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Feste feiern, wie sie fallen (German Edition)

Feste feiern, wie sie fallen (German Edition)

Titel: Feste feiern, wie sie fallen (German Edition)
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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so aus Vanja herausgeschossen, ihre Zunge hatte keine Verbindung zum Gehirn aufgenommen.
    «Entschuldige bitte, das meinte ich nicht so … ich meinte eher …» Dann verstummte sie. Sie wusste nicht, wie sie aus diesem Fettnäpfchen wieder hinausfinden sollte. Lydia war erblasst und starrte sie an. Vanja wagte einen neuen Versuch. «Verzeihung, das war natürlich Blödsinn, was ich da gesagt habe. Ich wollte nur sagen, dass du ihm wirklich etwas bedeuten musst.»
    «Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass ich nur hier bin, weil ich ein Auto habe.»
    «Ich verstehe nicht ganz …»
    «Aber ich habe verstanden.»
    Mit diesen Worten ging sie los, um sich noch etwas zu essen zu holen.
    Und kam nicht mehr zurück.
     
    Er fluchte innerlich. Warum hatte er sich nur darauf eingelassen? Er kannte die Antwort. Weil Vanja ihn darum gebeten hatte. Oder ihn zumindest dazu ermuntert hatte. Für einen kurzen Moment hatte die Nähe zu ihr seinen Verstand aussetzen lassen. Sie wollte ihn als Weihnachtsmann sehen – und er wollte das tun, was sie wollte. Auch wenn es voraussetzte, dass er sich verkleidete.
    Als sich die anderen zum Kaffeetrinken vor dem Fernseher versammelten, hatte Bea ihn genötigt, in den Keller zu gehen. Es wird Zeit, hatte sie gesagt und ihn mit den Augen festgenagelt. Vorsichtig hatte er sich die steile Treppe hinuntergetastet und das besagte Kostüm in einem Karton im Regal gefunden. Es war zu eng, fühlte sich klamm an und stank. Als er sich hineingezwängt hatte, schlüpfte er in ein Paar braune Gummistiefel und betrachtete sein Spiegelbild in zwei ausrangierten Fenstern, die an der Wand lehnten. Er verspürte den unmittelbaren Drang, die Mütze und den Bart anzuziehen, um sich nicht mehr zu erkennen. Ihn überkam ein Gefühl, das er schon sehr, sehr lange nicht mehr gehabt hatte.
    Scham. Er schämte sich.
    Am besten, er brachte es gleich hinter sich. Bea hatte erklärt, dass der Sack mit den Geschenken im Schuppen neben der Garage stand. Die Geschenke seien säuberlich mit Namen versehen, er müsse nur noch am Fenster vorbei durch den Schnee stapfen, eintreten und sie verteilen. Er trottete durch die Kellertür auf der Rückseite ins Freie und begab sich zur Garage. Draußen war es kalt, und er begann sofort zu frieren. Was tat man nicht alles für seine Kinder, dachte er und konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
     
    Der Sack mit den Gaben stand ein wenig weiter hinten im Schuppen, der außerdem jedes nur erdenkliche Gartenwerkzeug zu enthalten schien. Nicht einmal bei der Hälfte der Gerätschaften wusste Sebastian, wozu man sie benutzte. Er griff nach dem Jutesack und wollte ihn gerade nach Art der Weihnachtsmänner auf den Rücken schwingen, als die Tür geöffnet wurde. Bea kam in den Schuppen, auch sie fröstelte in ihrem dünnen roten Kleid.
    «Hast du alles gefunden?», fragte sie und schloss die Tür hinter sich.
    «Natürlich.»
    «Hat der Weihnachtsmann denn auch für mich ein Geschenk?», flüsterte sie, schmiegte sich von hinten an ihn und schlang die Arme um seine Taille.
    «Ich weiß nicht, was wünschst du dir denn?», fragte Sebastian und blieb reglos stehen.
    «Ich glaube, das weißt du ganz genau», antwortete Bea und hauchte ihm warm ins Ohr, während sich ihre Hand einen Weg in seine viel zu enge rote Hose bahnte.
    Plötzlich war es, als gäbe es zwei Sebastians.
    Einer, der sofort einsah, dass das, was hier gerade passierte, nicht gut war, ganz und gar nicht gut, und dass er dem Ganzen so schnell wie möglich ein Ende setzen musste.
    Ein anderer, der sich entspannt zurücklehnte, mit dem Handlungsverlauf zufrieden war und zu bedenken gab, dass er nach einer solchen Gelegenheit seit halb acht Uhr morgens suchte.
    Der erste versuchte es mit Argumenten wie:
die Schwester der Ex deines Chefs, viel zu viele Leute, und du bist mit Lydia hier.
    Der zweite gab erneut zu bedenken, dass er nach einer solchen Gelegenheit seit halb acht Uhr morgens suchte.
    Der erste bemerkte, dass er die zerbrechliche Beziehung aufs Spiel setzte, die er zu Vanja aufgebaut hatte, ob es das wert sei?
    Der zweite gab zu bedenken, dass er nach einer solchen Gelegenheit seit halb acht Uhr morgens suchte, stand blitzschnell auf, holte aus und schlug den ersten gezielt k.o.
    Sebastian drehte sich um, küsste Bea und begann, ihr rotes Kleid hochzuschieben.
    Der Weihnachtsmann sollte auch zu seinem Recht kommen.
     
    Lydia mochte die Tradition nicht, an Heiligabend Donald Duck zu sehen. Das hatte sie noch
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