Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
einem sonnigen Nachmittag im späten Frühling durch endlose Haarnadelkurven, steile Hügel hinauf und hinunter, in Richtung Westküste und dem neuen Zuhause.
    »Zu Hause«, murmelte Lee. »Wie phantastisch das klingt. Ich kann es kaum abwarten, bis ich es sehe. Schließlich ist es mein erstes Zuhause«, und dabei bebte ihre Stimme.
    »Aber Liebling«, protestierte ihr Mann sanft, denn er war erfreut über diese Gefühlsregung, erinnerte sich aber an das große, eindrucksvolle Haus in dem modernen Vorort, wo Lee völlig zu Hause gewesen zu sein schien. »Da tust du Mr. Lovett unrecht. Er hat mir ein dutzendmal gesagt, daß du für ihn wie seine eigene Tochter seist.«
    »Der gute alte Bernard, das sieht ihm gleich. Er war immer unheimlich lieb zu mir, aber trotzdem, eigentlich war es sein Zuhause, seines und Mutters. Es war kein bißchen so, als hätte man sein eigenes Haus. Das habe ich noch nie gehabt.«
    Insgeheim dachte Andrew, daß nur selten unverheiratete zweiundzwanzigjährige Mädchen ein wirklich eigenes Zuhause hatten, aber er hatte schon entdeckt, daß mit Logik bei seiner Frau nichts zu machen war, und so sah er sie nur liebevoll an und sagte: »Ich wünschte nur, es wäre ein besseres Haus. Es wird dir einen Schock versetzen.«
    »Wird es nicht. Es gehört uns, und wir werden es bald verschönern«, sagte Lee mit einem Optimismus, den ihr Stiefvater mißbilligt hätte. Dann lachte sie. »Das heißt, wenn wir jemals dort ankommen. Andrew, wieviele hundert Meilen haben wir jetzt schon von der Stadt aus zurückgelegt?«
    »Nur fünfunddreißig, und wir haben noch ungefähr zehn vor uns. Müde?«
    »Natürlich nicht. Ich bin nie müde. Es sieht nur alles so gleich aus, daß ich schon gedacht habe, du hättest vielleicht die falsche Richtung erwischt, und wir drehten uns im Kreis. Meilenweit Wald und nur hier und da eine Farm. Ich wußte gar nicht, daß es im ganzen Land noch soviel Wald gibt.«
    In Wirklichkeit waren es nur ungefähr fünfzehn Meilen nicht eingezäunter Wald gewesen, und auch er wurde ab und an von einer Lichtung und einer Farm unterbrochen, aber Andrew führte das nicht weiter aus, denn er gewöhnte sich langsam an die Eigenschaft seiner Frau, unglaublich zu übertreiben. Es war nur ein Segen, daß der Wald sie nicht traurig machte, wie so viele Mädchen aus der Stadt, sondern daß sie immer wieder die Schönheit der Bäume pries.
    Jetzt sagte er: »Hier müssen wir abbiegen. Diese Straße führt zu unserer Farm. Halt dich ordentlich fest. Sie ist nicht ganz ungefährlich.«
    Das schien Lee eine Untertreibung zu sein. Es war eine beängstigende Straße, äußerst schmal, sogar schmaler als die eben verlassene, und sie fiel ganz steil zur Bucht hinunter ab. Aber sie vergaß alle Ängste, als das Meer in Sicht kam und brach in Freudenschreie aus. Offenbar lagen Haus und Farm an einer Bucht, denn die Straße führte daran entlang, und das Wasser war, so weit sie sehen konnte, still und blau. Vor sich erblickte sie in der Ferne eine Ansammlung von Häusern; es war Ruru, ihr nächstes Dorf, wie Andrew sagte.
    »Ganz herrlich. Wunderbar stilles Wasser, und der Wald wächst fast bis hinein.«
    »Jetzt ist Flut«, fühlte Andrew sich als ehrlicher Mensch verpflichtet zu erklären. »Viele Schlammpfützen, wenn sie zurückgeht.«
    »Auch Schlammpfützen können schön sein«, erklärte Lee tapfer, und bald führte die Straße einen Hang hinauf auf einen niedrigen Hügel, und da lag vor ihnen die Farm und ihr Haus.
    Der Wald hatte nun plötzlich aufgehört, und freies, rauhes, mit Gras bewachsenes Land bedeckte den Hügel, so weit sie sehen konnte. An der sanft abfallenden Hangseite lehnte sich ein niedriges sonderbar geformtes Haus, das von Schlingpflanzengewirr überwuchert war. Dieses, so sagte Andrew, sei wesentlich, weil es das Haus zusammenhalte. Rings herum Reste eines Gartens, den vor sehr langer Zeit irgend jemand einmal angelegt und geliebt hatte. Da waren einige Sträucher, die mutig um ihr Leben kämpften, eine verwilderte Grasfläche, früher wohl einmal Rasen, die sich vom Haus bis zur Straße erstreckte und die Aussicht auf das Binnenmeer freigab.
    Lee sprang schnell aus dem alten Wagen, stand mit gefalteten Händen da, blickte begeistert um sich und sog tief den Geruch des Meeres und des großen Trompetenlilienbaums ein, der am Ende des verkommenen Rasens wuchs. Dann drehte sie sich mit leuchtenden Augen zu Andrew um und sagte: »Was für einen herrlichen Spaß wir beide hier allein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher