater genauso geben wie eine Mutter.
    Fast so gut wie der Babyflüsterer
    Das Licht ist jetzt aus. Paul liegt in einer Art Puppenwagen aus Plexiglas und muckelt im Traum. Er soll sich gleich daran gewöhnen, dass nachts im eigenen Bett geschlafen wird, finden wir. Natürlich wollen wir ihm alle erdenkliche Nähe geben. Aber man kann es ja überall nachlesen: Eltern müssen auch ein Paar bleiben. Und das geht unmöglich, wenn immer ein kleines Kind zwischen ihnen liegt. Als Pauls Gemuckel lauter wird, mache ich Schh-schh. Das habe ich vom »Babyflüsterer«, dem amerikanischen Kinderarzt Harvey Karp, der angeblich jedes schreiende Kind zur Ruhe bringt. Selbst die schlimmsten Kinder hat er schon zum Schlafen gebracht. Er macht laut und deutlich: Schh-schh (oder spielt das Geräusch vom Rekorder ab) und schaukelt das Baby dabei energisch (aber Vorsicht! Nicht schütteln, daran kann das Kind sterben). Bei diesem Mix aus Geräusch und Bewegung schläft es ein. Ben hört sich mein Schh-schh an, sagt: »Das machst du gut!« – und fällt in Tiefschlaf. Ich frage mich kurz, was er denn anderes von mir erwartet hätte, als dass ich es gut mache. Dann muss ich aber wieder »Schh-schh« machen, weil Pauls Weinansätze immer häufiger werden. Irgendwann wird mein Mund ganz trocken, und ich merke, dass mir das dauernde Zischen auch auf die Nerven geht. Außerdem schwillt das Weinen allmählich zu einem schrillen Schrei an. Und von der Geburt bin ich ja auch noch etwas schlapp. Also angele ich mir Paul aus dem Puppenwagen. Sicher hat er Hunger. Und den soll er natürlich nicht haben. Er schnappt nach der Brust, dockt an, saugt kurz daran und schläft ein.
    Ich muss auch irgendwann eingeschlafen sein. Jedenfalls wache ich auf. Draußen ist es schon hell. Im Magen habe ich ein flaues Gefühl. Ich möchte etwas essen und muss aufs Klo. Paul schnarcht immer noch an meiner Brust. Ich ziehe ihn sanft davon weg. Die Haut um die Brustwarze ist ganz schrumpelig und sieht aus, als wäre ich zu lange im Chlorwasser geschwommen. Na, wird schon nicht so schlimm sein. Muttermilch soll ja wahre Wunder vollbringen. Sie kann das Baby nicht nur nähren, sondern soll auch Wunden heilen und verstopfte Kindernasen frei machen. Ich verreibe also die ersten Milchtröpfchen, die da gekommen sind, und hoffe, dass sich die Brust nicht entzündet.
    Paul blickt sich interessiert um. Hellwach ist er jetzt – im Gegensatz zu seinem Vater, der immer noch tief und fest schläft. Ich wecke Ben energisch und drücke ihm Paul in den Arm. Ich muss dringend aufs Klo. Beim Versuch aufzustehen sehe ich viele, viele Sterne, dann wird mir schwarz vor Augen. Ich rumple vornüber aufs Familienbett, in dem der Vater mit dem Sohne gerade kuschelt. »Vorsicht, der Kleine«, sagt Ben. Er rutscht seitlich aus dem Bett, legt Paul in seinen Plexiwagen und deckt ihn sorgfältig zu. Ich liege immer noch auf dem Familienbett und komme irgendwie nicht hoch. »Nun hilf mir doch«, schreie ich. Ben zieht mich hoch und ich komme auf die Beine, aber Paul fängt an zu weinen. Ich halte mich am Bett fest und klingele nach der Schwester. Ben nimmt Paul auf den Arm und macht Schh-Schh.
    Die Schwester stützt mich auf dem Weg zur Toilette. An der Tür fragt sie kurz: »Geht’s?«, und schiebt mich, ohne die Antwort abzuwarten, schnell hinein. Ich halte mich am Klorollenhalter fest, weil ich mich kaum auf den eigenen Beinen halten kann. Die Schwester drückt mir eine Flasche Desinfektionsmittel in die Hand. Als ich frage, was ich damit soll, sagt sie leicht ungehalten: »Desinfizieren halt!« Das verstehe ich nicht: Was soll ich desinfizieren? Soll ich mir die blaue Lösung unten hinschütten, damit sich die Dammwunde nicht entzündet? Oder soll ich die Klobrille abspülen? Ich bin ratlos und kippe das Desinfektionsmittel direkt ins Klo. Nur ganz kurz denke ich an die Tausende Kubikmeter Wasser, die ich gerade verseucht habe. Dann verscheuche ich den Gedanken schnell wieder, ich muss wirklich sehr, sehr dringend.
    Im Waschraum hängt ein Spiegel. Die Person, die ich beim Herausschlurfen aus der Klokabine auf dem Weg zum Waschbecken erblicke, kenne ich nicht. Oder doch? Komisch: Ich bin doch eigentlich wohlauf. Eine entspannte Mutter in mittleren Jahren, die gerade ein Baby auf die
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