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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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weichen und besorgten Blick. Genau so, wie ich mich fühlte.

Der Lesewettbewerb
    W ie ihr wisst, ist der erste Preis ein Pokal plus hundert Dollar«, erinnerte uns Miss Thorn am nächsten Morgen und lächelte uns an. Wir hatten uns in der Kinderabteilung unserer Bücherei um sie versammelt. Der Sommer-Lesewettbewerb lief nun schon ein paar Wochen und Miss Thorn hatte das Gefühl, dass eine kleine Erinnerung an das Preisgeld unsere Motivation vielleicht anstacheln würde.
    »Die man nicht für Unsinn verplempern sollte!«, setzte Mrs Tibble hinzu. Mit einem Ruck hielt sie einen Bücherwagen hinter Miss Thorns Stuhl an und stand da wie ein düsterer Schatten. Unheil verkündend beugte sie sich über den Wagen. »Wobei ich persönlich es ja unmöglich finde, dass ihr Kinder meint, ihr müsstet was fürs Lesen kriegen. Ein gutes Buch sollte doch Belohnung genug sein!« Sie schlug auf den Wagen, um ihre Aussage zu unterstreichen.
    Miss Thorn räusperte sich dezent und sagte: »Ich bin sicher, der Gewinner oder die Gewinnerin wird das Preisgeld klug anlegen.«
    Ben hob die Hand. »Was ist mit Würmern?«, fragte er. Ich stieß ihn mit dem Ellbogen an.
    »Was soll damit sein, Schätzchen?«, fragte Miss Thorn.
    »Speedy frisst Würmer. Könnte ich für hundert Dollar Würmer kaufen?«
    »Wer frisst Würmer?« Miss Thorn sah ihn verdutzt an.
    Mrs Tibble warf entrüstet die Arme hoch. »Ich fass es nicht!« Sie wandte sich zum Gehen um und schob ihren Bücherkarren mit so einem Stoß an, dass das eine Hinterrad bedrohlich schlingerte.
    Schon bald wedelten alle mit den Händen in der Luft und jeder wollte wissen, wozu man das Geld ausgeben durfte und wozu nicht. Eis? Skateboards? Für einen Leguan? Es war zum Weglaufen. Wenn ich recht hatte, kam sowieso keines der Kids mit den dämlichen Fragen überhaupt als Gewinner infrage.
    »Beim wievielten Buch bist du?«, fragte Pearl, als wir die Büchereistufen hinuntersprangen. Ich war so müde vom ständigen Aufstehen, um die Mäuse zu füttern, dass ich keine Lust auf dieses Gespräch hatte.
    »Beim dritten«, log ich. In Wirklichkeit war ich beim siebten.
    »Oje«, sagte Pearl und seufzte. Sie hob ihr Nancy-Drew-Buch hoch. Es war Band zwei der Serie.
    »Los, Mädels, los!«, kommandierte Mrs Jones. Sie hatte vor der Bücherei geparkt und saß so eingezwängt im Sitz ihres roten Cabrios, dass ihre Perlenkette über das Steuerrad hing. Mrs Jones war ausladend.Ihr Auto war klein. Ich glitt seitwärts auf den winzigen Rücksitz und quetschte mich dicht neben Pearls kleine Schwester Mable, die schon hinter ihrer Mutter in einem Kindersitz saß.
    »Wau!«, bellte Mable und winkte mir mit einem matschigen Müsliriegel zu.
    »Du meinst wohl
Hallo
«, korrigierte sie Mrs Jones. Nicht mal das Baby durfte seine Babysprache genießen.
    »Beeil dich, Pearl, ich verschmachte noch!«, jammerte Mrs Jones erneut und fächelte sich mit ihren langen glitzernden Nägeln Luft zu. Ihr rotes Haar war straff zurückgekämmt und ihre teigig schimmernde Haut setzte sich scharf von dem roten Auto um sie herum ab. Mrs Jones sah aus wie ein gepelltes hart gekochtes Ei, das hinter dem Steuerrad eingeklemmt war.
    Das Auto war eher unpraktisch für eine achtköpfige Familie und zwei oder drei Kinder mussten immer zu Hause bleiben. Obwohl Mrs Jones behauptete, den Wind in ihrem roten Haar zu lieben, war mein Verdacht, dass es ihr von Zeit zu Zeit ganz recht war, auf ein paar der Kinder zu verzichten.
    »Dann bringt mich mal auf den neuesten Stand! Wer hat die Nase vorn?«, fragte sie, während wir lossausten.
    »Julie Mills«, schrie Pearl in den Motorenlärm.
    »Schon wieder? Sie hat doch letztes Jahr gewonnen!«,kreischte ihre Mutter. Pearl sank vor mir etwas in ihrem Sitz zusammen.
    »Wie viele? Sag nichts. Drei, vier?«
    Pearl rutschte noch tiefer. »Zwölf.«
    »Zwölf?«
Mrs Jones kam fast von der Straße ab. Sie raste die Hauptstraße entlang, vorbei an Harlands Supermarkt und dem Tierfutterladen. Fußgänger stoben von den Zebrastreifen, während wir an der Post, der Methodistenkirche und Tweedys Bäckerei vorbeirauschten. In Windeseile ließen wir Graftons Traktorbedarf und das Feuerwehrgebäude hinter uns, bogen beim Krankenhaus links ab und fuhren aus der Stadt in Richtung der Farmen. Kurz darauf röhrten wir wie eine rote Rakete über unseren Feldweg und hielten in einer Staubwolke vor unserem Haus an.
    »Und du, Franny?« Mrs Jones sah mich drohend und mit gerunzelter Stirn aus dem Rückspiegel
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