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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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in ihrem Dienst. Einer von diesen lenkte den Wagen, darauf sich all ihre vergänglichen Güter befanden sowie eine ganze Sammlung von erbeuteten Pistolen, Arkebusen und Stutzbüchsen,welche allesamt geladen waren. Von der Normandie bis ins Périgord war es ein weiter Weg, die Straßen waren wenig sicher, und die kleine Schar bewegte sich nur mit Vorsicht vorwärts, wobei sie den größeren Räuberbanden stets auswich, doch kleine Strauchritter, die ihnen Brückenzoll abpressen wollten, wacker niedermachte. Den solcherart Gemetzelten wurden die Waffen und Dukaten abgenommen, davon die drei Soldaten ihren Anteil erhielten und der Rest die Truhen der beiden Jeans auffüllte.
    Hinter Bordeaux tauchte auf der Straße nach Bergerac eine liebreizende Schar junger Nonnen auf behäbigen Gäulen auf, denen eine stolze Äbtissin in einer Kutsche voranfuhr. Beim Anblick der fünf Soldaten mit ihren sonnengebräunten, vernarbten, bärtigen Gesichtern, welche sich ihnen in einer Staubwolke näherten, begannen die Nönnchen laut zu schreien, wohl erwartend, daß ihre jungfräulichen Erdentage zu Ende gingen. Jean de Siorac jedoch zügelte sein Roß am Fenster der Kutsche, grüßte die Äbtissin gar höflich, nannte seinen Namen und zerstreute ihre Befürchtungen. Sie war jung, von guter Herkunft, keineswegs abweisend, und bat meinen Vater mit holdreichen und vielversprechenden Blicken, ihr doch bis Sarlat Schutz und Geleit zu geben. Mein Vater, welcher damals – wie ihm nachgesagt ward – eine leichte Beute für alle Teufelinnen der Erde war, auch wenn sie im Gewande einer Äbtissin daherkamen, wollte schon zustimmen, als Jean de Sauveterre auf den Plan trat. Höflich, doch felsenhart, sein schwarzes Auge kalt auf die Jungfer gerichtet, tat er der Äbtissin dar, daß ein solches Geleit bei der Gangart, welche die Gäule ihrer heiligen Töchter an den Tag legten, seine Schar gehörig aufhalten und folglich länger den Fährlichkeiten der Straße aussetzen würde. Kurzum, es handele sich um einen Dienst, welcher nicht für weniger als fünfzig Livres gewährt werden könne, worauf die Äbtissin, aus deren Blicken jede Freundlichkeit gewichen, gar heftig zu disputieren begann. Allein Jean de Sauveterre blieb unerbittlich, so daß sie am Ende die vorgemeldete Summe bis auf den letzten Heller und noch dazu im voraus zahlte.
    In meinen Kindertagen habe ich diese Geschichte wohl hundertmal von Cabusse gehört, einem unserer drei Soldaten, von denen die anderen beiden Marsal und Coulondre hießen. Und obgleich sie mir gar wohl gefiel, schien sie mir doch auch rechtunverständlich, denn zum Schluß brach Cabusse jedesmal in ein großes Gelächter aus und rief: »Der eine Jean hat die Dukaten genommen und der andere Jean das übrige, Gott segne ihn!«
    In Taniès war mein Urgroßvater, der alte François Siorac, inzwischen gestorben, doch Raymond, der ältere Bruder von Charles, dem Apotheker, hatte den Grundbesitz übernommen. Er nahm seinen Neffen freundlich auf, wenngleich er in seinem Innern recht erschreckt darüber war, fünf bärtige, gestiefelte und waffenstarrende Kriegsleute in sein Haus einfallen zu sehen. Doch Jean entschädigte ihn sowohl für Kost wie für Logis, und da es gerade Erntezeit war, krempelten die drei Soldaten die Ärmel hoch und gingen mit zur Hand. Es waren im übrigen wackere, rechtschaffene Kerle, und obgleich sie in der Normannischen Legion gedient, da sie seinerzeit in jener Provinz ansässig gewesen, stammten zwei von ihnen aus dem Quercy und der dritte – Cabusse – war Gascogner.
    Noch ehe die beiden Jeans sich entschieden, wo und wie sie sich niederlassen sollten, suchten sie auf ihren besten Pferden und in ihren besten Gewändern, in welchen man ihnen dennoch den Soldatenstand ansah, die Burgen in der Umgebung auf, um sich dem sarladischen Adel vorzustellen. Jean de Siorac, damals im dreißigsten Jahr seines Alters, blond, blauäugig und von ansehnlicher Gestalt, erschien fast noch wie ein Jüngling, hätte nicht eine kleine Narbe auf der linken Wange von seinem Mannesalter gezeugt, ohne ihn dabei zu entstellen, denn alle anderen Wundmäler waren von den Kleidern verdeckt. Jean de Sauveterre hingegen, vierunddreißig Jahre zählend, das struppige Haar bereits angegraut, das Angesicht vernarbt, die Augen ernst und tiefliegend, wirkte beinahe wie dessen Vater. Dazu hinkte er, was er mit großer Gewandtheit tat, indes seine breiten Schultern große Körperkraft verrieten.
    Weder der Chevalier de Siorac
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