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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig
Autoren: Wildis Streng
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Mädchen wimmerte nun, aber es war klar, dass sie nicht weinte, weil sie hingefallen war. So weinte ein Kind nur, wenn Schlimmeres passiert war. Alle starrten gebannt auf die seltsame Szene, und jetzt flüsterte die Kleine ihrer Mutter etwas ins Ohr. Die erbleichte und barg das Mädchen an ihrem Hals, um dann schnurstracks auf die Bühne zuzukommen und Waller die Schreckensnachricht umgehend mitzuteilen.

    Minuten später standen Lisa, Heiko, der alte Herr Wüst und der Vorsitzende des ASV vor der Leiche. Der Tote lag in dem kleinen Waldstück, das sich dem Parkplatz gegenüber befand, und war nur unzureichend hinter einem Baumstamm versteckt. Nun war auch das Rätsel der fehlenden Fischerkette gelöst, denn die Trophäe war ganz eindeutig die Mordwaffe. Tief hatten sich die einzelnen Elemente der Kette in den seltsam dünn wirkenden Hals des Opfers eingegraben und dort rote und blaue Stellen hinterlassen. Die Augen waren hervorgequollen, und der Tote streckte auf skurrile Art die Zunge heraus. Als wolle er dem Tod mit einem grausigen Lachen entgegentreten. Waller war sichtlich erbleicht, während Heikos Vater die Leiche mit einer Art von wissenschaftlichem Interesse studierte und Heiko sein Handy zückte, um die Kollegen von der Spurensicherung zu rufen.

    Uwe strich sich über die rasierte Glatze. »Also, Erdrosseln schaut echt böse aus«, meinte er und schüttelte mitleidsvoll den Kopf. Er machte einige Fotos, es würde dauern, bis die Haller Spurensicherung hier wäre, denn nach Asbach war es doch noch eine Ecke weiter als nur nach Crailsheim. Zu größeren Sachen, und da gehörte Mord ganz eindeutig dazu, kam nämlich immer die Haller Spurensicherung. »Weiß man schon, wer der Kerl ist?«, fragte Uwe. Heiko sah Hilfe suchend zu seinem Vater. »Wie heißt er noch mal?«
    »Siegler. Walter Siegler. Der Fischerkönig.«
    Uwe runzelte die Stirn und fragte sich wohl, um welche Art von Titel es sich dabei handelte. »Scheiße, der Mann ist verheiratet und hat eine kleine Tochter«, ließ sich Waller vernehmen, der wirklich sehr blass um die Nase war und bisher ansonsten noch gar nichts gesagt hatte. »Dann müssen wir die Frau informieren«, stellte Heiko fest. »Das wird nicht nötig sein«, ließ sich der Vereinsvorstand wieder vernehmen. »Sie ist schon auf dem Weg hierher. Sie hat vorhin meine Frau angerufen und gefragt, ob der Walter hier sei, und Gerda hat dann gesagt, der käme bestimmt bald und sie solle halt hier vorbeischauen.«
    »Aha. Na dann. Kann man schon was sagen, Herr Spurensicherer?« Uwe Walter schürzte die Lippen. »Der Kerl wurde erdrosselt. Es muss gestern Abend gewesen sein, so zwischen acht und zehn, würde ich sagen. Wahrscheinlich wurde er überrascht, es sieht nicht so aus, als hätte er groß Zeit gehabt, sich zu wehren.«
    »War das was Spontanes?«, wollte Lisa wissen.
    »Schwer zu sagen. Woher hat der Mörder gewusst, dass der Mann die Kette umhaben würde? Und wieso hat er die Leiche nur so unzureichend versteckt?«
    »Das spricht doch eher für einen Mord im Affekt, oder nicht?«
    »Kann sein. Andererseits: Wenn der Mörder das mit der Kette gewusst hat, dann könnte es sich ja immerhin auch um eine geplante Tat handeln. Und wenn es Mord im Affekt war, dann muss die Kette voller DNA und Fingerabdrücke sein.«
    Von der Straße her näherten sich Schritte, brachen aber in einiger Entfernung zum Waldrand ab. »Heiko?« Es war Doris. Heiko ging zu ihr, um ihr den Anblick der Leiche zu ersparen. »Die Frau ist da. Mit dem Kind.« Der Kommissar brauchte eine Sekunde, um zu verstehen, welche Frau mit welchem Kind.

    Eine Viertelstunde später saßen die beiden Kommissare einer hübschen blonden Frau im grünen Kleid gegenüber. Sie war keinesfalls älter als 25 und ausnehmend geschmackvoll geschminkt. Das Kind auf ihrem Arm war vielleicht zwei, drei Jahre alt. Lisa hatte Irina Siegler eine Cola gebracht, und nun klammerte sich die Frau mit ihrer feingliedrigen und perfekt manikürten Hand am Glas fest, während sie mit der Linken das Kind an sich presste. »Kann ich ihn sehen?«, fragte sie sehr leise und mit einer für eine so junge Frau recht tiefen Stimme. Ein kaum merklicher Akzent, den sie aber geschickt zu verbergen suchte, verriet, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache war. Lisa schüttelte den Kopf. »Ersparen Sie sich das, es ist kein schöner Anblick!« Die Frau protestierte nicht und fügte sich sichtlich erleichtert.
    »Wann haben Sie denn bemerkt, dass Ihr Mann nicht da
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