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Fernsehkoeche kuesst man nicht

Fernsehkoeche kuesst man nicht

Titel: Fernsehkoeche kuesst man nicht
Autoren: Nikola Hotel
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mithilfe des Stethoskops. »Mist, Mist, Mist!«
    »Keine Sorge«, meinte Klaus. »Nach dem ersten Zahn wird alles anders.«
    Ich hörte Gabys Kichern im Hintergrund und schloss schnell die Beatmung an.
    »Dreh bitte das Sevo auf und gib ihm gleich noch 8 mg Mivacron!«, sagte ich, bevor ich mich auf den Fußboden fallen ließ, um nach dem abgebrochenen Stück Zahn zu fischen.

Kapitel 3
     
    »Schnitt!«, rief Straubing.
    Ich kicherte, während ich mit den Händen über den Fußboden tastete, dabei war diese Situation alles andere als komisch. Wahrscheinlich machte sich Hysterie in mir breit. Ich meine, ich hatte dem Fernsehkoch einen Zahn abgebrochen! Einen wunderschönen, perfekten Zahn! Leckoballo!  
     Wenn er aufwachte, würde er mich erwürgen, soviel war mal sicher. Und ausgerechnet jetzt kam Dr. Kuttenkeuler. Gerade in dem Moment, wo ich über den Boden krabbelte.
    Ich entdeckte das Fragment meines Versagens zwischen Gabys Füßen und grapschte danach. Mit hochrotem Kopf zog ich mich an Klaus nach oben.
    »Läuft doch alles wunderbar!«, meinte Kuttenkeuler mit Blick auf den Monitor. Sein Gesichtsausdruck bewies mir, dass er es für absolut überflüssig hielt, dass ich ihn um Hilfe gebeten hatte.
    Der Geruch von Klaus’ Atem nach Döner mit Zaziki benebelte mich vermutlich, denn anders konnte ich mir nicht erklären, warum ich folgenden Satz sagte:
    »Alles bis auf den Zahn.« Ich zeigte ihm das abgebrochene Stück. Mein Oberarzt, ein kleiner Mann mit Halbglatze, holte tief Luft und klappte den Mund auf und zu.
    »Wie zum Teufel ist das passiert?«
    »Es tut mir leid, ich stand unter Zeitdruck«, versuchte ich zu erklären.
    Seine struppigen Augenbrauen verengten sich, bis sie sich in der Mitte fast berührten. »Dann war der Zahn vorher schon morsch«, erklärte er knapp.
    Ich war ihm wirklich dankbar, dass er mich nicht vor allen Leuten niedermachte, aber da musste ich ehrlicherweise doch widersprechen. »Leider nicht. Seine Zähne waren perfekt. Ich habe nicht aufgepasst und bin ziemlich heftig mit dem Laryngoskop drangestoßen.«
    Er holte tief Luft. »Wagen Sie ja nicht, das zuzugeben! Der Zahn war vorher schon nicht in Ordnung, sage ich!« Dann schüttelte er den Kopf und kritzelte etwas auf das Anästhesie-Protokoll. »Da muss sich der Patient an die Rechtsabteilung wenden. Geben Sie bloß niemals einen Fehler zu, Fräulein Henning!«
    Ebenso gut hätte er mich Schwesterlein nennen können. Ich spürte beinahe körperlich, wie mein Selbstbewusstsein auf die Größe einer Amöbe zusammenschrumpfte. Glücklicherweise klingelte Kuttenkeulers Telefon im richtigen Augenblick – er wurde auf der Intensivstation gebraucht. Außerdem verlangte der Patient wieder nach meiner Aufmerksamkeit. Ich spritze ein wenig Fentanyl nach und versuchte, mich zu entspannen. Dabei beobachtete ich gebannt das Heben und Senken von Raphaels Brustkorb.  
    Selbst der kleine Sabberfaden, der ihm am Mundwinkel herunterlief, hatte etwas Reizvolles.
     
    ***
    »Er wird ausflippen«, sagte Klaus, als wir den Patienten in den Aufwachraum schoben. »Und das Beste ist: Du wirst es ihm selbst sagen müssen, ich mache das nicht für dich!«
    Missmutig sah ich ihm nach, wie er durch den Vorhang verschwand, hinter dem er die Geräte reinigte. Das Zahnstück in meiner Kitteltasche fühlte sich glatt und scharfkantig an.
    Ankleben ließ sich das wohl nicht, vermutete ich. Aber ich verstand von Zahnmedizin auch reichlich wenig. Hätte ich ihm den ganzen Zahn ausgehebelt, dann wäre es bestimmt möglich gewesen, ihn zu implantieren, aber so? Unbewusst glitt meine Zunge über meine Schneidezähne. Ich wappnete mich innerlich, dann zupfte ich den Fernsehkoch am Ärmel seines OP-Hemdes.
    »Alles ist vorbei, Herr Richter.« Ich räusperte mich. »Sie können wieder aufwachen.«
    Völlig benommen blinzelte er. »Hamschieschoanf?«
    »Sie haben alles gut überstanden. Der entzündete Appendix vermiformis wurde fachmännisch entfernt, und Sie können schon bald wieder Ihre Hasch-Plätzchen knabbern.«
    Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Was war denn jetzt in mich gefahren?
    »Äh, ich meine, in ein paar Tagen können Sie schon wieder nach Hause. Aber nun kommen Sie erst einmal auf Station und schlafen sich mal tüchtig aus.«
    Er zog sich die OP-Haube vom Kopf und fuhr sich mit den Händen durchs Haar, das herrlich verstrubbelt aussah und geradezu danach schrie, gestreichelt zu werden. Aber ich konnte mich beherrschen.
    »Was haben Sie mir da
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