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Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)

Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)

Titel: Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
Autoren: Franziska Steinhauer
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liefen. Überall, wohin er auch ging, verfolgte ihn dann ihr schrilles, wahnsinniges Hohngejohle.
    Er war ein Versager, ein alberner Schwächling – sie hatte recht!
    Jemand wie er, der sich immer aufs Neue demütigen ließ, sich nie zur Wehr setzte, verdiente nur Verachtung.
    Während der Arbeit auf dem Hof flüsterte er später die Antworten vor sich hin, die er hätte geben wollen, berauschte sich an hasserfüllten Sätzen voller Boshaftigkeit, übte sie und nahm sich vor: Beim nächsten Mal!
    Wie jedes Mal!
    Ihr Machtbereich reichte weit über ihr Zimmer oder den Hof hinaus. Über Telefon war sie in Windeseile mit den tratschenden Weibern im Dorf verbunden. Sie streute falsche Behauptungen aus, wie andere Leute Rasensamen – und er konnte sich nicht einmal wehren. Einmal hatte sie behauptet, er habe sie beinahe verhungern lassen, ein anderes Mal beschuldigte sie ihn, sie misshandelt zu haben. Nicht, dass etwa eine der alten Damen zu Besuch gekommen wäre, um die Zustände in ihrem Haus zu kontrollieren. Im Grunde wussten alle, was für ein Drachen seine Mutter war, aber ihn auf die Vorwürfe anzusprechen wagte auch niemand. Schließlich hätten sich daraus weitreichende Konsequenzen ergeben können, und das galt es zu vermeiden. Wer wollte schon in solch intime Familienangelegenheiten verwickelt werden, da hielt man sich besser bedeckt!
    Scheinheiliges Pack! Tuschelte lieber hinter seinem Rücken!
    Andererseits erfuhr sie alles von den Tratschtanten im Ort – über jeden seiner Schritte.
    Doch damit war nun endgültig Schluss!
    Im Laufe der Zeit hatte er sich eine fast geräuschlose Art der Bewegung angewöhnt, damit sie wenigstens nie mit Gewissheit sagen konnte, wo auf dem weitläufigen Gelände er sich gerade befand. Es gelang ihm nie, sich auf längere Zeit ihrem Einfluss zu entziehen.
    Er atmete tief durch und probierte vorsichtig die nächste Stufe. Gab es etwas Unberechenbareres als Holztreppen? Völlig ungewiss, welche der Stufen heute knarzen würde. Endlich hatte er das obere Stockwerk erreicht. Stand einen Moment unschlüssig vor ihrer Tür. Die einzigen Geräusche, die er wahrnahm, waren sein eigener Herzschlag und das Rauschen des Bluts in seinem Kopf. Seine schweißnassen Hände umklammerten die geschwungene, kühle Messingklinke.
    Langsam, ganz langsam drückte er sie hinunter und schob zögernd die Tür auf.
    Das Licht des Treppenhauses warf ein fahlgelbes Dreieck auf die alten, dunklen Dielen ihres Zimmers. Er wartete mit angehaltenem Atem. Rechnete fest damit, dass sie anfangen würde zu jammern und zu zetern. Seine Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in die Handteller, als er nun angespannt lauschend im Flur stand.
    Doch außer einem gleichmäßigen Atemgeräusch war nichts zu hören. Erleichtert seufzte er leise und strich sich mit zitternden Fingern die Haare aus der Stirn. Dabei registrierte er erstaunt, wie stark er schwitzte.
    Lächerlich!, schalt er sich, das Schwerste war doch schon geschafft.
    Alles reibungslos gelaufen, wie in dem Film, den er vor einiger Zeit im Fernsehen gesehen hatte! Der Rest würde jetzt ein Kinderspiel sein!
    Bald bin ich frei!, frohlockte eine Stimme in seinem Kopf. Kein Gemecker, kein Streit mehr. Endlich ein eigenes Leben!
    Der Geruch nach Alter, Vernachlässigung und Urin schlug ihm entgegen. Auch damit hätte es jetzt endgültig ein Ende! Er wusste es: Sie tat das mit Absicht, nur um ihnzu ärgern! Bestimmt war sie eigentlich noch ganz beweglich, er hatte schon lange den Verdacht, dass sie während seiner Abwesenheit durch das ganze Haus lief und herumspionierte. Er merkte es daran, dass Gegenstände nicht mehr an dem Platz lagen, an dem er sie abgelegt zu haben glaubte, sondern an den unwahrscheinlichsten Orten wieder auftauchten. Ihr Werk, bestimmt! Vielleicht sang sie sogar dabei und tänzelte durch die Räume – aber um ihm Arbeit zu machen, lag sie, wenn er im Haus war, einfach bloß noch im Bett und ließ sich von ihm bedienen. Sie pinkelte sogar ins Bett, um ihm danach triumphierend dabei zusehen zu können, wie er es dann abziehen und die stinkende Bettwäsche waschen musste. Und er – er durfte nicht zeigen, wie sehr er sich ärgerte. Abhängigkeit, das war ihm deutlich bewusst, Abhängigkeit war das Zauberwort.
    Wann hatte das eigentlich alles angefangen?
    So genau wusste er das gar nicht mehr.
    Immer öfter war sie, von einem Moment auf den anderen, von einer gewaltigen Lustlosigkeit erfasst worden. In solchen Zeiten beschloss sie, im Bett
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