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Finsternis über Gan (German Edition)

Finsternis über Gan (German Edition)

Titel: Finsternis über Gan (German Edition)
Autoren: Uwe Buß
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hatte schnell nachgelassen. Der König müsste sie eigentlich ermutigen, dieser heiligen Pflicht nachzukommen, jetzt, wo Nebijah, die Hüterin der Lebensströme, nicht mehr da war. Stattdessen brachte er durch seine Pläne die Quelle des Lebens in Gefahr. Elbachur seufzte.
    Die Uhr schlug Viertel vor zwölf. Er musste sich auf den Weg machen. Für Mitternacht waren sie verabredet. Der Lichtalb richtete sich auf und atmete tief durch. Er warf sich einen Umhang über, damit ihn nicht jeder in der Dunkelheit gleich sehen konnte, und trat zur Tür seines Büros. Bedrückt schaute er zurück. Es war einer der wenigen Räume, in denen er sich im Königsschloss wirklich wohlfühlte, denn er erinnerte ihn an zu Hause. Er hatte die Wände mit hellen Seidentapeten bespannen und Kristallleuchter aufhängen lassen. An den Wänden hingen Bilder von seiner Familie und eine Stickerei, die einen silbernen Pelikan darstellte.Er warf einen letzten Blick auf die heimelige Atmosphäre, die der Raum ausstrahlte, löschte das Licht und trat in die mitternächtliche Stimmung des Menschenschlosses.

    In der mondhellen Nacht warf Schloss Apelah große, dunkle Schatten auf das Land. Fest in seinen Umhang gewickelt und die Kapuze tief über das leuchtende Gesicht gezogen, huschte Elbachur den Schlossberg hinunter und dann über das freie Feld. Erst als er den Wald erreicht hatte, verlangsamte er sein Tempo. Zwischendurch blickte er zurück, um sich zu vergewissern, dass ihm niemand folgte. War da nicht ein verdächtiges Geräusch? Er hielt inne. Nein. Nichts! Er musste sich getäuscht haben. Nach einigen Minuten, die er lautlos durch den Wald geschlichen war, gelangte er zu einem Felsbrocken, der selbst bei Tageslicht kaum zu erkennen war, da er nahezu vollständig mit Gestrüpp überwuchert war. Elbachur tastete an dem Felsen entlang, bis er schließlich die richtige Stelle fand. Ein Pelikan war in eine kleine Spalte im Felsen eingraviert. Kraftvoll drückte der Lichtalb dagegen. Sofort hörte er das Knirschen der Felsbrocken, die sich in Bewegung setzten und innerhalb von Sekunden einen Gang im felsigen Gestein freigaben. Eilig stieg er hindurch und schaute zurück, als sich die Öffnung wieder verschloss. Hatte sich da nicht etwas im Wald bewegt? Aber da war die Wand schon verschlossen.
    Elbachur tastete nach einer Fackel, die an der rechten Wand lehnte, und zündete sie mit einem Fingerschnipsen an. Das war eine der besonderen Fähigkeiten, die die Lichtalben besaßen. Sie konnten jederzeit ohne Hilfsmittel Feuer machen. Das Licht aus ihrem Inneren trat aus ihrer Hand heraus und verwandelte sich dort in Feuer. Er hätte die Flamme auch einfach in seiner Hand halten können, aber da er wusste, wie unheimlich dies den Menschen und Bergmännchen war, zündete er lieber die Fackel an. Gebückt ging er durch den niedrigen Stollen, der eindeutig nichtfür Lichtalben gemacht war. Er führte in ein unterirdisches Versteck, das Alfrigg, das Bergmännchen, ihnen gezeigt hatte. Dessen Vorfahren hatten dort in früheren Zeiten Silber abgebaut und zum Schutz vor Dieben die Geheimtür eingebaut. Es war eine große Ehre, als Lichtalb in dieses geheime Wissen der Bergmännchen eingeweiht zu sein. Dessen war Elbachur sich bewusst. Aber sich in der gebeugten Haltung mehrere Hundert Meter fortbewegen zu müssen, war trotz aller Ehre sehr anstrengend.
    »Geschafft«, stöhnte Elbachur, als er in eine größere Höhle trat und sich endlich wieder aufrichten konnte. Er durchquerte die Höhle und klopfte an dessen Ende an eine Tür.
    »Herrrrrein!«, dröhnte ihm eine tiefe Stimme entgegen. Elbachur öffnete die Tür und sah in die freundlichen Gesichter der Personen, die ihm in den letzten Monaten zu wahren Weggefährten geworden waren. Sie saßen an einem runden Holztisch, auf dem ein goldener Kerzenleuchter stand, der ein gemütliches Licht verbreitete. Ansonsten gab es in dem Höhlengewölbe nichts zu sehen. Nur dunkles Felsgestein.
    Alfrigg stand gleich auf und lief um den Tisch, dem Lichtalb entgegen. Mit seiner kleinen, aber umso kräftigeren Hand klopfte er dem Lichtalb, der fast doppelt so groß war wie er selbst, zur Begrüßung auf den Arm. Elbachur nickte ihm freundlich zu und rieb sich den schmerzenden Arm. Die freundschaftlichen Klapse des Bergmännchens kamen fast Schlägen gleich.
    Elbachur trat nun zum Rest der Gesellschaft und begrüßte jeden einzeln, indem er ihnen seine Hände reichte. Da war natürlich sein Freund Alon, der alle zu dem
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