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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers
Autoren: Andrew Harman
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als man zum letztenmal alles überprüfte, als die letzten Vorbereitungen getroffen wurden. Natürlich hatte Klayth nicht verstanden, worum es ging. Er konnte das Wort ›Krieg‹ nicht einmal buchstabieren – ganz zu schweigen davon, daß er gewußt hätte, was es bedeutete. Für ihn hatte das aber auch keine Rolle gespielt: Die Leute gingen eben fort. Warum sie das taten – um das zu verstehen, dafür war er zu klein. Er erinnerte sich nur dunkel daran, daß er stumm und verwundert durch den Trubel gewandert war, daß er immer nahe dabei gewesen und doch nie und nirgends dazugehört hatte, daß es ihn wie ein Blatt im Herbstwind ziellos hierhin und dorthin getrieben hatte. Aufregung lag in der Luft, eine elektrische Spannung – so als hätte eine große Gottheit das Schloß genommen, an einem riesigen Wollpulli gerieben und dann versucht, es an die Decke zu kleben. Doch diese Aufregung war anders als alles, was er bis dahin erlebt hatte. Sie war quälend und dauerhaft und endgültig. Es war eine Aufgeregtheit, die wochenlang in einer raffiniert zusammengesetzten starken Beize aus Traurigkeit, Verzweiflung und ganz gewöhnlicher, banaler Angst gelegen hatte.
    Und dann war es plötzlich still geworden: Im Jahr 1025 MEZ gingen alle Männer fort. Die Frauen blieben noch für ein paar Tage. Nach den turbulenten Wochen der Kriegsvorbereitung waren sie verstört; sie standen in kleinen Gruppen in Ecken und Winkeln zusammen und weinten leise. Allmählich verschwanden auch sie. Nur ein paar blieben noch zurück, um den Schloßbetrieb aufrechtzuhalten und den König zu versorgen. Das alles war vor dreizehn Jahren geschehen, Klayth war damals gerade vier geworden. Seit dieser Zeit lebte er im Schloß, hatte gesehen, wie nach und nach alle Angestellten weggingen, bis sie schließlich nur noch zu sechst übriggeblieben waren – in einem Haus, das für mindestens viertausend Menschen erbaut worden war. Es überraschte daher nicht übermäßig, daß die meiste Zeit über der größte Teil des Schlosses im wesentlichen leer war.
    Im Augenblick stand Klayth in einem der unzähligen Korridore in einem der oberen Stockwerke und dachte an die wenigen, die mit ihm zurückgeblieben waren. Zwei Leibwächter: Börrnhadt und Mattsches. Beide waren – wenn es ihnen vielleicht auch an einer gewissen geistigen Behendigkeit fehlte – bestimmt kräftig genug, um ihn zu beschützen, selbst vor einem entschlossenen gedungenen Mörder. Sie waren zuverlässig und Klayth treu ergeben. Und waren bestimmt auch bereit, für ihn zu sterben … schlimmstenfalls … wenn es einmal gar nicht anders gehen sollte … ihr Wunsch war es sicher nicht. Seiner auch nicht.
    Dann der Koch, Val Jambon, den er nur selten sah, der ihm aber immer die erlesensten Mahlzeiten und Imbisse lieferte. Val Jambon hatte eine Tochter, Courgette, ein kleines Mädchen mit fuchsrotem Haar. Auch sie sah er kaum jemals. Nur manchmal beobachtete er vom Fenster aus, wie sie sich in den nahen Wald davonschlich.
    Und dann gab es noch Swinehunt, den Erzkanzler.
    Er hatte (die Reihenfolge der Aufzählung hat keine Bedeutung) das Amt des Obersten Militärberaters inne, das Amt des Obersten Rechnungsführers, Buchhalters und Steuerberaters, das Amt des Obersten Lehrmeisters … es war eine beinahe endlose Liste. Aber, dachte Klayth, bei Erzkanzlern ist das wohl so.
    Er zuckte die Achseln und ging durch den leeren Gang in die Bibliothek.
     
    »›Diejenige, deren Fuß in diesen winzige Schuh paßt, soll Königin sein in meinem Reich‹, verkündete Prinz Chandoon mit lauter Stimme.
    Alle Festgäste drängten sich vor, und jeder versuchte, lautstark auf sich aufmerksam zu machen. Der Prinz war der begehrteste Junggeselle des Königreichs. Er war eine stattliche, hochgewachsene Erscheinung, so groß, daß er selbst ohne Turnierstiefel die meisten anderen Männer turmhoch überragte. Er hatte wallendes dunkles Haar; jeder, sei’s Ritter oder Gemeiner, und nicht wenige der Hofdamen beneideten ihn um seine schwarze Mähne. Er war ein Held, der ungeschlagene Held auf dem Turnierplatz, der jeden im ehrlichen Kampf besiegte, seine Heldentaten auf dem Schlachtfeld waren legendär.
    Prinz Chandoon sah finster drein und flüsterte dem Obersten der Garde leise etwas ins Ohr. Darauf erhob sich ein großes Geschrei, es entstand ein Gedränge und ein Geschiebe, und die Garde sortierte alle männlichen Gäste aus der Bewerberschar aus.
    ›Jede von euch Frauen soll nun diesen Schuh anprobieren, und
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