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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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abgerundeten Häuser waren aus denselben grauen Steinen erbaut, die überall am Fuß der Berge zu finden waren. Nur die braunen, schnurgerade verlaufenden Straßen verrieten, daß es sich hier um eine von Menschenhand errichtete Ansiedlung handelte.
    Bei den Gebäuden handelte es sich größtenteils um Wohnhäuser, doch direkt am Fuß der Berge gab es auch einen großen Versammlungsplatz, der von einigen Geschäften, einem Schmied, verschiedenen, fast ausnahmslos geschlossenen Bergwerksgesellschaften und der unvermeidlichen Kirche umgeben war. Die Kirche wirkte unscheinbar und unbenutzt, aber Gabe fühlte trotzdem eine Bedrohung von dem Gebäude ausgehen.
    Die ganze Stadt machte ihn nervös. Seit er die steilen Gipfel der Blutklippen gesehen hatte, fühlte er sich verändert. Etwas schimmerte in dieser Stadt inmitten der Berge, und wenn dieses Schimmern einsetzte, spürte er es so unmittelbar, als blitzte es in ihm selbst auf.
    Niemand außer Gabe schien es zu fühlen. Auf dem Weg in die Stadt hatte er Leen gefragt, ob sie die Berge für merkwürdig halte, und daraufhin hatte sie ihm einen Blick zugeworfen, als sei er das einzig Seltsame hier.
    Trotzdem war er dankbar über die Gelegenheit, in die Stadt zu kommen, die Berge kurz verlassen zu dürfen und festzustellen, ob er unten im Tal dasselbe empfand. Tatsächlich war das Gefühl hier weniger intensiv, aber Gabe fragte sich, ob dies vielleicht mit seiner steigenden Nervosität zusammenhing.
    Die Münzen gruben sich tief in seinen Handteller. Er war zum ersten Mal in der Stadt. Die anderen waren schon hier gewesen: Coulter, Adrian und Fledderer. Aber Coulter und Adrian waren Inselbewohner. Sie waren normal groß, blond und gehörten rein äußerlich dazu. Auch Fledderer fiel nicht auf, sein Feygesicht störte niemanden. Daß er außerdem von niedrigem Rang, ohne Zauberkraft und unrein war, danach krähte hier kein Hahn.
    Die Einheimischen hatten noch nie zuvor einen Fey gesehen. Die Fey der ersten Invasion hatten sich nicht so weit nach Norden durchgeschlagen, und auch Rugads zweite Armee war noch nicht bis hierher vorgedrungen.
    Aber das war nur eine Frage der Zeit.
    Gabe überlief unwillkürlich ein Schauer, sobald er an seinen Urgroßvater dachte. Es war nur eine knappe Woche her, seit dieser Urgroßvater in Gabes Kopf eingedrungen war. Er war auf Gabes Verbindung mit den Schattenlanden entlanggeglitten, bis er in Gabe angekommen war, hatte Gabe beiseite geschoben und aus den Augen seines Enkels geblickt.
    Jede Person war durch unsichtbare Fäden mit der Person Verbunden, die sie liebte, und mit jedem Ding, das sie erschaffen hatte. Visionäre und Zaubermeister waren in der Lage, diese Verbindungen zu sehen, und ihr Bewußtsein vermochte, an den Verbindungen entlangzureisen.
    Gabe verstand, was dabei vor sich ging. Er war selbst auf der Verbindung zwischen sich und Sebastian entlanggeglitten und hatte Sebastian unzählige Male beiseite geschoben, bis er begriffen hatte, daß sich im Körper des Golems eine Persönlichkeit verbarg, die ebenso fühlte, liebte und dachte wie Gabe. Danach hatte Gabe die Verbindung benutzt, um mit Sebastian zu reden. Sie versteckten sich in einer Ecke des steinernen Körpers und teilten Wissen und Leben miteinander. Nur auf diese Weise hatte Gabe je seinen Vater gesehen und zum ersten Mal seine Schwester Arianna. Sobald er an sie dachte, spürte er den Widerhall von Sebastians Gefühlen und seiner Liebe.
    Sebastian. Gabe schloß die Augen. Sebastian war tot. Gabe hatte das Gefühl, als sei ein Teil seiner selbst mit ihm gestorben.
    Leen bewegte sich vorsichtig neben ihm. Sie verhielt sich immer noch wie eine Leibwächterin, obwohl sie beide in derselben Lage waren. Ihre Familien waren ermordet worden – seine Adoptiveltern und ihre richtigen Eltern –, so wie alle Fey im Schattenland. Der Schwarze König, Gabes Urgroßvater, hatte sie umgebracht.
    Es gab so vieles, wofür sein Urgroßvater bezahlen mußte.
    Aber Gabe durfte sich nicht an ihm rächen.
    Das würde bedeuten, daß Schwarzes Blut gegen Schwarzes Blut kämpfte.
    Stämmige Menschen liefen an ihnen vorüber, auf deren rotblonden Schöpfen die Farbe des Himmels über den Bergen schimmerte. Es war früh am Morgen, und obwohl die Sonne noch nicht über den Klippen zu sehen war, tauchten ihre Strahlen die ganze Stadt schon in rotgoldenes Licht.
    Solch einen Morgen hatte Gabe noch nie erlebt. Aber er war bisher auch nur selten außerhalb der Schattenlande gewesen. Er hatte das
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