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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut
Autoren: Taavi Soininvaara
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Dusche mit Chemikalien besprüht, um Verunreinigungen zu entfernen. Die UV-Strahlung sollte das Erbgut der Viren zerstören und sie sterilisieren.
    Einen Augenblick später öffnete sich die Tür zur »Front«, und Ratamo betrat das Labor. Er griff nach einem der an der Decke hängenden Luftschläuche und verband ihn mit seinem |13| Anzug, Geräusche von außen erreichten ihn nun nicht mehr. In seinem Helm rauschte die Luft laut und kitzelte im Ohr. Es dauerte einen Augenblick, bis die Schweißperlen auf seiner Stirn getrocknet waren. Ohne den Luftschlauch glich der Weltraumanzug einer Sauna.
    Entschlossen schob Ratamo seine vom Anzug geschützten Füße in die Gummistiefel, die an der Tür standen. Die Affen in ihren Plastikkäfigen wurden nervös, als sie den Mann in seinem Raumanzug erblickten: Einer hämmerte an die Wände seiner Zelle, der zweite bewegte sich unruhig hin und her, und alle drei schrien laut. Sie waren so groß wie kleine Hunde, besaßen einen schlanken Körperbau und lange Gliedmaßen. Ihr Fell war auf dem Rücken cremegelb und auf der Brust weiß. Sie hatten eine hundeartige Schnauze, scharfe Eckzähne, einen langen, gebogenen, peitschenförmigen Schwanz und zierliche, menschenähnliche Hände.
    Ratamo entnahm jedem Affen ein Reagenzglas voll Blut. Dann holte er mit der Pipette Ebola-Blut aus dem ersten Röhrchen, tropfte es auf den Objektträger und spritzte Gegenmittel darauf. Seine Hand zitterte leicht, als er die Glasscheibe behutsam unter das Elektronenmikroskop legte. Im Blut wimmelte es von »Würmern«, Ebola-Helsinki-Viren, die an Schnüre erinnerten. Ihm stockte der Atem, als ein Wurm nach dem anderen erstarrte.
    Ratamo brüllte wie ein Verrückter, nachdem auch das letzte Virus in dem Bluttropfen gelähmt war. Das Gegenmittel wirkte! Er hatte ein Mittel gegen das Ebola-Virus gefunden. Gegen ein Virus, das auf höllische Weise fast alle Infizierten tötete. Gegen ein Virus, das als unbesiegbar eingestuft war. Ratamo jubelte in seinem Schutzanzug, er schwankte hin und her und hüpfte wie ein Schamane, der Regen beschwor.
    |14| Als er sich wieder beruhigt hatte, wurde ihm klar, daß die Arbeit noch nicht vollendet war. Er unterzog die Blutproben einem schnellen ELISA-Test, der endgültig bewies, daß sein Gegenmittel fähig war, Ebola-Helsinki während der Inkubationszeit zu töten. Er führte die Tests auch mit dem Blut der beiden anderen infizierten Affen durch. Dann wählte er aus einem Satz von Instrumenten auf dem Tisch diejenigen aus, die für die Entnahme von Proben erforderlich waren, und trat langsam an den nächstgelegenen Käfig. Er mußte sich vorsehen, damit ihm die Affen den Schutzanzug nicht zerkratzten, trotz des Gegenmittels wollte er sich einem Virusmonster wie dem Ebola nicht aussetzen. Vorsichtig gab er mit einer Injektionsspritze, die an einem langen Stab befestigt war, allen drei Affen Antiserum. In ein paar Stunden würden die Tiere gesund sein.
    Ratamo tauchte die Instrumente in das hellgrüne Envirochem-Desinfektionsmittel und spülte damit die Handschuhe seines Raumanzuges so sorgfältig ab, wie es seine Erregung zuließ. Er lief möglichst schnell zu der Tür, die in die Luftschleuse führte, und stieß dabei die Stiefel von den Füßen. Auf dem Boden der Dusche plätscherte das Wasser, während Ratamo unruhig von einem Bein aufs andere trat. Die knapp zehn Minuten unter der Desinfektionsdusche kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Während das Envirochem über die Maske seines Raumanzugs floß, dachte er über die Bedeutung seiner Entdeckung nach. Schon die Lokalisierung des Ebola-Virus in Finnland war eine wichtige Nachricht gewesen, aber die Entdeckung eines Gegenmittels würde mit großen Buchstaben in das Geschichtsbuch der Virologie geschrieben werden. Für ihn selbst hatte die Entdeckung jedoch auch eine Bedeutung, die ganz banal war. Manneraho würde wochenlang damit beschäftigt sein, von einem Vortrag und Interview zum anderen zu |15| rennen und von einer Konferenz zur nächsten zu reisen, dann könnte er selbst endlich Urlaub machen. Den ganzen Sommer hatte er wie ein Packesel in einem Bergdorf schuften müssen, obwohl er alles versucht hatte, um der Arbeit aus dem Wege zu gehen.
    Die Dusche hörte abrupt auf. Ratamo kehrte in den Versammlungsraum zurück, zog den Raumanzug aus und hängte ihn wieder an den Ständer. Die Regeln für die vierte Sicherheitsstufe der EELA waren streng. Er hätte die Formel des Gegenmittels in das Untersuchungsprotokoll auf
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