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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette
Autoren: Taavi Soininvaara
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einen Knopf am Steuergerät. »Konrad, Konrad …« Eos wollte Futter und wußte, wie die Hausherrin ihren Assistenten Konrad Forster herbeirief.
    Anna war der Ansicht, daß Konrad dem Schicksal die Stirn bieten könne, das sie mit einer seltenen Krankheit gestraft und ihr Werner genommen hatte. Sie dankte dem Himmel für Konrad, denn sie selbst war zu nichts mehr fähig. Krankheit und Müdigkeit zermürbten sie in einem Strudel aus Angst, Schwäche und Verzweiflung.
    Konrad hatte einen Plan zur Eroberung von H & S Pharma ausgearbeitet. Wenn der Plan mißlang, würde das ALS-Forschungsprogramm eingestellt werden. Anna war überzeugt, daß sie dann nicht im Gefängnis ihrer Krankheit auf den qualvollen Tod warten würde. Nur die Hoffnung auf ein neues Medikament hielt das Entsetzen, das in ihr tobte, im Zaum.
    Die Glastür öffnete sich mit einem Rauschen, und die Kakadus ahmten begeistert das Geräusch nach, während ein hagerer, groß gewachsener Mann, auf dessen Stirn sich eine dicke Ader abzeichnete, das Vogelzimmer betrat. Mit ihm schwebte ein kräftiges Pfeifentabakaroma in den Raum. Konrad Forster war Annas Schutzengel, der sich um all ihre Angelegenheiten kümmerte und selbst ihre geringsten Wünsche erfüllte, ohne zu murren. Anna hatte volles Vertrauen zu ihm.
    »Schön, daß du gekommen bist. Das Vogelfutter ist wieder alle, und ich kann die Näpfe nicht füllen, sosehr ich es auch möchte«, sagte Anna langsam und mit leiser Stimme. Dann entschuldigte sie sich dafür, daß sie so nutzlos war, und hustete schwach. Das Sprechen fiel ihr schwer. Im gleichen Augenblick traf ein Lichtstrahl Annas Gesicht, und sie bat Konrad, die Vorhänge zu schließen und die Wohlfühlleuchteneinzuschalten. Sie schämte sich, weil sie ihn ständig herumkommandierte.
    Der hagere Mann kehrte zum Rollstuhl zurück, lächelte warmherzig und legte den Angoraschal, der auf den Boden gerutscht war, um Annas Schultern. »Ich habe Nachrichten aus Finnland erhalten. Die erste Phase ist ganz nach Plan verlaufen, wir haben die Bildaufzeichnung der Überwachungskamera im Aufzug«, berichtete Forster und wurde mit einem Lächeln Annas belohnt. »Allerdings gibt es auch schlechte Nachrichten. Dietmar Berninger ist tot. Es ist am besten, wenn du es von mir erfährst«, sagte Forster voller Mitgefühl und nahm Annas Hände.
    Anna lächelte schwach, sie glaubte, Konrad mache einen Scherz, bis ihr klar wurde, daß kein Lächeln über sein Gesicht ziehen würde. »Wieso? Was ist geschehen …«, fragte sie mit brechender Stimme.
    »Alles andere über den Plan habe ich dir vorher erzählt, aber das nicht, ich wollte nicht, daß du dich für Dietmars Tod verantwortlich fühlst. Du neigst dazu, dir … selbst Vorwürfe zu machen.« Forster wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich mußte Dietmar täuschen und ihm versprechen, daß er seinen Platz im Vorstand von H & S Pharma wiederbekommt, damit konnte ich ihn zur Mitarbeit an unserem Plan überreden. Es tut mir leid, aber nur wir beide dürfen von unserem Ziel wissen. Für die Fortführung unseres Plans war Dietmars Tod unvermeidlich. Ich verspreche dir, daß niemand anders zu sterben braucht.«
    Anna wurde übel. Sie begriff sofort, wer an Dietmars Tod schuld war: Sie selbst hatte sich dazu hinreißen lassen, ihrem Freund Konrads Plan zu verraten. Ihr Lapsus hatte Dietmar das Leben gekostet. Das fachte die schwelenden Selbstvorwürfe in ihr erneut an. Sie fürchtete, die Verantwortung für Dietmars Tod würde sie endgültig in die Dunkelheit treiben, aus der es keine Rückkehr gab.
    »Dietmar mußte doch wohl nicht … leiden?« fragte Anna mit brüchiger Stimme.
    Forster legte die Hand auf ihre Schulter und machte einen ehrlichen Eindruck. »Überhaupt nicht. Alles war in ein paar Sekunden vorbei. Du solltest nicht an so etwas denken.«
    »Ich vertraue dir«, sagte Anna, obgleich es sie mit Entsetzen erfüllte, was Konrad getan hatte. Aber er wollte nur ihr Bestes. Wie schon seit dreißig Jahren, obwohl sie sein Leben ruiniert hatte. Anna schämte sich, daß sie den Mann immer noch ausnutzte, aber sie wagte nicht einmal daran zu denken, was geschehen würde, wenn auch Konrad sie verließ. Sie war völlig von ihrem Assistenten abhängig.
    Aus dem Kasten mit den Utensilien für die Vögel nahm Forster das, was er brauchte, und machte sich an die Arbeit. Zunächst sammelte er die Futterreste und den Kot auf und streute dann saubere Erde unter die Sitzbäume.
    Anna hatte indes das Gefühl, an den
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