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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht
    festgenagelt ist, wie?«
    Mumm schüttelte den Kopf und schlenderte weiter. »Es gibt keine
    Trolle in Klatsch, oder?«
    »Nein. Es liegen an der Hitze. Troll-Gehirne in Hitze nicht funktionie-
    ren. Wenn ich nach Klatsch ginge«, sagte Detritus, und seine Fingerknö-
    chel strichen mit einem leisen Plock-plock übers Kopfsteinpflaster, »ich
    richtig dumm wäre.«
    »Detritus?«
    »Ja, Herr Kommandeur?«
    »Geh nie nach Klatsch.«
    »Nein, Herr Kommandeur.«
    Ein anderer Redner hatte ein wesentlich größeres Publikum angelockt.
    Er stand vor einem großen Spruchband, das verkündete: DREKIGE
    AUSLENDISCHE FINGER WEG VON LESHP.
    »Leshp«, sagte Detritus. »Das ein Name sein, der sich sofort festbei-
    ßen.«
    »So heißt das Land, das aus dem Meer aufgestiegen ist«, erklärte
    Mumm niedergeschlagen.
    Sie hörten zu, als der Redner von Ankh-Morporks Pflicht sprach, die
    Blutsverwandten auf dem neuen Land zu schützen. Detritus wirkte ver-
    wirrt.
    »Wie es sein kann, daß es gibt dort Blutsverwandte, obwohl das Land
    gerade erst kam aus dem Meer?« brummte er.
    »Gute Frage«, erwiderte Mumm.
    »Haben sie angehalten den Atem?«
    »Das bezweifle ich.«
    Es liegt mehr in der Luft als nur das Salz des Meeres, dachte Mumm.
    Etwas bahnte sich an. Er spürte es ganz deutlich. Es gab ein neues Pro-
    blem, und es hieß Klatsch.
    Seit fast einem Jahrhundert herrschte Frieden – oder zumindest ein
    Zustand des Nichtkrieges – zwischen Ankh-Morpork und Klatsch. Im-
    merhin war es ein benachbartes Land.
    Nachbarn – ha! Was bedeutete das? Die Wache konnte das eine oder
    andere über Nachbarn erzählen. Genauso die Rechtsanwälte, insbeson-
    dere die Reichen unter ihnen: Für sie war ein »Nachbar« jemand, der
    nicht davor zurückschreckte, für einen fünf Zentimeter breiten Garten-
    streifen zwanzig Jahre lang zu prozessieren. Die Leute lebten viele Jahre
    lang friedlich nebeneinander und nickten sich jeden Morgen auf dem
    Weg zur Arbeit zu. Und dann geschah irgend etwas Banales, mit dem
    Ergebnis, daß sich jemand eine Mistgabel aus dem Ohr entfernen lassen
    mußte.
    Jetzt war irgendein verdammter Felsen aus dem Meer aufgestiegen,
    und al e verhielten sich so, als hätten Klatsches Hunde die ganze Nacht
    gebellt.
    » Aagragaah «, sagte Detritus kummervoll.
    »Nimm keine Rücksicht auf mich«, sagte Mumm. »Spuck mir nur nicht
    auf die Stiefel.«
    »Ich meine…« Detritus hob seine große Hand und gestikulierte. »Ich
    meine, es sein wie bei den Dingen, wo eins und eins…« Er zögerte und
    blickte auf die Finger, während sich seine Lippen bewegten. »… zwei
    ergeben. Aagragaah. Wortwörtlich damit gemeint sein die Zeit, wenn
    man sieht kleine Kieselsteine und weiß, gleich es kommen zu einem Erd-
    rutsch, und man nicht mehr kann rechtzeitig weglaufen. Einen solchen
    Moment man nennt Aagragaah.«
    Mumms Lippen bewegten sich ebenfal s. »Meinst du viel eicht Vorah-
    nung ?«
    »Ja, genau das ich meine.«
    »Woher stammt das Wort?«
    Detritus zuckte mit den Schultern. »Vielleicht es zurückgeht auf das
    Geräusch, das man von sich gibt, wenn man wird begraben unter tau-
    send Tonnen Fels.«
    »Vorahnung…« Mumm rieb sich das Kinn. »Ja. Nun, ich habe jede
    Menge Vorahnungen…«
    Erdrutsche und Lawinen, dachte er. Schneeflocken fal en, jede von ih-
    nen leicht wie eine Feder. Aber dann gerät plötzlich ein ganzer Berghang
    in Bewegung…
    Detritus richtete einen schlauen Blick auf Mumm. »Ich wissen, daß die
    Leute sagen: ›Wenn Dummheit weh täte, müßte Detritus den ganzen Tag
    schreien.‹ Aber mir bekannt sein, aus welcher Richtung weht der Wind.«
    Mumm musterte den Troll mit neuem Respekt.
    »Du weißt wirklich Bescheid, nicht wahr?«
    Detritus klopfte sich mit einem wissenden Finger an den Helm.
    »Es ist doch ganz klar«, sagte er. »Du kennen auf den Dächern die klei-
    nen Hähne und Drachen und so? Und den armen Teufel auf dem Dach
    der Diebesgilde? Man sie nur gut beobachten muß. Sie wissen Bescheid.
    Ich mich fragen, wieso sie immer in die richtigen Richtung zeigen.«
    Mumm entspannte sich ein wenig. Wenn man die Maßstäbe von Trol-
    len anlegte, gab es an Detritus’ Intelligenz nichts auszusetzen: Sie ran-
    gierte irgendwo zwischen der eines Kuttelfisches und eines Drahtseil-
    akrobaten. Wenigstens durfte man darauf vertrauen, daß er sich davon
    nicht belasten ließ.
    Detritus zwinkerte. »Und ich mich erinnern an Zeit, als man sich such-
    te einen großen Knüppel und Großvater
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