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Fratze - Roman

Titel: Fratze - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Seitenzahlen nur auf jeder zweiten oder fünften oder dritten Seite findet. Parfümkarten kommen herausgefallen, und ganzseitige nackte Frauen erscheinen aus dem Nichts, um euch Make-up zu verkaufen.
    Sucht nicht nach einem Inhaltsverzeichnis, das im Zeitschriftenstil irgendwo auf den ersten zwanzig Seiten versteckt sein könnte. Erwartet nicht, irgendetwas gleich zu finden. Es gibt auch keine richtige Struktur. Geschichten fangen irgendwo an, und dann, drei Absätze später:
    Vorblättern zu Seite soundso.
    Dann: zurückblättern zu Seite soundso.
    Das hier besteht aus zehntausend modischen Einzelteilen, die so miteinander kombiniert werden, dass dabei vielleicht fünf geschmackvolle Outfits herauskommen. Eine Million modische Accessoires, Schals und Gürtel, Schuhe und Hüte und Handschuhe, und keine vernünftigen Klamotten, die man dazu anziehen kann.
    Und ihr müsst euch unbedingt an dieses Gefühl gewöhnen, hier, auf der Autobahn, bei der Arbeit, in eurer Ehe. Das ist die Welt, in der wir leben. Folgt einfach den Stichworten.

    Springt zwanzig Jahre zurück zu dem weißen Haus, wo ich aufgewachsen bin und wo mein Vater Super-8-Filme gedreht hat von mir und meinem Bruder, wie wir durch den Garten toben.
     
     
    Springt in die Gegenwart, wo meine Eltern abends auf Gartenstühlen sitzen und sich diese Super-8-Filme ansehen, projiziert auf die weiße Seite ebendieses weißen Hauses, zwanzig Jahre später. Das Haus ist dasselbe, der Garten ist derselbe, die Fenster in den Filmen sind genau über die realen Fenster projiziert, das Filmgras wächst genau wie das reale Gras, und mein Bruder und ich, wir sind Kleinkinder und tollen vor der Kamera herum.
     
    Springt zu meinem großen Bruder, wie es ihm total schlecht geht und er stirbt an der großen Seuche Aids.
     
    Springt zu mir, wie ich erwachsen bin, mich in einen Polizeibeamten verliebt habe und von zu Hause weggezogen bin, um ein berühmtes Supermodel zu werden.
    Aber denkt daran, genau wie in einer spektakulären Vogue -Ausgabe; ganz gleich, wie sorgfältig ihr den Sprüngen folgt, denkt daran:
    Fortsetzung auf Seite was weiß ich.
    Egal wie aufmerksam ihr seid, immer wird das Gefühl da sein, dass ihr irgendwas verpasst habt, das kaputte Gefühl unter der Haut, dass ihr nicht alles mitgekriegt habt. So ein mutlos machendes Gefühl, dass ihr genau durch die Momente zu schnell durchgerauscht seid, in denen ihr hättet aufpassen müssen.
    Tja, gewöhnt euch an das Gefühl. Eines Tages wird sich euer ganzes Leben so anfühlen.

    Das hier ist alles nur Training. Das hier zählt alles noch gar nicht. Wir machen uns nur erst warm.
    Springt ins Hier und Jetzt, Brandy Alexander am Verbluten auf dem Fußboden, und ich knie neben ihr und erzähle diese Geschichte, bevor die Sanitäter da sind.
     
    Springt nur ein paar Tage zurück, ins Wohnzimmer eines reichen Hauses in Vancouver, British Columbia. Das Zimmer ist vollgestopft mit dem Zuckerguss rokokohafter Mahagonitäfelung, mit Marmorfußleisten und Marmorfußboden und einem Marmorkamin von der ziemlich schnörkeligen Art. In reichen Häusern, wo alte reiche Leute leben, ist alles genau das, wofür man es hält.
    Die Prachtlilien in den Emaillevasen sind echt, nicht aus Seide. Die cremefarbenen Vorhänge sind aus Seide, nicht aus seidig glänzender Baumwolle. Das Mahagoni ist keine auf Mahagonilook gebeizte Kiefer. Keine Pressglaskronleuchter, die sich für geschliffenes Kristall ausgeben. Das Leder ist kein Kunststoff.
    Überall um uns herum diese Cliquen von Sitzgarnituren im Louis-quatorze-Stil.
    Vor uns steht eine von diesen arglosen Immobilienmaklerinnnen, und Brandy streckt die Hand aus: das knochige, von Adern überwucherte Handgelenk, die Gebirgskette ihrer Fingerknöchel, die welken Finger, die rot und grün flimmernden Marquiseringe und die glitzernd rosa lackierten Porzellannägel. »Ich bin entzückt«, sagt sie.
    Wenn man mit einem einzelnen Detail anfangen will, dann müssen es Brandys Hände sein. Brandys Hände, mit Ringen besetzt, um sie noch größer erscheinen zu lassen, sind auch so schon riesengroß. Die Hände, mit Ringen besetzt, um sie noch auffälliger zu machen, sind das
Einzige an Brandy Alexander, das die Chirurgen nicht verändern konnten.
    Also macht Brandy nicht einmal den Versuch, ihre Hände zu verbergen.
    Wir sind in zu vielen Häusern dieser Art gewesen, als dass ich sie noch zählen könnte, und die Makler, die wir dort treffen, haben immer ein Lächeln im Gesicht. Die heutige
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