Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frau Hoffmanns Erzählungen

Frau Hoffmanns Erzählungen

Titel: Frau Hoffmanns Erzählungen
Autoren: Schöffling & Co.
Vom Netzwerk:
die Hühnerlebern sind nur noch halb so groß.«
    Endlich mal ein gescheites Argument gegen Dolly und Co. Kluge Katze, brave Katze!

Warum Katzen fremdenfeindlich sind
    Katzen werden überschätzt, soviel ist sicher. Heißt es nicht, sie spürten Erdbeben schon, wenn die Erde noch gar nicht bebt? Frau Hoffmann hat noch nie ein Beben vorausgesagt. Sie putzt sich das Fell, obwohl eine Stunde später der Regen durch die Decke tropft. Nun, das war nicht hier in Berlin-Mitte, hier bauen sie solider als in der Drôme. Diese Wohnung zum Beispiel besitzt eine Fußbodenheizung. Dafür liebt Frau Hoffmann die Berliner Architektur. »Weißt du überhaupt, wer Schinkel war?« stelle ich sie auf die Probe, »dieser große Baumeister?«
    Â»Schinkel mit Pinkel?« fragt sie flapsig zurück.
    Â»Nein, das heißt Grünkohl. Grünkohl mit Pinkel.«
    Â»Und was hat der Grünkohl gebaut?«
    Gut, daß sie nicht in die Sendung vom Jauch will. Sie würde mich furchtbar blamieren. Aber sie läßt nicht nach:
    Â»Laß mich raten: Grünkohl war Ausländer und kam mit der Green Card nach Berlin. Hier schloß er sich den Grünen an und steht seit dem 22. März bei Stoiber auf der Abschiebeliste.«
    Â»Wieso 22. März?«
    Â»Das war der Tag, an dem im Bundesrat über das Zuwanderergesetz abgestimmt wurde. Ich habe von vornherein gewußt, wie das Ergebnis aussehen würde.«
    Jetzt will sie von ihrer fehlenden Erdbebenvorhersage ablenken. »Das haben Wowereit und ein paar andere auch gewußt«, gebe ich zu bedenken. »Wie hättest du denn abgestimmt?«
    Â»Ich habe nichts gegen Ausländer, bin selber einer. Man muß nur aufpassen, daß sie keine Hunde mitbringen. Es gibt zu viele Hunde in Berlin.«

    Ihr Lieblingsthema. Darauf ist sie fixiert wie das Kruzifix an den Wänden bayerischer Schulklassen.
    Â»Auch keine jungen Hunde?«
    Sie rollt sich auf dem warmen Parkett auf die andere Seite und dreht mir stumm den Rücken zu. Nach einer Weile: »Auch junge Hunde werden alte Hunde.«
    Die Einsicht tut mir weh; aber sie läßt sich nicht verdrängen: Frau Hoffmann ist fremdenfeindlich.
    Â»Denken alle Katzen so wie du?«
    Sie hebt den Kopf und beißt sich in die juckende Schulter. Dabei wirft sie mir einen Blick aus ihren dunklen Augen zu. Ein Blick voll Verwunderung über meine Blödheit.
    Sie hat ja recht. Katzen waren immer fremdenfeindlich. Sie lernen durch 3sat, blättern in herumliegenden Kunstbüchern und amüsieren sich über das »Philosophische Quartett«. Doch wenn es um Hunde geht, gibt es kein Pardon. Bei ihrem Anblick sträuben sie die Haare und machen einen Buckel.
    Einmal hat sie in der Drôme zwei Stunden in der Akazie vor unserem Haus gesessen, weil ein Jäger mit seinem Hund vorbeitrottete. Dabei sind französische Jäger viel gefährlicher als ihre Hunde. Man sollte französischen Jägern das Betreten meines Rasens gesetzlich untersagen. Überhaupt gibt es zu viele Jäger in Frankreich.
    Frau Hoffmann reckt sich im Liegen, um keinen Zentimeter Bodenberührung aufzugeben. Sie hat es gerne warm.

Warum der Kultursenator bloß eine Art Theaterkatze ist
    Â»Gibt’s was Neues?« fragt die Katze.
    Frau Hoffmann liegt vor dem tonlos laufenden Fernsehapparat auf dem warmen Parkett. Sie höre jedes stumme Wort, behauptet sie, und verweist auf das sagenhafte Gehör ihrer Rasse. Tatsächlich registriert sie genau, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze und, anstatt zu arbeiten, Zeitungen lese. Wie jetzt. Außerdem ist sie wild auf Neuigkeiten. Wenn sie sie schon nicht selbst unter die Krallen nehmen darf, will sie wenigstens wissen, was in der Welt geschieht. Also liegt sie stundenlang vor dem Fernseher und erkundigt sich gleichzeitig nach meiner Zeitungslektüre.

    Â»Die Stadt ist verschuldet. Sie werden Theater schließen müssen«, kolportiere ich.
    Â»Gibt es in Berlin Theater?«
    Was für eine Frage!
    Â»Du hättest fragen sollen, ob es außer den Theatern auch noch ein Berlin gibt. Diese Stadt verdankt ihren Ruhm nicht Wilhelm Zwo, nicht den verkoksten Charleston-Tänzern der zwanziger Jahre und nicht Hitler, Adolf. Sondern Leuten wie Brecht, Piscator, Reinhardt, Jehring und Kerr, alles Genies, die untrennbar mit dem Theater verbunden waren.«
    Â»Mein Onkel war auch beim Theater.«
    Â»Was für ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher