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Frau Hoffmanns Erzählungen

Frau Hoffmanns Erzählungen

Titel: Frau Hoffmanns Erzählungen
Autoren: Schöffling & Co.
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Hoffmann in Berlin am meisten vermißt, weiß ich nicht. Den Mistral, der in der Provence den Föhn ersetzt? Würste jedenfalls nicht. Sie mag keine Würste.
    Â»Warum kommst du so spät?« maunzt sie mich an.
    Â»Man wird so lange gefilzt, das hält auf.«
    Â»Gefilzt? Was bedeutet das?«
    Â»Kontrolliert, durchsucht. Alle Taschen leeren.«

    Â»Wer macht das und warum?«
    Â»Unsere Polizei. Ich war im Bundeskanzleramt. Die wurden ganz aufgeregt, als es an meinen Schuhen piepste.«
    Â»Warum piepsen denn deine Schuhe? Die braunen Klotschen, die du jetzt anhast?«
    Was nützt es, einer Katze die Feinheiten eines Maßschuhs zu erklären, dessen kostbare Ledersohle durch eiserne Spitzen geschützt wird. Ihre ästhetischen Vorstellungen sind halt tierisch.
    Â»Das ist doch das Haus, das sie Waschmaschine nennen, nicht wahr?«
    Â»Ich habe niemanden getroffen, der es so genannt hat. Es sieht auch von keiner Seite wie eine Waschmaschine aus. Das fällt unter Berliner Humor.«
    Â»Kann man ihn fressen?«
    Â»Nein, er ist ungenießbar.«
    Damit ist ihr Interesse an diesem Mythos erloschen.
    Â»Und wie war’s beim Bundeskanzler?«
    Â»Wie üblich. Ich hab’ auf seinem Sesselchen gesessen, hab’ aus seinem Tellerchen gegessen …«
    Â»Hast du nicht!«
    Â»Doch, er war ja nicht da. Dann habe ich seine Bilderchen angeguckt.«
    Â»Wovon redest du?«
    Â»Ich rede von Nay, Cia, Fetting, Baselitz …«
    Â»Ist das der, der den 1989er Mouton Rothschild bemalt hat?«
    Frau Hoffmann wird plötzlich lebhaft. Die Erinnerung an den heimischen Weinkeller mit seinen Schnecken und Spinnen und der Fledermaus lassen sie den tristen Hindukusch vor dem Fenster vergessen. »Das ist aber ein kleines Bild!«
    Â»Auf einer Flasche ist nicht mehr Platz.«
    Â»Wäre es da nicht vernünftig, man füllte Wein in größere Flaschen?«

    Eine Frage wie von Brecht. An solchen Aussprüchen Frau Hoffmanns wird klar, warum schon den Ägyptern die Katzen heilig waren.
    Nach einer Weile will sie mehr wissen:
    Â»Gab es denn nichts zu fressen?«
    Â»Nein. Aber der Ausblick von oben auf Berlin ist gewaltig.«
    Â»Vom Ausblick ist noch keine Katze satt geworden. Und wie war es unten?«
    Â»Wie ein Parkhaus ohne Autos. Nur heller.«
    Â»Also auch kein Futter.«
    Â»Ich habe jedenfalls keinen Napf gesehen.«
    Â»Wahrscheinlich hat der Hausherr einen Hund. Glaubst du, daß er einen Hund hat?«
    Sollte sich herausstellen, daß der Kanzler einen Hund besitzt, hat er bei Frau Hoffmann keine Wahlchance.
    Â»In Berlin gibt es nicht so viele Hunde wie in anderen Städten«, beruhige ich sie und die SPD .
    Â»Wo zum Beispiel?«
    In Paris, will ich sagen, aber mir fällt ein, daß sie nie in Paris war. Überhaupt ist es unfair, Berlin mit Paris zu vergleichen. Ein U-Bahn-System haben sie zwar beide, aber das hiesige ist schwer zu durchschauen, die Fenster sind zerkratzt. Bei den Museen konkurrieren sie heftig, doch die Mona Lisa bleibt in Paris. Bleiben nur die Bürgermeister, zwei schwule Linke in unterschiedlich korrupten Rathäusern.
    Â»Nisten hier wenigstens Störche auf den Dächern?«
    Â»Nein, nur steinerne Adler. Aber gut, daß du mich ans Elsaß erinnerst«, sage ich. »Ich muß Raymond Waydelich eine Postkarte schreiben. Er hat zwei Katzen.« Da schnurrt sie.

Beobachtungen am Horizont
    Ã–ffne ich die Wohnungstür, sitzt sie in respektvoller Entfernung aufrecht und mustert mich wachsam. Rechnet sie damit, daß ich einen Hund mitbringe? Oder die russische Dame, die ihr das Leben mittels Staubsauger, Feudel und Wedel zur Hölle macht?
    Heute schleppe ich zwei schwere Tüten mit allem, was Frau Hoffmann braucht, vom Kitekat bis zur Katzenstreu.

    Â»Kitekat? Bist du verrückt? Hast du nicht mitgekriegt, daß da Gift drin ist?«
    Â»Wird wohl nicht so schlimm sein; du lebst ja noch.«
    Â»Ich will nicht in eure Lebensmittelskandale verwickelt sein!«
    Â»Bist du auch nicht. Es sind wieder mal die Bauern, die Metzger und schlafende Kontrolleure.«
    Â»Die können doch nicht alle schlafen!«
    Â»Sag das nicht. Manche verdienen ihr Geld im Schlaf.«
    Â»Schläfst du deshalb immer so lange?«
    Â»Wie kann ich schlafen, wenn du mir auf dem Kopf herumhopst?«
    Sie denkt eine Weile nach.
    Â»Warum wollen sie mich denn vergiften, die
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