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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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gewesen. »Er ist letzten Freitag eingezogen. Er ist groß und blond und ich muss sagen, er scheint sehr nett zu sein«, sagte sie mit Bestimmtheit ins Telefon.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich von der Tür unseres gemeinsamen Zimmers her. Sidda deckte die Sprechmuschel geheimnistuerisch ab und fuhr herum.
    »Es ist nicht höflich, Erwachsene beim Gespräch zu belauschen, Franny.«
    »War das ein Gespräch?«, murmelte ich und ließ mich mit
Frühling des Lebens
auf mein Bett fallen. Ich hatte mich bereits vergnügt durch eine Reihe von Pferdebüchern gelesen, die Mama mir für das Sommerlesen besorgt hatte, aber jetzt ließ ich sie erst mal für
Frühling des Lebens
liegen. Lucas hatte recht. Bisher gefiel mir alles, was ich über die Hauptfigur Jody gelesen hatte. Er hatte ein kleines verwaistes Rehkitz namensFlag. Und eine Mutter, die alles missbilligte und sehr nach Grandma Rae klang. Manchmal hatte ich das Gefühl, meine eigene Geschichte zu lesen.
    »Er heißt Lucas Dunn«, schnurrte Sidda ins Telefon. Ich warf ihr einen herausfordernden Blick zu, als sie sich da in ihrem Stuhl rekelte und seinen Namen voller Genuss von den Lippen perlen ließ. Bis dahin war die Entdeckung von Lucas Dunn eigentlich meine Sache gewesen. Jetzt sah es auf einmal so aus, als ob sie auch aufgepasst hatte. Als ich es nicht mehr aushielt, ihr zuzuhören, ging ich in die Küche.
    An der Anrichte würzte Dad Hühnerschlegel und tauchte irgendwelche Sachen in Frittierteig. »Lust auf Brathühnchen?«
    »Warum so viel Aufwand?« Ich warf einen Blick auf den fast fertig gedeckten Tisch und die zwei zusätzlichen Stühle.
    »Die Nachbarn kommen.«
    »Die Dunns?«, fragte ich und bekam einen leichten Panikanfall.
    »Sollten jede Minute eintreffen«, erwiderte Dad.
    Ich rannte wieder hinauf in unser Zimmer und kämmte mir vor Siddas Spiegel das Haar. Sidda hatte aufgehört, zu telefonieren, fläzte sich auf ihr Bett und blätterte in einer Modezeitschrift. Ich schmierte mir einen Tupfer von ihrem Lipgloss auf die Lippen und kam mir ein bisschen wie ein Dieb vor. Ein glatt gekämmter Dieb mit glänzenden Lippen.
    »Sie sind da«, rief Ben von der Diele hoch.
    »Wer ist da?«, fragte Sidda und streckte sich träge.
    »Ach, nur der neue Nachbar«, sagte ich mit lässigem Schulterzucken. »Du weißt schon, der große Blonde, von dem du behauptest, dass er so nett ist.«
    »Was? Heute?« Wie angestochen stürzte sie sich auf ihren Schrank.
    »Da versucht sich jemand
schööön
zu machen!«, kicherte Ben von der Tür her.
    »Raus, alle beide«, kreischte Sidda.
    Ben und ich rannten nach unten zur Haustür, wo Lindy Mama einen großen Strauß Sonnenblumen überreichte.
    »Was für ein schönes Bauernhaus!«, sagte sie, trat ein und sah zu den alten Deckenbalken hoch.
    »Eine ständige Baustelle«, erwiderte Dad. »Kaum ist man mit einer fertig, tut sich eine neue auf.«
    Lindy nickte. »Alte Häuser machen viel Arbeit, aber sie haben eben einfach Seele, finde ich.«
    »Ich auch«, sagte Mama grinsend. Ich merkte, dass sie Lindy auf Anhieb mochte.
    Sidda kam mit schwingendem pinkfarbenen Rock ins Zimmer getänzelt. Mit theatralischer Geste streckte sie sowohl Lindy als auch Lucas die Hand hin, während Mama sie einander vorstellte. Ich wand mich innerlich. Merkte Sidda nicht, wie albern sie aussah?
    »Warum führt ihr Lucas nicht rum, Kinder?«, schlug Dad vor und zog mich am Pferdeschwanz.
    »Ben und ich müssen die Patienten füttern«, sagte ich.
    »Patienten?«, fragte Lucas.
    »Nur so blöde Viecher, um die Franny sich kümmert«, erläuterte Sidda und verdrehte die Augen. »Ich führ dich rum.« Sie hängte sich bei ihm ein.
    »Ich glaube, ich geh mit Franny, wenn das in Ordnung ist«, sagte Lucas und machte sich höflich aus Siddas Griff los. In Siddas Augen war das eindeutig nicht in Ordnung, aber Lucas schien das nicht zu bemerken.
    »Mir nach«, sagte ich und versuchte, mein Grinsen zu verbergen. »Du kannst die Schildkröten füttern.«
    »Was hältst du von Würmern?«, fragte Ben, als er Lucas auf der Veranda einen Eimer reichte.
    Die Scheune war kühl und dunkel, die Tiere verhielten sich ruhig. Ich hob jede Maus von der Heizmatte in dem Schuhkarton. Sie zappelten und fiepten und sperrten die Mäulchen für die Pipette auf.
    »Wo hast du denn das alles gelernt?«, fragte Lucas staunend.
    »Einiges von meinen Eltern, den Rest hab ich mir selbst beigebracht.« Ich war plötzlich stolz auf mich.
    Ben wechselte das Wasser im
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