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Fernsehkoeche kuesst man nicht

Fernsehkoeche kuesst man nicht

Titel: Fernsehkoeche kuesst man nicht
Autoren: Nikola Hotel
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Passieren Sie einfach ein wenig von dem Gemüse in den Fond!«
    »Aber -«, begann sein Lehrer, schluckte die Bemerkung jedoch herunter, nachdem er die Komposition vollständig gelesen hatte.
    »Und welchen Wein trinkt man dazu?«
    »Barolo natürlich.«
    An der Tür winkte Raphael ihm kurz zu. Im Foyer warf er seine Schultasche in die Kiste mit den Fundsachen. Dann stieß er die große Flügeltür auf. Bereit, die kulinarische Welt zu erobern.

Kapitel 4
     
    »Ich bin wieder dahaaa!«, rief ich, nachdem ich die Haustür aufgeschlossen hatte.
    Keine Antwort.
    Nun gut, das war zu erwarten gewesen, da ich allein wohnte. Trotzdem gab es mir einen kleinen Stich, dass nicht einmal Bruce ein Zirpen von sich gab, um mich zu begrüßen. Ich warf meine Tasche auf die Kommode im Flur und streifte meine Ballerinas ab. Dann betrat ich die Küche, wo der Käfig meiner Haustiere stand. Ursprünglich hießen die beiden Bruce und Sina, aber kurze Zeit, nachdem die Meerschweinchen bei mir eingezogen waren, hatte ich feststellen müssen, dass Sina gar kein Weibchen war. Deshalb nannte ich sie jetzt Bruce und Willis.  
    Die Sonne drang durch die engen Gitterstäbe und beschien Willis’ Bauch, der behaglich auf dem Heu döste. Bruce konnte ich nirgends entdecken. Ich klappte das Gitter auf und rüttelte einmal kurz an seinem Holzhäuschen. Schlaftrunken lugte er um die Ecke und reckte dann genüsslich die Beine. Ich schüttete ein paar Cornflakes in die Futterschüssel und steckte den beiden noch eine Möhre zwischen die Gitterstäbe. Dann kochte ich mir selbst einen Rooibos-Tee mit Vanillearoma.
    Während der Beutel im heißen Wasser vor sich hin dümpelte, schaltete ich den Anrufbeantworter ein.
    »Sie haben sechs neue Nachrichten!«, verkündete die nette Frau auf der Festplatte. »Nachricht eins: Donnerstag, 08. Juni, 8.17 Uhr.«
    Ich fragte mich ernsthaft, welcher Unmensch es wagen konnte, um diese Uhrzeit anzurufen. Normalerweise war ich um acht längst im Krankenhaus, und sollte ich es einmal nicht sein, wäre es eine absolute Gemeinheit, mich schon aus dem Bett zu werfen. Ein Knacksen, dann ertönte eine hohe Stimme:
    »Hallo Liebes, hier ist die Mama. Denkst du bitte an die Blumen, die ich bei Haberlands bestellt habe? Sie sind schon bezahlt, du musst sie nur abholen. Wir treffen uns dann um acht bei Frédéric. Für die Kinder brauchst du nichts mitbringen, aber zieh etwas Ordentliches an. Silke kann es nicht leiden, wenn du als Einzige wieder in Jeans kommst!«  
    Es erklang ein kurzer Piepton.
    » Nachricht zwei, 8.23 Uhr: Claude hier. Mama hat mich gerade angerufen. Ich hab null Bock, da heute Abend aufzukreuzen. Ruf mich zurück und nenn mir bitte eine Erkrankung, die so schlimm ist, dass ich nicht mal auf den Brustwarzen hinkriechen kann. Lass deine Fantasie spielen! «
    Ich warf den Teebeutel in den Mülleimer und rührte zwei Löffel Zucker in meine Tasse.
    »Nachricht drei, 8.28 Uhr: Ich bin es noch einmal! Claude hat mich gerade angerufen und behauptet, er hätte –«, es raschelte im Hintergrund, »– eine akute, essenzielle, funktionelle, vegetative und idiopathische Dystonie. Was bedeutet das? Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nur eine Ausrede ist. Ruf mich bitte zurück!«  
    Ich verbrannte mir die Oberlippe.
    » Nachricht vier, 8.42 Uhr: Hi, hier ist Claude. Wieso lässt du mich hängen? Mama sagt  –«
    Hektisch drückte ich mehrmals hintereinander auf die Löschtaste.
    Schlimm genug, dass ich gezwungen war, am Jahrestag von Frédéric und seiner Frau teilzunehmen, (allein der Gedanke daran verursachte mir schon einen leichten Schwindel) jetzt versuchte mein Bruder Claude auch noch, mich als Puffer zu benutzen. Damit war ich nun ganz und gar nicht einverstanden.
    Langsam schlürfte ich meinen Tee und betrat mein Schlafzimmer. Mittlerweile konnte ich meine Augen kaum noch offenhalten, ich stand schließlich seit mehr als achtundzwanzig Stunden auf den Beinen. Gähnend schlüpfte ich in mein Schlafshirt und ließ mich auf das Bett fallen. Welche Wohltat. Das Kissen umschmiegte mich herrlich weich.
    Kurz dachte ich noch einmal an meinen Patienten Raphael Richter, der jetzt vermutlich ziemlich unruhig schlafen würde. Hoffentlich hatte er wenigstens keine Schmerzen. Ich kuschelte mich noch tiefer in die Federn, und das Letzte, was ich vor meinem inneren Auge sah, war die Vision eines Fernsehkochs, der mich völlig zahnlos anlächelte.
     
    ***
    Das Handy vibrierte auf meinem Nachttisch, ratterte über
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