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Flammenzungen

Flammenzungen

Titel: Flammenzungen
Autoren: Administrator
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Maschinengewehr.
    „Alle reden ständig von einem Jahrhundertsommer.“   
    Seufzend stellte Wanda das Empfangsgerät in die Durch reiche zur Küche, sodass beide Räume beschallt wurden.
    Amy zuckte die Achseln. „Der wurde für letztes Jahr auch schon angekündigt.“
    „Bisher sind es nur sechsunddreißig Grad Celsius, auch nicht mehr als sonst Anfang August“, pflichtete Wanda ihr bei.
    „Mir reicht das.“ Um nicht ständig an Lorcan denken zu müssen, drehte sie ihm den Rücken zu, doch es half nicht.
    „Aber bei über vierzig Grad spinnt die Klimaanlage in der Uni.“ Wandas Mundwinkel zuckten. „Vielleicht fällt der Unterricht dann aus.“
    „Studentin müsste man sein.“ Amy seufzte. Sie waren beide 26 Jahre alt, und Wanda studierte an der Loyola Uni versität Gesellschafts- und Sozialwissenschaften, während Amy bereits seit drei Jahren in der Verwaltung von Waggaman, einem Vorort von New Orleans, arbeitete - und dort war „Hitzefrei“ ein Fremdwort. Eigentlich mochte sie ihre Heimatstadt. Manchmal jedoch befürchtete sie, dort zu ver sauern, daher hatte sie sich letzten Dezember auf etwas ein gelassen, das sie fast den Job gekostet hatte.
    Ein Mann mit fettigen langen Haaren, die er lose mit ei nem Schnürsenkel zusammengebunden hatte, stellte sich vor die Theke. „Ich will auch noch was!“
    „Das geht nicht, tut mir leid.“ Prüfend sah sie auf die Uhr, die über dem Durchgang zu den Schlafsälen hing. „Frag bitte in zwanzig Minuten nach, ob noch Essen übrig ist.“
    „Ich will aber jetzt was essen.“ Er knallte seinen Teller auf den Tresen. „Hab Hunger, verdammte Scheiße.“
    Amys Anspannung wuchs. Nach acht Monaten Dienst erkannte sie einen Krawallmacher sofort. Jetzt war es wich tig, ruhig zu bleiben und sich nicht provozieren zu lassen.   
    „Hier drinnen wird nicht geflucht. Du bist doch nicht das erste Mal zu Besuch und kennst die Regeln.“
    „Besuch? Gäste? Diese Bezeichnungen sind doch für ’n Arsch.“ Mit dem Ärmel des zerschlissenen Pullovers, den er trotz der Hitze an diesem Abend trug, wischte er sich den Sabber vom Mund. „Hast wohl was gegen Indianer, was?“
    „Nur gegen Betrunkene“, sagte Amy bestimmt und straffte die Schultern, dabei hätte sie sich am liebsten in den Schutz der Küche zurückgezogen. „Setz dich wieder hin oder geh. Eigentlich hätten wir dich mit der Fahne gar nicht reinlassen dürfen'.“ Sie war wie immer zu gutmütig gewe sen. Das rächte sich nun.
    Streitsüchtig hob er seinen Teller an und ließ ihn auf die Theke fallen, sodass es schepperte und er die Aufmerk samkeit aller im Saal auf sich zog. „Gib mir was zu fres sen, Blondie!“
    Wanda wedelte furchtlos mit dem Putzlappen herum, da bei überragte der aggressive Kerl sie um zwei Köpfe. „Hast du was an den Ohren? Du musst warten, wie alle anderen auch.“
    „Und warum hat der Weiße da drüben was bekommen?“ Ungeniert kratzte er sich im Schritt und roch an seinen Fin gern, bevor er auf Lorcan zeigte. Cholerisch schrie er: „Ich verklage euch wegen Diskriminierung!“
    Finleys Gesicht erschien in der Durchreiche. Als er den stämmigen Querulanten erblickte, weiteten sich seine Au gen, und er, selbst dürr wie ein Zahnstocher, verkroch sich wieder in der Küche.
    „Ich hole Seth. Dauert nur eine halbe Minute“, sagte Wanda zu Amy und schrie dann in die Küche: „Komm ge fälligst her und steh deinen Mann, Finn!“   
    Sie rannte aus dem Speiseraum und ließ Amy mit dem Randalierer allein, doch der Koch blieb verschwunden.
    Besten Dank auch, dachte Amy. Beruhigend sprach sie auf den Indianer ein: „Bitte nimm wieder Platz. Du weißt, dass mit dem Wachmann nicht zu spaßen ist. Inzwischen sind es nur noch fünfzehn Minuten bis zum Ende der Öff nungszeit.“
    „Haste was mit dem Knastbruder laufen, oder warum gibste dem was und mir nicht?“ Kraftvoll knallte er seine Hände auf die Theke und neigte sich so weit vor, dass sie seinen Alkoholatem roch.
    Amy trat instinktiv einen Schritt zurück und stieß ge gen die Wand.
    Triumphierend grinste er. Er richtete sich wieder auf, nahm den Kochlöffel aus dem Püree und wollte gerade aus dem Topf essen, als plötzlich sein Arm nach hinten gebogen wurde. Vor Schmerz verzerrte er das Gesicht. Dann brüllte er wütend, denn Lorcan legte von hinten den Arm um sei nen Hals und hielt ihn in Schach. Der Löffel fiel zu Boden, der Brei spritzte in alle Richtungen. Einige Obdachlose ap plaudierten verhalten.
    Entsetzt über
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