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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel
Autoren: Bradley Alan
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aber das war mir egal. Harriet hatte diesen
Leuten einst Zuflucht gewährt, und ich als ihre Tochter konnte nicht anders handeln.
    »Ihren Wohnwagen können wir im Gehölz unterstellen«, sagte ich. »Es braucht ja keiner zu wissen, wo Sie sind.«
    Sie schaute mich verunsichert und misstrauisch an. Ich streckte ihr die Hand hin.
    »Schlagen Sie ein, altes Mädchen. So ein Angebot kommt so schnell nicht wieder.« Dr. Darby war wieder ins Zelt geschlüpft und zwinkerte mir zu. Der Doktor war einer der ältesten Freunde meines Vaters, und ich wusste, dass auch er den Ärger schon vorhersah, aber er hätte der Alten nicht zugeraten, wenn er die Aussichten nicht für erfolgversprechend gehalten hätte. Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen.
    Er stellte seine schwarze Tasche auf den Tisch, kramte darin herum und holte eine zugekorkte Flasche heraus.
    »Nehmen Sie das vorschriftsmäßig gegen Ihren Husten ein.« Er reichte der Alten die Flasche. Sie schien misstrauisch.
    »Nehmen Sie schon! Wissen Sie nicht, dass es Unglück bringt, wenn man sich einem studierten Arzt widersetzt? Ich helfe Ihnen auch mit dem Pferd. Früher hatte ich auch eins.«
    Er spielte mal wieder den knorrigen, altgedienten Landarzt. Demnach waren wir, medizinisch ausgedrückt, über den Berg.
    Die Leute beobachteten mit gereckten Hälsen, wie uns der Doktor zum Wohnwagen geleitete. Im Nu hatte er das Pferd angeschirrt, und die Alte und ich nahmen auf dem Brett Platz, das zugleich als Türschwelle und als Kutschbock diente.
    Die Alte schnalzte mit der Zunge, und die Dorfbewohner bildeten eine Gasse, als sich der Wohnwagen mit einem jähen Ruck in Bewegung setzte und dann gemächlich über den Kirchhofweg rumpelte. Von meinem Hochsitz aus blickte ich in die vielen emporgewandten Gesichter hinab, konnte aber weder Feely noch Daffy in der Menge erspähen.
    Gut so, dachte ich. Höchstwahrscheinlich saßen die beiden in einer Bude und stopften sich hemmungslos mit Scones voll.

2
    W ir rumpelten die Hauptstraße entlang, wo die Hufe des betagten Pferdchens laut über das Kopfsteinpflaster klapperten.
    »Wie heißt es denn?«, fragte ich.
    » Gry.«
    »Gray?«
    »Gry. Das heißt ›Pferd‹ in der Sprache der Roma.«
    Ich prägte mir das Wort gut ein und freute mich darauf, es irgendwann einmal meiner ach so allwissenden Schwester Daffy um die Ohren hauen zu können. Natürlich würde sie so tun, als beherrschte sie die Romasprache fließend.
    Wahrscheinlich hatte das Geklapper Miss Cool, die Postamtsvorsteherin des Dorfes, ans Fenster ihres Süßwarenladens gelockt. Als sie mich neben der Alten auf dem Kutschbock sitzen sah, machte sie große Augen und schlug die Hand vor den Mund. Trotz der dicken Schaufensterscheibe und der Entfernung konnte ich sie förmlich nach Luft schnappen hören. Der Anblick von Colonel Haviland de Luces jüngster Tochter auf einem Zigeunerwagen, so fröhlich und bunt er auch bemalt sein mochte, war für sie bestimmt ein Schock.
    Ich winkte wie besessen und bedeutete ihr: »Keine Sorge – ich amüsiere mich prächtig!« Am liebsten wäre ich aufgesprungen, hätte mich in Positur gestellt und wie im Film-Musical ein Liedchen geschmettert: »Ach, wie schön ist’s auf der Walz!« oder dergleichen, aber ich beherrschte mich und grinste nur von einem Ohr zum anderen.

    Die Nachricht von meiner Entführung würde im Nu kreuz und quer durch die Gegend flattern – wie ein Vogel, der sich in eine Kathedrale verirrt hat. So ist das nun mal auf dem Dorf, und Bishop’s Lacey war da keine Ausnahme.
    Ein krächzendes Husten brachte mich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Die Alte saß vornübergebeugt da und hielt sich die eingesunkene Brust.
    »Haben Sie die Medizin genommen, die Ihnen der Doktor mitgegeben hat?«, fragte ich und nahm ihr die Zügel aus den Händen.
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen glichen glühenden Kohlen. Je eher ich den Wagen im Gehölz abstellte und die Frau ins Bett brachte, desto besser.
    Gerade kamen wir am Dreizehn Erpel und der Cow Lane vorbei. Weiter östlich bog die Straße in Richtung Doddingsley nach Süden ab. Buckshaw war noch ein gutes Stück entfernt.
    Gleich hinter der letzten Reihe niedriger Häuser mündete von rechts ein schmaler Hohlweg ein, der von den Anwohnern nur »die Rinne« genannt wurde. Die Rinne führte am Westhang des Goodger Hill entlang und querfeldein zur südwestlichen Ecke von Buckshaw und dem »Gehölz« genannten Wäldchen. Ich zog am Zügel und lenkte Gry nach
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